Bleicher Mond
 
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Bleicher Mond

Rezension von Bernd Wachsmann

 

Nach der Lektüre des titelgebenden Abenteuer kommt die Frage auf: Was soll der arme Spielleiter seiner Gruppe danach bloß noch bieten? Obwohl, Ideen dafür sind ja angegeben… Aber beginnen wir von vorne…

 

Bleicher Mond ist ein Abenteuerband, der schon 1994 beim damaligen Cthulhu-Hersteller Laurin angekündigt war, wegen dessen Konkurses aber nicht mehr erschienen ist. Nun begab es sich, dass im offiziellen Cthulhu-Forum nachgefragt wurde, ob es denn diesen Band eines Tages noch – beim aktuellen Verlag Pegasus - geben werde. Bezeichnend für das nahe Verhältnis Redaktion zu den Fans setzte die Redaktion zur Recherche an und siehe da, Nachfragen bei der damaligen Mannschaft hatten Erfolg: Heinrich Glumpler, der Übersetzer, hatte noch eine Version der Übersetzung in Dateiform, Rainer Gladys, damals Chefredakteur, eine andere. Das Abenteuer war also schon ins Deutsche übertragen gewesen. Das damalige Cover war auch schon fertig gewesen, aber im Konkurs 1994 verschollen gegangen.

 

Nachdem aber wenigstens der Text vorlag, wurde dieser von der Cthulhu-Redaktion lektoriert und auf den aktuellen Regelstandard gebracht. Außerdem wurde eine neue Bebilderung in Auftrag gegeben, die aus zeitgenössischen Fotografien sowie Illustrationen von Kim Schneider besteht. Ebenfalls von Kim Schneider stammen die neu gezeichneten Karten.

 

Damit war Bleicher Mond als Abenteuer erneut fertig. Seine Handlung beginnt in England, so dass nach Terror Britannicus, London - Im Nebel der Themse, Horror im Orient-Express Band 1: London ein Zyklus von Abenteuern in Großbritannien vorliegt.

 

Zum Abenteuerband, der übrigens in der Reihe Cthuloide Welten Bibliothek erscheint, gehört noch ein zweites Abenteuer. Dieses ist bisher unveröffentlicht und stammt aus der Feder von Steffen Schütte, dem dienstältesten deutschen Cthulhu-Autor, der seit 1989 für das Cthulhu-Rollenspiel schreibt.

 

Der Band kommt in der für Cthulhu typischen guten Qualität daher. Sauberes Layout; interessante und passende Bilder; gute Hintergrundinfos; diverse Handouts, Karten und Illustrationen und an Rechtschreibfehler kann ich mich nicht erinnern. Wie gewohnt also kein Grund zur Klage diesbezüglich. Einerseits ist es „nur“ ein Softcover, andererseits senkt das natürlich auch den Preis. Bei 14,95 € für 108 Seiten kann man dann auch wirklich nur von einem sehr gelungenem Preis-Leistungs-Verhältnis sprechen.

 

Zu den Handouts ist zu sagen, dass es dieses mal für cthuloide Verhältnisse eher wenige sind. Bei dem ersten Abenteuer sind eher Karten- und Übersichtspläne vonnöten und beim zweiten Abenteuer sind aufgrund der Hintergrundgeschichte eher wenig Handouts vorhanden. Das schmälert aber denke ich nicht den Spielspaß, gerade Bleicher Mond wartet mit so viel Erlebnisreichen auf, da verlangt wohl kaum ein Spieler noch nach mehr Handouts, wenn sein Charakter das doch selbst „live“ erleben darf.

 

Bleicher Mond von Marcus Rowland kommt auf 63 Seiten daher, von denen diverse mit Plänen, Illustrationen und Handouts gefüllt sind.

 

Zum Inhalt: „Die Vorführung eines begabten Mediums in London setzt die Charaktere auf die Spur von Vorkommnissen, die bald nach einer handfesten Regierungsverschwörung aussehen. Welche Ziele verfolgt die Britische Marine wirklich, und was verbirgt sich in dem von Soldaten besetzten Bergwerk? Die Charaktere erfahren viel - zu viel - und nehmen an einer geheimen Expedition an ganz außergewöhnliche Orte teil, die ihr Leben verändern wird.“

Das Abenteuer spielt in England in den 1920ern. Das gelungene Cover und der Titel mögen manchem neugierigen und intelligentem Spieler leider schon Hinweise darauf geben, warum es geht, was schade ist, da hier doch gerade der Überraschungseffekt wirklich etwas ausmacht.

 

Das Abenteuer ist anfänglich eher eine Art Agentengeschichte, bei dem eventuell Probleme mit der Motivation der Spieler auftauchen können, schließlich wird nicht jeder Brite gegen seine eigene Regierung, hier vertreten durch die Marine, ermitteln. Aber durchgängig werden Tipps gegeben, wie die Spieler im Falle des Falles bei der Stange gehalten werden können und der Plot bietet dem Spielleiter so manche Hintertür.

