Berg aus schwarzem Glas (Autor: Tad Williams; Otherland 3)
 
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Berg aus schwarzem Glas von Tad Williams

Reihe: Otherland Band 3

 

Rezension von Tanja Elskamp

 

Tad Williams begeisterte schon mit „Osten Ard“ die Massen; sein „Otherland“-Zyklus richtet sich eher an ein anderes Publikum. Im Mittelpunkt stehen keine klassischen Fantasy-Elemente, sondern die Virtuelle Realität. Für diese Reihe wurde Williams 2004 sogar mit dem Corine-Preis ausgezeichnet.

 

Wer mit der Tetralogie bisher keine Bekanntschaft gemacht hat, sollte natürlich am besten mit dem ersten Band beginnen. Ganz allein werden später einsteigende Leser jedoch nicht gelassen: Etwa zwanzig Seiten des 910 Seiten umfassenden Taschenbuches befassen sich mit den Ereignissen aus den ersten beiden Bänden und geben so auch Neuankömmlingen in „Otherland“ eine Chance, sich in die Geschichte einzufinden.

 

Eine leichte Aufgabe ist dies allerdings nicht, denn jeder Teil der Serie strotzt vor Ereignissen, Welten und Figuren, so dass einige Muße nötig ist, um den Überblick zu behalten.

 

Im dritten Band sind die Protagonisten nach wie vor getrennt voneinander im Otherland-Netzwerk unterwegs. Sie versuchen, jeder aus ureigenen Motiven, der Gralsbruderschaft auf die Spur zu kommen, die irgendeine Verbindung zu der Tatsache haben, dass in der realen Welt immer wieder Kinder in ein unerklärliches Koma fallen – so manch einer der Charaktere will mittlerweile allerdings schlicht nur wieder nach Hause. Doch sie sind alle im Netzwerk gefangen und nicht in der Lage, die Verbindung zur Virtuellen Realität zu unterbrechen.

 

Der an Progerie leidende Orlando irrt mit seinem besten Freund aus einem virtuellen Spiel namens „Mittland“ durch eine ägyptische Welt, in der sie schließlich auf jemanden treffen, der dem Kreis angehört, einer Organisation, deren Ziel es ist, die Pläne der Gralsbruderschaft zu durchkreuzen. Die Begegnung erweist sich als hilfreich, doch führt sie nicht zum Ziel, sondern Orlando und Sam zunächst einmal in eine Simulation des antiken Troia.

 

Die Rechercheurin Martine wird von dem wahnsinnigen Mörder Dread entführt. Renie und !Xabbu haben alle Hände voll zu tun, sie wiederzufinden, und bevor alle drei ebenfalls in Troia landen, wo sie die anderen Charaktere (wieder)treffen, irren sie unter anderem durch eine Simulation, die aus einem einzigen, riesigen Haus besteht, das von den Bewohnern als reale und vollständige Welt betrachtet wird, und zwar mit allem, was dazu gehört, auch genauen religiösen Vorstellungen.

 

Emily, selbst eine Simulation, die Renie und die anderen seit dem Aufenthalt in der „Wizard of Oz“-Welt begleitet, findet ihren finalen Eingang in der Geschichte des fiktiven Netzwerks – und auch ein paar andere Figuren beenden ihren Auftritt im dritten Band.

 

Vergessen wurde jedoch niemand, und das ist einer der Aspekte, die „Otherland“ zu so einer großartigen Geschichte machen. Jeder, sei er auch noch so ein kleines Licht im Gesamtfunkeln der Reihe, findet seinen Platz, taucht an geeigneter Stelle auf und hat seinen ganz eigenen Faden, der im Verlauf der Geschichte weitergesponnen wird.

 

Dieser dritte Teil nimmt im Vergleich zu den vorherigen trotz seines Gesamtumfangs deutlich an Spannung und Tempo zu. Gesellschaftskritik und bestehende Grausamkeiten werden deutlicher. Am einfachsten ist diese Entwicklung anhand der immer wieder eingestreuten, fiktiven „Netfeed“-Nachrichten zu beobachten, doch auch die Gesamthandlung wird dramatischer, tragischer und das Leserherz so manches Mal schwer.

 

Im vorletzten Band wird die Spannung auf das bald folgende Finale der Geschichte weiter angefacht, einige Fäden finden jedoch schon jetzt ihre Auflösung oder bekommen zumindest eine klarere Bedeutung oder Verknüpfung. Aha!-Effekte sind für den Leser hier sicherlich nicht selten.

 

Besonders erwähnenswert ist im übrigen auch die formale Gestaltung des Taschenbuches. Das Cover im Prägedruck verleiht dem Roman ein besonderes Flair, und das Inhaltsverzeichnis sorgt für Ordnung innerhalb des cineastischen Spektakels rund um „Otherland“. Neben dem Rückblick ist dort auch der Beginn des Vorspanns angegeben, außerdem unterteilt sich der dritte Band in vier Kapitel mit insgesamt fünfunddreißig Unterpunkten, was das Lesevergnügen noch einmal anhebt, weil durch diese Maßnahme ein Stück weit verhindert wird, dass der Leser den Faden verliert.

 

Wer die ersten drei Bände gelesen hat, kommt um den finalen vierten Teil vermutlich ohnehin nicht herum. Wer dennoch zweifelt oder – wahrscheinlicher – mit großer Spannung auf den letzten Teil wartet, für den hält der dritte Band bereits einen Ausblick bereit: eine vierseitige Leseprobe.

 

„Otherland“ hat die Kraft, jeden zu begeistern, der sich auch nur entfernt für den Cyberspace interessiert. Sicherlich enthält die Reihe viele Cyberslang-Ausdrücke, doch älteren Lesern sei gleich gesagt, dass diese zumeist völlig fiktiv sind und in keinem Zusammenhang mit real existenten „Chattersprachen“ stehen.

So ist „Otherland“ etwas für jedes Geschlecht und jede Altersgruppe gleichermaßen geeignet – genießen Sie den Ausflug!

 

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Buch:

Berg aus schwarzem Glas

Reihe: Otherland Band 3

Original: Otherland 3. Mountain of Black Glass, 1999

Autor: Tad Williams

Taschenbuch, 820 Seiten

Heyne, Februar 2007

Übersetzer: Hans-Ulrich Möhring

Cover: Dietrich Ebert

 

ISBN-10: 3453532171

ISBN-13: 978-3453532175

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 01.02.2007, zuletzt aktualisiert: 06.10.2023 09:49, 3432