Rezension von Richard Stadler
Joe Benitez war ja eigentlich ein TopCow-Spezialist und hat sich dort seine Fans gemacht. Dennoch erschien seine „WRAITHBORN“-Minisere vom November 2006 an bei der Konkurrenz von DCs Sublabel Wildstorm. Das sieht also zwar alles noch nach Topcow, nach THE DARKNESS und WITCHBLADE aus, spielt aber nicht in deren Universum, um das sich Benitez so verdient gemacht hat.
Diesmal hat Benitez sich außerdem mit Autorin Marcia Chen zusammen getan, um die Geschichte der jungen Teenagerin Melanie zu erzählen. Das Mädchen stolpert unversehens in einen Krieg höllischer und halbwegs guter Mächte und ist plötzlich von großem Interesse für die böse, unsterbliche Brijit. Diese schickt auch sogleich ihre Schergen, damit jene Höllenhunde und anderen entstellten, gefährlichen Sklaven des Bösen Melanie die Mächte des Wraithborn wieder entreißen – ohne Rücksicht auf Verluste. Auch ihr neu gewonnener Krieger-Schutzgengel kann das Mädchen am Ende nicht retten. Bleiben nur noch die Kräfte des Wraithborn...
Seit dem Erfolg von Joss Whedons kultiger Serienjägerin Buffy stehen weibliche Jägerinnen des Übernatürlichen und Bösen hoch im Kurs. Das führt, wenn die richtigen Ideen und Eigenheiten fehlen, aber auch dazu, dass man sich leicht in Stereotypen verstrickt. Am Anfang folgt man Melanie trotzdem noch gerne auf Erkundung des Rätsels, das ihr Leben von einen Tag auf den anderen grundlegend erschüttert und auf immer verändert. Das liegt auch daran, dass Benitez und Chen, die sich die Story gemeinsam ausgedacht haben, während Benitez später den Bleistift schwang und Chen die Dialoge schrieb, sich eine düstere Superheldenmaxime als Ausgangssituation für ihre Miniserie ausgedacht haben: Große Macht bedeutet ... großen Ärger.
FAZIT:
„WRAITHBORN“ ist absolut kein anspruchsvolles oder innovatives Comic-Werk – aber bis zur Mitte allemal ein netter, solider, kurzweilig unterhaltsamer Comic-Snack für zwischendurch. Danach aber wird die Standard-Origin mit beliebigen Action-Szenen und einem viel zu langen Endkampf zu sehr bemüht, wodurch der Charme vom Anfang endgültig verloren geht.