 

Kommen wir zum Plot, der sicherlich nur von Spielleitern gelesen werden sollte. So unglaublich das auch klingt, die Charaktere nehmen an der ersten britischen Mondexpedition teil und das im Jahre 1927! Doch dass erfahren sie erst später, vorher wissen sie nur von einem gefluteten Tunnel. Was sie jedoch anfänglich nicht wissen ist, dass dort ein magisches Tor zum Mond liegt. Nun heißt es die Taucher- bzw. Mondanzüge angelegt und die wahnwitzige Reise angetreten. Auf dem Mond angekommen erforschen sie einen Kraterkomplex, der aus mehreren Dutzend Pyramiden unterschiedlicher Größe besteht. Was sie dort finden ist schon aufregend, aber das Ende ist dann wirklich noch mal eine Steigerung und in diesem Bereich von nichts mehr zu toppen.

 

Dem interessierten Spielleiter sei gesagt, dass es an einen Ort geht, von dem die Rückkehr sehr schwer sein könnte. Der Weg dorthin ist überaus spannend und die Charaktere erleben Dinge, die noch kein Mensch vor ihnen erlebt hat. Für die Rückkehr der Charaktere gibt es dann auch Tipps, wer z.B. eine andere Epoche (1890, Cthulhu Now, 1000 AD oder gar Steinzeit und ähnliches) schon immer mal einschieben wollte, hat hier die Gelegenheit. Aber natürlich ist auch eine Rückkehr in die ganz normale „Gegenwart“ möglich, obwohl es auch eine veränderte sein könnte oder ein Paralelluniversum. Letzteres bemerken die Spieler ja eventuell erst viel später …

 

Angesichts der wirklich unglaublichen Erlebnisse sollte man sich als Spielleiter beizeiten wirklich einen Zeitenwechsel überlegen, um das Abenteuer erstmal „sacken zu lassen“.

 

Der Kauf des Abenteuerbandes lohnt alleine schon wegen des ersten Abenteuers. Die Idee der ersten britischen Mondexpedition ist genial und das furiose Ende mag für manche Gruppen etwas „zu fantastisch“ sein, aber ohne Frage einzigartig und begeisternd.

 

König! ... Reich ... ! ... unten! von Steffen Schütte begnügt sich mit den restlichen 40seiten.

Zum Inhalt: „Die Charaktere brausen im Zug durch das nächtliche Deutschland, als mit einem deutlichen Rumpeln ein verzweifelt wirkender Mann auf den Waggon springt und sich vor der Fensterscheibe festklammert. Er ruft panisch etwas, doch das Rattern des Zuges, der Fahrtwind und die Scheibe selbst schlucken fast alles. Aus dem hysterischen Geschrei lassen sich nur ganze drei Worte zweifelsfrei heraushören: „...König! ...Reich...! ...unten!"“

 

Diesmal spielt die Handlung in Deutschland in den 1920ern. Positiv ist zu vermerken, dass die Hintergrundhandlung vom Spielleiter nicht sofort komplett gelesen werden muss, so dass er die Möglichkeit hat ähnlich wie später die Gruppe den Plot zu erkunden.

 

Dem geneigten Spielleiter sei so viel vom Plot verraten: In diesem Abenteuer geht es nicht gegen Mythoswesen, sondern gegen Ratten, angeführt vom Rattenkönig, mit dem sie eine Art kollektives Bewusstsein bilden. Sie haben ein mächtiges Artefakt in ihren Besitz gebracht und arbeiten daran, ihre Macht zu festigen und dann die Menschheit zu vernichten. Durch den Unglücksfall in die Geschehnisse hineingezogen sind die Charaktere Angriffsziel der Ratten, welche durch Sabotage, "Unglücksfälle" und ähnliches die Bedrohung aufbauen.

 

Ratten als Gegner? Nun ja, klingt zugegeben erst einmal trashig, tatsächlich gibt der Plot aber mehr her als „Rattenjagd“. Das Szenario ist natürlich weitaus besser als Das Nest bzw. ist alleine der Vergleich eigentlich eine Verfehlung. Trotzdem bleibt es dabei, der Hintergrund ist weder allzu cthuloid noch jedermanns Geschmack. Der besondere Reiz liegt sicherlich darin, dass die Charaktere am Anfang völlig andere Gegner vermuten und die Erkenntnis über die Natur der wahren Feinde ziemlich für Überraschung sorgen dürfte. Dazu kommt die ungewohnte Vorgehensweise, die diese Gegner von den Charakteren fordern. Richtig geleitet und mit der richtigen Gruppe kann dieses Abenteuer wahrscheinlich wirklich Spaß machen. Aber es ist nun einmal „anders“.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420183058daf2bfe2
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Bleicher Mond

Abenteuerband

Pegasus Press

Marcus Rowland, Steffen Schütte

Ein Band aus der Reihe „Cthuloide Welten Bibliothek"

112 Seiten, Softcover, erschienen im Mai 2005

ISBN: 3937826335

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 11.08.2005, zuletzt aktualisiert: 15.02.2015 17:04, 907