Blut und Silber (Autor: Sabine Ebert)
 
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Blut und Silber von Sabine Ebert

Rezension von Björn Backes

 

Neben Iny Lorentz ist Sabine Ebert derzeit wohl die wichtigste Autorin im Bereich der historischen Dramen. Ihre Romane um die Hebamme Marthe avancierten durch die Bank zu Bestsellern und wurden mittlerweile bereits einem Millionenpublikum vorgestellt. Doch Ebert will sich nicht alleine auf ihre selbstredend wichtigste Romanfigur beschränken, wohl aber auf das Setting ihrer Geschichten. Mit „Blut und Silber“ kehrt sie zwar nach Freiberg zurück und schafft auch lose Verknüpfungen zu ihrer bis dato veröffentlichten Marthe-Trilogie, schaufelt sich aber aus dem Rahmen ihrer bisherigen Erzählungen inhaltlich wieder frei. Auch wenn die Chronologie letzten Endes nicht eingehalten wird, so entpuppt sich – soviel vorweg – Eberts neuer Roman als erstklassige Überbrückung zum vierten Buch um die geschäftige Hebamme.

 

 

Inhalt:

Freiberg im Jahr 1296: Als die völlig erschöpfte Sybilla durch die Tore der Stadt taumelt und von den sich ankündenden Gräuelen berichtet, ahnen die Bürger bereits das Schlimmste. Kurze Zeit später soll sich die Kunde bereits bewahrheiten; König Adolf von Nassau plant, sein Einzugsgebiet zu erweitern und die Stadt mit seinem majestätischen Heer zu erobern. Nicht nur auf den Straßen, sondern auch in den hohen Rängen wird fortan diskutiert, ob man sich Adolf entgegenstellen oder zum Schutze der Bürger kampflos ergeben soll. Doch Burgherr Ulrich von Maltitz will letztendlich nicht akzeptieren, dass der König von Nassau mit Gewalt über die Stadt herfällt; als das Ultimatum verstreicht, kommt es zu ersten erbitterten Kämpfen, die schon in der ersten Abfolge viele Verletzte und Tote fordern.

Just in dieser Zeit wird auch die junge Änne zu einer Schlüsselfigur. Die Nachfahrin der stadtbekannten Hebamme Marthe, die in ihrer Ziehfamilie ständig mit Gewalt und Unterdrückung konfrontiert wurde, wird zur Heilerin beordert und leistet Außergewöhnliches an den vielen Verwundeten der Gefechte. Ihr Tun bleibt nicht unbemerkt, und vor allem Markus, der Hauptmann der Stadtwache hat schnell ein Auge auf Änne geworfen. Doch noch bevor sich ihre Beziehung intensivieren kann, fällt Freiberg und Markus ist zur Flucht gezwungen. Frustriert und aufgrund ihrer Stellung nicht zu Ansprüchen berechtigt, ehelicht Änne kurz darauf den alten Medicus. Doch die Obhut, die ihr der alternde Mediziner geben kann, ist nicht alles, was sich Änne für ihr Leben gewünscht hat…

 

 

Rezension:

“Blut und Silber“ entpuppt sich in der oberflächlichen Draufsicht als klassischer, insgesamt aber vorhersehbarer Historienroman, der zwar viele nette Wendungen in seiner Handlung aufbietet, in letzter Instanz aber wenig Überraschendes bereithält, um die Spannung auch über die recht große Gesamtdistanz aufrechtzuerhalten. Irrtum! Denn auch wenn die Geschichte sich an vielen schematischen Vorbildern orientiert und viele Punkte im Plot Elemente beinhalten, die man an genau dieser Stelle auch vorab vermutet hätte, dreht und windet sich die Erzählung immer wieder auf erstaunliche Art und Weise und lebt ferner auch von der grandiosen Zeichnung ihrer Charaktere, die im weitesten Sinne alle Fesseln des Konventionellen abgelegt haben und eben nicht wie das Abziehbild von historischen Romanhelden daherkommen.

 

Derweil halten sich die kriegerischen Auseinandersetzungen und die emotional-romantischen Inhalte sehr schön die Waage. Der Konflikt um die Eroberung Freibergs wird ausführlich und auch strategisch beleuchtet, aber ebenso wenig als Priorität in den Vordergrund gesetzt wie die sich anbahnende Liebelei der stillen Heldin Änne, die übrigens – und da dürfte dann auch die Kritik ansetzen – in ihre Rolle nie so richtig hineinwächst. Recht genial eingeführt, geheimnisumwoben belassen, aber immer im Hintergrund agierend wird sie der Gestalt der führenden Persönlichkeit nur selten gerecht, was einerseits sicherlich mit der verzwickten Lage zusammenhängt, andererseits aber nicht über den kompletten Roman zu verkraften ist. Erst in den letzten Zügen der Geschichte bekommt sie ein ausführlicher ausgearbeitetes Profil und kann von dem kosten, was Sabine Ebert ihrer Erzählung auf den vorangegangenen gut 600 Seiten bereits gegeben hat: Ein klares Format, eine deutliche Linie und eine richtig gute Übersicht, die auch in den tückischen Schauplätzen der Handlung nie verloren geht.

 

Was „Blut und Silber“ überdies auszeichnet, sind die vielen unvorhersehbaren Entwicklungen, die sich ebenfalls wie ein rotes Band durch den Roman ziehen. Die Story wird von einer durchweg traurigen Atmosphäre begleitet, deren melancholische Züge eine befremdliche Art der Euphorie beim Leser auslösen, die aber insofern als angenehm empfunden werden kann, dass sie einen konsequent mitreißt. Dieses ständige Gefühl der Ausweglosigkeit, zunächst für die Bürger der Stadt, dann für die verzweifelte Dramengestalt Änne, mag an anderer Stelle zermürbend sein, hält einen hier aber beispielhaft bei der Stange, weil die Antriebsfeder Hoffnung als ständiger Wegbegleiter mehr als nur eine Motivation ist, Änne und Co. in ihrem tragischen Lebenswandel treu zu bleiben. Und gerade weil das Schicksal der Dramaturgie immer wieder neuen Nährstoff bringt und man entgegen aller Befürchtungen gerade zum Ende nicht erahnt, in welche Richtung sich die Handlung bewegt, bleibt „Blut und Silber“ bis zur letzten Seite ein Schmaus, von dessen Sättigungswert man noch eine ganze Weile zehren kann.

 

 

Fazit:

Inhaltlich ein klassischer Historienroman verwandelt Sabine Ebert die Story von „Blut und Silber“ zu einer mitreißenden, sehr lebendigen Angelegenheit, die geschickt zwischen den unterschiedlichen Schwerpunkten pendelt und aufgrund ihrer unberechenbaren Entwicklung bis zum Ende spannend bleibt. Lesenswert!

 

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Buch:

Blut und Silber

Autorin: Sabine Ebert

Gebundene Ausgabe, 731 Seiten

Droemer/Knaur, 2. November 2009

 

ISBN-10: 3426662884

ISBN-13: 978-3426662885

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 27.12.2009, zuletzt aktualisiert: 22.12.2023 16:05, 9793