Das grob zum Spielgeschehen und jetzt en detail.
I. Spielablauf:
Der Spielablauf ist wie bereits erwähnt in drei große Phasen unterteilt.
Phase 1: Planungsphase (Planning)
Hier wählt man die Aktionskarten, die man in Phase 2: Aktionsphase ausführen möchte. Alle Spieler wählen gleichzeitig bis zu 6 Karten und legen sie gleichmäßig verteilt, verdeckt auf die drei Aktionsfelder auf dem Spielbrett. Warum drei Felder? Damit die Wahrscheinlichkeitsverteilung hinsichtlich der Zugreihenfolge, die von den Karten ja bestimmt wird, etwas ausgeglichener ist. Hinzu kommen noch zwei neutrale Aktionskarten pro Stapel; mischen, fertig.
Phase 2: Aktionsphase (Actions)
Hier werden die Aktionskarten nacheinander umgedreht und die Aktion vom Spieler der entsprechenden Farbe ausgeführt. Die Aktionsmöglichkeiten reichen von Bewegung und Angriff, ziehen von Stimmenmarkern und Glaubenspunkten, bis hin zur Einnahme von Geld und Neuanwerbung von Truppen.
Die neutralen Aktionskarten führt der Vorsitzende der Versammlung selbst aus. Während neutrale Karten danach wieder zum Vorrat zurückkommen, müssen die Aktionskarten der Spieler auf einem der drei extra Abwurfstapel gesammelt werden, man bekommt sie also nicht sofort auf die Hand zurück, was für die weitere Planung wichtig ist. Haben die Abwurfstapel, Steuern (Taxes), Versammlung (Assembly) und Sold (Wages), eine gewisse Höhe erreicht (Anzahl der Spieler mal 2), werden Sonderphasen eingeleitet, die sofort durchgeführt werden müssen.
Die 8 neutralen Aktionskarten geben den Spielern die Möglichkeit Verletzungen zu heilen, Städte zu reparieren oder zu verstärken, (Stadtmauern) oder fordern das Ziehen einer Ereigniskarte. Hier kann dann das Kirchenoberhaupt bestimmen, wer die Karte zieht, wobei durch Farbkodierung klar ist, ob die Karte gut oder schlecht ist. Mögliche Ereignisse reichen vom Verlust von Städten und Truppen, über Geldgeschenke bis zu Sonderrechten. Zuletzt ist es möglich Expeditionen zu starten, die die Spieler sponsern können. Hier handelt es sich um ein Glücksspiel zur Aufbesserung der Finanzen, da bei erfolgreicher Expedition (vom Zufall abhängig) meist ein Mehrfaches des Einsatzes ausgezahlt wird.
Sonderphasen:
Es gibt insgesamt 4 mögliche Sonderphasen. 3 werden über die Abwurfstapel der Aktionskarten initiiert, eine vierte, das Anwerben von Söldnern hat eigene Voraussetzungen, die ich unter d) erkläre.
a) Steuern (Taxation)
In dieser Phase erhält jeder Spieler Geld von seinen Städten und Concessions (besondere Rechte, die einem Baron in der Versammlung zugewiesen werden können).
b) Sold (Wages)
Die Truppen wollen natürlich auch bezahlt werden, dies geschieht hier. Immer erst die eigenen regulären Truppen, dann die Söldner. Wenn man die Söldner nicht bezahlen kann, desertieren diese. Die regulären Truppen bleiben einem immer erhalten.
c) die Versammlung (The Assembly)
In der Versammlung stimmen die Spieler über drei Tagesordnungspunkte (Agendas) ab. Damit dies einigermaßen geordnet abläuft, übernimmt der Vorsitzende die Führung. Zunächst erhalten alle Spieler Stimmenmarker abhängig von der Anzahl ihrer Städte, plus einen für die Festung (der Heimatstadt). Dann entscheidet der Vorsitzende die Reihenfolge der Abstimmung und zum Schluß wird gewählt, indem man Marker in die Hand nimmt, gleichzeitig aufdeckt und abstimmt.
