Wege der Götter (Regelband)
 
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Wege der Götter (Regelband)

Reihe: DSA-Myranor

Rezension von Christel Scheja

 

„Wege der Götter“ schließt die Überarbeitung der erweiterten Regeln für die vierte Edition von „Das Schwarze Auge“ in Buchform ab. Nach „Wege der Helden“, „Wege des Schwertes“ und „Wege der Zauberei“ liegen nun auch die aktuellen Regeln, Hintergründe und wesentlichen Informationen für die Götter und Kulte aller nennenswerten Religionen Aventuriens vor.

Unter der Redaktion von Thomas Römer haben Florian Don-Schauen, Chris Gosse, Tillman Hakenberg, Stefan Küppers, Kathrin Lieb, Olav Michel, Philippe Mindach, Elias Moussa, Katja Reinwald, Daniel Simon Richter, Christian Saßenscheid, Michelle Schwefel, Alex Spohr, Michael Unterberger und Tyll Zybura die Texte aus den DASA-4-Regeln zum Götterwirken aus der Box „Götter und Dämonen“ überarbeitet, erweitert und durch eigene Ideen ergänzt.

 

Man könnte jetzt erwarten, dass der Band wie bei anderen Rollenspielen nur so von technischen Daten und Regeln strotzt, aber genau das Gegenteil ist der Fall, Zwar erhalten auch die Umsetzung von Wundern, Liturgien und die Berechnung von Karmaenergie ihren Raum, aber anders als üblich wird hier mehr Wert auf glaubwürdiges Charakterspiel und die freie Gestaltung des Götterwirkens gelegt. Es kommt letztendlich nicht darauf an, wie viel geistige Kraft ein Geweihter angesammelt hat, wenn er seine Kräfte wirken lässt, sondern ob er auch getreu der von den Göttern aufgelegten Grundsätze gelebt hat.

Vor allem bleiben die Götter entrückte Wesen, die sich nicht in Werten und Charakterklassen messen lassen, wie zum Beispiel bei D&D üblich. Sie beobachten zwar die Welt, ihre Macht entfalten sie jedoch eher durch ihre Geweihten oder Wesen, die sie zu sich in die höheren Sphären entrückt haben und die ihnen nun als Avatare und Sendboten dienen. Die Autoren schaffen die Grundlagen, um Spieler und Meister dabei zu unterstützen, umzusetzen wie sich Geweihte normalerweise im alltäglichen Leben oder in Krisensituationen verhalten werden, welche Vorurteile und Schwächen, aber auch Stärken sie haben, wie sie ihren Glauben ausdrücken, und was ihnen im Leben wichtig ist. Sie liefern Anregungen für den Umgang miteinander und Diskussionen, die das Charakterspiel und die Interaktion in einer Gruppe auch neben dem eigentlichen Abenteuer vertiefen könnten.

 

Zunächst präsentieren sie die mythologischen Grundlagen der Religionen. Wie entstand aus aventurischer Sicht eigentlich die Welt? Woher kommen die Völker und welche welterschütternden Geschehnisse gestalteten die Welt um? Was bedeutet das für das Spiel?

Was sind Sikarian und Nayrakis?

Den Wesen Aventuriens weniger bekannt sind die rein irdischen Überlegungen, die in grau unterlegten Kästen erörtert werden. Wie schon in „Efferds Wogen“ kommen die Zeitalter ins Spiel, die lange vor dem jetzigen existiert haben. Und was sind eigentlich Götter? Wie stellt sich die Redaktion diese vor, und wie kann man als Meister mehr daraus machen, um endlich einmal Abwechslung zu den aktuellen Göttern und Dämonen zu bieten? Man klärt die Frage, ob auch Artefakte aus längst vergessenen Zeitaltern und von lange toten oder verschollenen Götter eingebracht werden können.

Den Aventurischen Religionen im Alltag wird ein weiteres Kapitel gewidmet. Zunächst einmal macht eine Geschichte des Glaubens deutlich, was die heutigen Glaubensvorstellungen geprägt hat, welche Götter und Kulte heute noch eine Rolle und welche Splittergruppen sich entwickelt haben. Wie fließt die Religion vor allem in den Regionen, in denen man an die Zwölfgötter glaubt in das Leben ein, bestimmt den Platz eines Menschen in der Gesellschaft, seine Aufgaben, Ideale und Ziele, sein Wissen und seine Persönlichkeit? Wie hat man seinen Glauben auszuüben und was wird von den Laien erwartet? Welches Ansehen haben die Geweihten, und wann wird man zum Frevler? Wie kann man Buße tun und wann ist man verdammt? Welchen Einfluss haben die einzelnen Kulte auf Geburt, Ehebund und Tod?

