Welten ohne Engel von Carola Kickers
Kurzgeschichten
Inszenierte Lesung / Hörbuch
Rezension von Chris Schlicht
Rezension:
Maskerade
Zwei Werbemanagerinnen machen das erste Mal seit langem wieder Urlaub und entscheiden sich für ein Schlosshotel in Irland, von dem aus sie auch lange Ausritte unternehmen können. Eines Abends entschließen sie sich zu einem nächtlichen Ausritt, so wie sie es als Teenager gern gemacht haben und lassen sich zwei Connemara-Ponys zur Verfügung stellen.
Sie stoßen auf eine halb verfallene Burg, die jedoch noch bewohnt zu sein scheint. Da sie glauben, sich verirrt zu haben, weil die Burg in ihrem Plan nicht eingezeichnet ist, beschließen die beiden jungen Frauen, dort nachzufragen. Tatsächlich wird ihnen die Tür geöffnet, eine alte Frau bittet sie herein, weil sie bereits erwartet würden.
In dem Glauben, dass der angekündigte Maskenball vielleicht ein Event des Hotels ist und
die auf ihrer Karte eingetragene Pension vielleicht doch eher diese Burg, bleiben die beiden Frauen. Sie werden in ein Ankleidezimmer geführt und bekommen Kostüme vergangener Zeiten zur Auswahl.
Auf dem Maskenball befinden sich viele ungewöhnliche Personen und die beiden vergnügen sich mit ihren Kavalieren beim Tanz. Am nächsten Abend erwachen sie und alles beginnt von vorn. Die alte Frau erzählt ihnen von dem Fluch, den einst der Burgherr aussprach, nachdem er bei einem Duell mit dem Liebhaber seiner Frau verlor. Erst wenn sich eine Seele findet, die freiwillig den Platz der untreuen Frau einnimmt, ist der Fluch gelöst und die Gefangenen sind frei…
Sterbende Rosen
Eine Schriftstellerin mietet sich ein einsames altes Haus, um ungestört arbeiten zu können. Als eines Nachts, als sie gerade eine Schreibblockade hat, ein schweres Gewitter losbricht, bemerkt sie einen seltsamen Geruch im Haus, wie von sterbenden Rosen. Sie schläft vor ihrem Computer ein.
Als sie erwacht, wähnt sie sich in einem seltsamen Traum. Das Haus hat sich verändert, es wirkt, als sei sie in der Zeit zurück gereist, denn statt ihres Computers findet sie nur einen Stapel feinsten Büttenpapiers wieder. Und der Hausherr ist da. Der Mann, den sie von einem Portrait kennt, das in dem gemieteten Haus hängt und der angeblich unter mysteriösen Umständen spurlos verschwand. Er lädt sie zu einem Dinner ein, doch er selbst isst nichts. Als sie irgendwann wieder aus einer tiefen Ohnmacht erwacht, hat sich die Schreibblockade gelöst, doch sie bemerkt eine Veränderung an sich: An ihrem Hals befinden sich zwei kleine, blutende Löcher… und plötzlich ist auch der Hausherr wieder da…
Der letzte seine Art
Ein Raumschiff mit Außerirdischen besucht die seit Jahrtausenden durch einen Atomkrieg verwüstete Erde. Sie wollen Spuren der alten Bewohner suchen und hoffen, auf den Friedhöfen Dinge zu finden, die ihnen Aufschluss über die früheren Bewohner bieten. Doch die völlig intakte Leiche, die sie aus einer großen Gruft bergen, hat mit den eigentlichen Erdbewohnern nichts mehr zu tun… und der auf dem Raumschiff wieder erwachte Schläfer findet sich in einem quälenden Gefängnis aus kaltem Licht wieder. Und die Außerirdischen können seinen noch viel quälenderen Hunger nicht stillen.
Desiderata – wenn Engel fallen
Die Nonnen des kleinen Klosters in den Abruzzen sind froh, endlich mal wieder eine Novizin zu haben. Die 17-jährige Desiserata ist eines von sechs Kindern eines armen Bauern und wird zur Krankenpflegerin im Hospital angelernt. Dazu kommt ein neuer Arzt, ein sehr freundlicher junge Mann, der die Nachtschichten im abgelegenen Klosterhospital übernimmt, obwohl er doch in der Stadt viel mehr verdienen könnte. Das verwundert die Nonnen, doch sie sind sehr froh über diese Hilfe.
Die junge Desiderata, die mit dem gut aussehenden Mann die Nachtschichten begleitet, wird jedoch immer mehr von Zweifeln gepackt, ob sie wirklich Nonne werden soll. Sie verliebt sich in den so selbstlos erscheinenden, geheimnisvollen Arzt, der mit Gott zu hadern scheint und keine Messe besucht.
Sie gesteht ihm ihre Liebe und er nimmt sie an. Sie, die eigentlich Gott versprochen ist. Sein Triumph, auch wenn es für ihn bedeutet, sich wieder eine neue Bleibe zu suchen. Er nimmt ihr Blut und ihre Seele...
Weg der Verdammten
Ein junges Pärchen verfährt sich in Polen und der Nebel wird immer dichter. Sie kommen in ein verlassenes Dorf und richten sich in einem der halb verfallenen Häuser, in dem noch ein Ofen steht, halbwegs gemütlich für die Nacht ein. Um Mitternacht locken seltsame Geräusche sie nach draußen. Ein geisterhafter Treck aus Planwagen mit erschöpften Menschen darin und ebenso erschöpften Pferden im Geschirr stampft durch den plötzlich hohen Schnee vorbei, dann sind sie fort – ebenso der Schnee, als das Pärchen am nächsten Tag weiterfährt. Von einem alten Polen erfahren sie, dass es sich dabei um den letzten Treck aus Trakhenen handelte, der den Westen nie erreichte, weil sie einem Fliegerangriff in eben diesem Dorf zum Opfer fielen....
Kleine Schmankerl für zwischendurch, dezenter Grusel für die kleine Pause. Doch, ohne jeden Zweifel die Geschichten können begeistern. Die Sprecher sind recht gut (wenn auch die Stimme des Vampirs in „Der letzte seiner Art“ eher Gänsehaut im Ohr verursacht), sie tragen den Hörer sacht durch den Plot.
Doch noch mehr könnten die Geschichten begeistern, wenn man sich vor der Produktion eines Hörbuchs (oder soll’s ein Hörspiel sein?) festlegt, ob es eine Lesung ODER ein Hörspiel werden soll. Vom Erzähler unterbrochene Dialoge, zumal wenn diese nur sehr kurz sind und / oder nur sehr spärlich vorhanden, hacken die Kurzgeschichte noch mal zusätzlich klein und wirken störend.
Die eingestreuten Geräusche stören nicht, unterstützen aber auch nicht wirklich, außer bei der sehr passenden Spinettmusik in der Geschichte „Maskerade“. Dezent im Hintergrund unterstützt sie die Ballsaalatmosphäre. Ansonsten wirken die meisten Geräusche aufgesetzt, weil sie gerade in diesem Augenblick von dem Sprecher beschrieben werden, zum Beispiel das Schnauben der Pferde. Doppelt gemoppelt...
Fazit:
Insgesamt aber unbedingt hörenswert, stimmungsvolle Kerzenlichtgeschichten.
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