Zur Abstimmung können stehen:
<Typolist>Petitionen (motions), werden sofort ausgeführt
Gesetzte (laws) , die von allen eingehalten werden müssen und permanent gelten
bestimmte Privilegien (Charges) , die einem Spieler Sonderfertigkeiten verleihen
Ämter (Offices) für die Adeligen der Spieler (meist mit kostenlosen Armeen verbunden) </typolist>
Zum Schluß kann, wenn eine entsprechende Karte ins Spiel kommt, auch ein Abstimmungsvorschlag über ein freies Thema (private motion) eingebracht werden. Wenn also Mitspieler X schon viel zu stark ist und auch schon 3 Ämter hat, könnte Spieler Y vorschlagen, dass darüber abgestimmt wird, ob Spieler X eines seiner Ämter aberkannt werden soll. Andererseits könnte auch darüber abgestimmt werden, einen Mitspieler aus der Versammlung auszuschließen, oder die Versammlung für diese Runde aufzulösen.
Ein Spieler kann jederzeit freiwillig die Versammlung verlassen. Hierdurch verliert er zwar die Möglichkeit in weiteren Versammlungen mit abzustimmen, er muss sich aber auch nicht mehr an die Gesetzte oder für ihn negative Auswirkungen halten.
d) Anwerben von Söldnern (the mercenary draft)
Diese Phase beginnt, sobald auf der Söldnerleiste ein Wappen (Baron marker) mehr liegt, als Spieler im Spiel sind. Wie kommen die Marker dorthin? Durch das Spielen der entsprechenden Aktionskarte. Neben dem Spielbrett werden Söldnerkarten ausgelegt, die die Spieler in der Reihenfolge der Marker anheuern können.
Phase 3: Einkommen (Upkeep)
In der letzten Phase werden die Siegbedingungen überprüft, entsprechend der eigenen Städtezahl Einflußmarken aus dem Pool entnommen, etwaige Revolten der eigenen Städte erfolgen, was zum Verlust der Städte führen kann, Seebewegungen werden abgeschlossen, erschöpfte Adelige wieder umgedreht (dazu gleich mehr bei Bewegung) und getötete Adelige kommen zurück ins Spiel.
II. Bewegung
Adelige können, die entsprechende Aktionskarte vorausgesetzt, 1, auf Straßen 3 Felder, weit gezogen werden. Gebirge sind gar nicht, Flüsse nur über Brücken passierbar. Durch Felder, in denen andere Adelige oder die Städte anderer Spieler stehen, darf nur mit deren Erlaubnis gezogen werden. Nachdem sich ein Adeliger bewegt und/oder gekämpft hat, wird dessen Karte umgedreht (exhausted). Er kann sich bis zum Ende der Runde nur noch verteidigen, nicht aber erneut bewegen oder angreifen. Reisen auf hoher See dauern immer zwei Runden, da die Adeligen erst in der Einkommensphase ankommen, s.o. Truppen können von Adeligem zu Adeligem oder von und zur Festung transferiert werden, wenn sich beide auf dem gleichen Feld befinden. Dies jedoch nur während der Bewegung des Adeligen.
III. Kampf
Es gibt drei Arten von Kämpfen:
<typolist>1. Schlachten auf offenem Feld (open-field battles)
2. Sturmangriffe (assaults)
3. Belagerungen (sieges) </typolist>
Ein Kampf kann mit den gleichen Karten, wie eine Bewegung gestartet werden. Angreifbar sind gegenerische Adelige, Städte und Festungen sowie neutrale Städte. Massenschlachten, bei denen mehr als zwei Spieler kämpfen, sind nicht erlaubt. Hat der Verteidiger eine eigene Stadt und eine Armee im Hexagonalfeld, wird davon ausgegangen, dass sich die Armee in der Stadt befindet.
Alle Adeligen haben Sonderfertigkeiten. Einer verursacht 100 Schaden mehr, einer verhindert 100 Schaden und der Dritte hat generell einen Siegpunkt mehr. Der vierte Adelige braucht Truppen unter einer Stärke von 450 nicht zu bezahlen.