Erst dann wenden sich die Autoren den einzelnen Religionen zu, zunächst dem Zwölfgötterglauben. Ehe jede einzeln betrachtet wird, stellt man grob das Pantheon vor und erklärt, wie die einzelnen Kirchen mittlerweile zusammen arbeiten, welche Macht sie haben und wie man die Geweihten richtig anspricht. Jedem der Zwölfgötter und den ihm oder ihr zugeordneten Halbgötter ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Zunächst wird für den eiligen Leser auf maximal zwei Seiten zusammengefasst, was jeder Geweihte über seine Kirche und seinen Gott auf jeden Fall wissen sollte und auch Laien nicht verschlossen ist, angefangen vom Aspekt und den weltlichen Aufgaben bis hin zu politischem Einfluss, Toleranz gegenüber anderen und Feindbilder oder das Bild des Glaubens in der Bevölkerung.

Dann macht man sich Gedanken über das Wesen der Gottheit, den Aufbau seiner Kirche und ihren Einfluss im weltlichen Leben. Welche Heiligen können angerufen werden und welche Talismane, Artefakte und Symbole sind wichtig? Und welche Fraktionen haben sich in der Kirche gebildet? Haben die Mystiker oder Pragmatiker mehr Einfluss, denkt man konservativ oder ist auch für neue Strömungen offen? Was zeichnet die Geweihten innerlich wie äußerlich aus? Wie treten sie auf und welche Mirakel und Liturgien stehen ihnen zur Verfügung? Schließlich werden noch die wichtigsten Orden, Laienbünde und Persönlichkeiten des entsprechenden Kultes genannt. Dem Hauptgott folgen ihm zugeordnete Nebengötter, wie zum Beispiel Ucuri bei Praios oder Ifirn bei Firun. Deren Beschreibung wird aber weit weniger Raum gegeben.

Den Hauptkirchen folgen noch Splittergruppen, Randkirchen, Sekten und Ketzer, die sich nicht ganz genau zuordnen lassen und in manchem sogar den großen Kulten widersprechen, ehe man sich dem „Namenlosen“ zuwendet, dem großen Gegenspieler der Zwölf, der zwar besiegt und verbannt wurde, aber nicht vergessen und gänzlich ohne Macht ist. Als eine Asrt Satan verführt und verleitet er Sterbliche wie unsterbliche Wesen zum Bösen, das heißt zu Dingen, die gegen die Schöpfungen und Weisungen der Götter sind, nur damit sie ihm den Weg für seine Rückkehr und den Untergang der Welt bereiten.

Auch den Religionen abseits des Zwölfgötterglaubens sind eigene Kapitel gewidmet. So findet man hier die eher naturverbundene Glaubenswelt der Waldmenschen, Nivesen, Gjalsker oder gar die Blutriten der Ferkinas wieder. Auch die Religionen der Orks, Elfen, Goblins oder Echsen finden Beachtung und nicht zuletzt der einzige Monotheismus Aventuriens – der Glaube an Rastullah. Selbst den Göttern Myranors wird Raum geschenkt, ist es doch immer wieder möglich, das Heldengruppen einmal Kampagnen und Abenteuer nutzen, um selbst ins Güldenland zu reisen und umgekehrt.

Erst dann widmet man sich der regeltechnischen Umsetzung von Mirakel und Liturgien. Wie wird man zum Geweihten? Muss man von Anfang an dem Priesteramt verschrieben sein oder darf man auch einer späten Berufung folgen? Wie sieht es mit Zauberern aus? Können diese auch zu Priestern werden? Wie wirkt sich die Weihe und die Ausbildung auf den Charakter aus? Was ist Liturgieerkenntnis, wie kann man diese überhaupt erst erlernen und wie geht man mit der Karmaenergie um? Welche Proben sind zum Wirken eines Mirakels notwendig? Diese und andere Fragen klärt das folgende Kapitel und nennt dann die grundlegenden Segnungen, die jeder Geweihte beherrscht, die universellen Liturgien, die jeder Tempelvorsteher kennen und jeder Meister im Spiel einzusetzen wissen sollte, wenn sich seine Helden an einen sesshaften Geweihten wenden und schließlich die kultspezifischen Liturgien.

Dann wendet sich das Buch einem ganz anderen Thema zu, dem Vampirismus, der durch den Götterfrevel des Namenlosen im vierten Zeitalter entstanden und bis heute noch nicht von Dere getilgt worden ist, die nur überleben können, wenn sie Lebenskraft rauben. Wie sie entstehen, wirken und wie man sich vernichten kann, verrät das entsprechende Kapitel. Ähnlich sieht es mit den Lykanthropen aus.

Abschließend gegen die Autoren sowohl für die Spieler eines Geweihten als auch für die Meister, die diese als Nichtspielercharaktere führen müssen, Anregung zum Spiel und Einsatz? Was kann Geweihte dazu veranlassen, sich auf die Reise zu begeben und einer Gruppe anzuschließen? Wie gehen sie mit den Mitgliedern anderer Glaubensgemeinschaften um – vor allem denen, die nicht den Zwölfgöttern dienen - oder gar dem allerorts verbreiteten Aberglauben? Welche Aufgaben und Pflichten haben Spielergeweihte niemals zu vergessen und was sollte ihnen wichtig sein?