Auf den Armeekarten sind Werte zwischen 50 und 200 aufgedruckt, die Kampstärke. Während des Kampfes wird pro 100 Punkte Armeestärke eine Schicksalskarte (fate card) gezogen. Die Kampfstärke des Adeligen wird hier nicht direkt hinzugerechnet. Adelige erlauben es 2 zusätzliche Karten zu ziehen, man muss von allen gezogenen Karten dann aber wieder zwei abgeben.
Das Kampfergebnis wird über das Ziehen von Schicksalskarten bestimmt. Diese enthalten Angaben über verursachte und vermiedene Verluste. Darüber hinaus können sie die Angabe „+1 Victory“ enthalten, was in der zweiten Stufe des Kampfes wichtig ist.
Nachdem die Schicksalskarten gezogen und umgedreht wurden, wird der Schaden errechnet, indem man vermiedene und verursachte Verluste verrechnet, Sonderfertigkeit der Adeligen nicht vergessen, und dann den Schaden mittels Markern zuteilt. Erleidet eine Armee Verluste in Höhe der Kampfkraft der Söldner und regulären Truppen, stirbt der Adelige.
Wenn auf beiden Seiten zumindest ein Adeliger überlebt hat, so kommt es zu Stufe 2 des Kampfes. Jetzt werden die gespielten „+1 Victory“-Karten gezählt. Hat eine Seite einen Sieg mehr, muss sich der Gegener in ein angrenzendes Feld zurückziehen, bei 2 oder mehr, ist der Gegener tot. Dies war die Darstellung für Feldschlachten.
Belagerung (siege) und Sturmangriff (assault)
Kämpfe um Städte werden leicht abweichend von obiger Beschreibung ausgetragen.
a) Sturmangriff (assault)
Bis auf die Tatsache, daß die Stärke der Stadt zur Kampfkraft der defensiven Armee addiert wird, ändert sich nicht viel. Bei neutralen Städten werden entsprechend der Stärke der Stadt Karten gezogen. Erleidet die Stadt Schäden, bekommt sie entsprechende Marker (breaches). Diese bleiben bis zur Reparatur und verringern die Kampfkraft.
b) Belagerung einer Stadt (siege)
Hierzu muss die Gesamtstärke der Armee, diesmal inklusive der 200 Punkte des Adeligen, die Stärke der Stadt übersteigen. Die Stadt gilt dann als belagert. In der nächsten Runde kann der Spieler erneut eine Angriffskarte spielen, die Stadt gehört dann ohne Kampf ihm, darin lagernde Adelige sind sofort tot. Während der Belagerung kann die Stadt keine Truppen erhalten, gibt keine Siegpunkte und man bezieht in der Steuerphase kein Einkommen. Die Belagerung kann jederzeit durch einen Ausfall der Armeen in der Stadt, wobei die Stadtstärke nicht zählt, oder durch einen Angriff von aussen unterbrochen werden. Wird der Belagernde dadurch zum Rückzug gezwungen, gilt die Belagerung als aufgehoben.
c) Angriff einer Festung
Hier gilt oben Gesagtes. Fällt die Festung, muss der Verlierer die Hälfte seines Geldes sowie eine Stadt an den Sieger abgeben. Die Festung kann in der nächsten Einkommensphase wieder aufs Brett gestellt werden. Während sich die Festung nicht auf dem Brett befindet, erhält der Spieler keine Einflusspunkte.
Tod eines Adeligen
Es wird eine Schicksalskarte geogen, um zu bestimmen, ob Truppen verloren gehen. Ämter werden abgelegt. In der nächsten Einkommensphase kann der Adelige wieder als sein Erbe ins Spiel gebracht werden. Für den Adeligen ändert sich dabei nichts weiter.