Bei aller Freiheit, die die neuen Regeln bieten, sollten Geweihte nicht zum magischen „Deus ex Machina“ werden, die so oft wie möglich den Dienst ihres Gottes oder Göttin einfordern können und dann auch erhalten. Auch hier betonen sie wieder, wie wichtig eigentlich das Spiel mit den Eigenarten der Charakterklasse ist und Geweihte mehr sind als nur verkappte Zauberer mit etwas anderen Sprüchen.

 

Wie so oft geht „Das Schwarze Auge“ einen anderen weg als vergleichbare Rollenspiele. Die Autoren versuchen mehr aus den Geweihten zu machen als Heiler, Blitzeschleuderer, Exorzisten oder Bannwirker und ihre „magische Macht“ in den Hintergrund zu stellen. Auch mit seinen ganz normalen Fähigkeiten und Talenten soll ein Götterdiener ein sinnvolles Mitglied seiner Heldengruppe sein und damit viel Gutes – wie zum Beispiel Hoffnung in einer fast aussichtlosen Lage - bewirken und seine Glaubenseinstellung so manche Diskussion in der Spielergruppe selbst anregen. Deshalb sind Geweihte nicht unbedingt von Spielanfängern so leicht zu führen. Gerade die Meister müssen einiges an Erfahrung mitbringen und bereits dazu sein, sich vom sicheren Regelgerüst zu lösen. Und um wirklich alle Facetten einer Geweihtenfigur ausspielen zu können, muss die Gruppe in erster Linie zum Charakterspiel bereit sein, die Interaktion schätzen und vor den Erwerb von Abenteuerpunkten zu stellen.

„Wege der Götter“ ist damit das anspruchsvollste der Regelbücher und deshalb nicht ohne Grund an letzter Stelle erschienen. Nur wenig ist auszuwürfeln und wird dem reinen Zufall überlassen, viel kommt es dabei auch auf das Verhalten der Spieler und die Entscheidungen des Meisters an.

Die Informationen im Buch sind dazu mehr als ausreichend. Sie geben eine Richtung an, erlauben aber auch noch viele Freiheiten und Variationen, um die Darstellung eines Glaubens eigenen Kampagnen anzupassen. Die Daten sind nur das Gerüst, das die einzelnen Gruppen selbst ausschmücken können, die Tipps Hinweise und Anregungen, das ein oder andere im Spiel wirklich einsetzen zu können.

Das bedeutet nicht, dass Spielleiter jeden im Regelbuch angesprochenen Aspekt kennen müssen. Es soll eher als Nachschlagewerk und Ergänzung gedacht sein, aus dem man sich gezielt Informationen picken kann.

Dazu ist es mit einem ausführlichen Index und einer klaren Struktur ausgestattet. Und auch wer nur ein wenig Atmosphäre braucht kann schon durch das bloße Durchlesen einiges davon mit in seine eigenen Runden nehmen.

Nur wenige Illustrationen sind wirklich neu, die meisten sind mehr oder weniger für frühere Ausgaben und das ein oder andere zusätzliche Werk älterer Editionen entstanden. Aber sie illustrieren die einzelnen Kulte sehr gut und helfen Spielern wie Meistern dabei, sich selbst ein Bild zu machen.

 

 

Fazit:

„Wege der Götter“ ist nicht nur inhaltlich und äußerlich eng mit „Wege der Zauberei“ verbunden, immer wieder gibt es auch Querverweise und Überschneidungen zwischen beiden Büchern. Es bietet wie sein Vorgänger umfassende Informationen zu dem mythischen Überbau, den Göttern und Religionen auf Aventurien, ohne diese dadurch zwingend in ein enges Korsett aus Zahlen und Regeln zu pressen. Bewusst wird viel der eigenen Phantasie der Meister und Spieler und ihren Entscheidungen überlassen.

Dadurch wird es aber auch zum wohl anspruchsvollsten Regelbuch der vierten Edition und ist daher nur jenen Gruppen zu empfehlen, die die reine Jagd nach Schätzen und Abenteuerpunkten lange hinter sich gelassen haben und vor allem auf stimmungsvolles Charakterspiel setzen.

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Mit freundlicher Unterstützung von Ulisses Medien,

www.ulisses-spiele.de.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328033327f302c76d
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Wege der Götter

System: DSA

Das Schwarze Auge

DSA - Regelband

Redaktion: Thomas Römer

Erweiterungsregeln der 4. Edition

Ulisses Spiele, erschienen März/April 2008

FS 12023, Hardcover, 336 Seiten

Titelbild von Slawomir Maniak

Innenillustrationen, Karten und Pläne von Zoltan Boros, Caryad Eva Dünziger, Jens Haupt Ina Kramer, Norbert Lösche, Slawomir Maniak, Michael Nietzer, Sven Papenbrock, Brian Talbot

ISBN-10: 3940424218

ISBN-13: 978-3940424211

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 15.06.2008, zuletzt aktualisiert: 28.01.2015 14:12, 6716