Fazit:
Warrior Knights ist kein Spiel, das man mal eben so auspackt und kurz zwischendurch spielt. Die Regeln sind für Einsteiger nicht einfach und wirken meiner Erfahrung nach sehr abschreckend. Dies ergibt sich zum Teil aus deren Komplexität, vor allem aber aus der Masse an Möglichkeiten, die Warrior Knights bietet. Um hier hineinzufinden bedarf es mehr als einer Spielrunde, meist auch mehr als eines Spieles. Erst dann gelingt es eigene Strategien umzusetzen und die Mechansimen des Spiels zu durchschauen, um nicht lediglich „irgendetwas“ zu machen. Die möglichen Strategien sind deutlich vielfältiger, als in vielen anderen Eroberungsspielen. Dies wird durch die Politikphase und die Wirtschaftskomponente bedingt, liegt aber zum Beispiel auch an der Position des Kirchenoberhauptes, mit der man sehr stark regulierend und kontrollierend auf das Spielgeschehen einwirken kann.
Insbesondere die Politikphase ermöglicht jedoch ein sehr freies Spiel, die Anwendung der Alternativregeln, dass bei Private Motions schlicht alles eingebracht werden kann, vorausgesetzt. Hier kann man sich dann wirklich als Adeliger fühlen, der nicht nur militärisch, sondern auch politisch agiert und intrigiert.
Kommen wir zum Mechanismus der Einflusspunkte, der dazu gedacht war die Spielzeit in überschaubarem Maß zu halten. Spielt man mit den vorgeschlagenen 10 Punkten pro Spieler, ist Warrior Knights kein Kampf- sondern ein Expansionsspiel, da es zu Konflikten meist erst kommt, wenn alle neutralen Städte erobert sind. Richtig interessant wird es ab 15 Punkten, was einer der Mitautoren auf seiner Homepage auch vorschlägt. Grundsätzlich ist dies aber von den Mitspielern abhängig, spielen diese offensiv, genügen 10 Siegpunkte. Generell ist zu sagen, dass Warrior Knights kein Spiel für defensive Spieler ist. Das Aufholen ist nämlich sehr schwierig, da dem Führenden Siegpunkte direkt nicht mehr genommen werden können und der Kampf auf dem Brett, wegen der Teils geringen Bewegung von einem Feld, längere Zeit in Anspruch nimmt, die man einfach nicht hat. Spielt man ohne Einflusspunkte, mag sich das ändern, da dann ein „Einigeln“ Sinn machen kann. Das Spiel erreicht so zeitlich jedoch utopische Ausmaße. Grundsätzlich ist die Angabe auf der Schachtel sowieso schon optimistisch. Zu dritt und viert haben wir etwa 3 bis 4 Stunden gebraucht, mit 5 und 6 Spielern eher 5 Stunden oder etwas mehr. Bei ausgeprägten Verhandlungen in der Politikphase ist dies aber steigerungsfähig.
Die Altersvorgabe sollte wohl nicht unterschritten werden, damit der taktische Reiz erhalten bleibt. Für Jüngere gibt es geeignetere Spiele.
Der Wiederholungswert ist meiner Ansicht nach hoch, da es doch sehr viele interessante Möglichkeiten gibt und durch die unterschiedlichen Politik- und Ereigniskarten eine hohe Wandelbarkeit besteht. Wer also ein Eroberungsspiel, mit schönen Schlachten und einer gehörigen Portion Politik sucht, ist hier genau richtig. Gerade diese Mischung läßt es nicht zu einem wahllosen Gemetzel ausarten und bietet auch den weniger militaristisch veranlagten Mitspielern ausreichende Möglichkeiten.
Es handelt sich bei Warrior Knights zwar sicher nicht um ein spielerisches Leichtgewicht, aber das will und soll es auch gar nicht sein. Hier geht es um etwas Episches, das auch erlebt und nicht nur durchgezockt werden will. Meiner Ansicht nach absolut empfehlenswert, aber nur für Menschen mit der entsprechenden Ausdauer (wer diese Rezension bis hierhin gelesen hat, gehört dazu ;-)).
Abschlussbemerkung:
Da ich die englische Version des Spiels getestet habe, die Rezension aber auf Deutsch schreiben wollte, habe ich alle relevanten Begriffe übersetzt. Wer also später die deutsche Originalversion bekommen sollte, bitte nicht wundern, wenn die Begriffe anders sein sollten.