Buried – Lebend begraben (DVD; Drama; FSK 16)
 
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Buried – Lebend begraben (DVD; Drama; FSK 16)

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Größer, schneller – besser? Bei den großen Filmstudios scheint die Wirtschaftskrise, wenn überhaupt, nur marginal realisiert worden zu sein. Das eine der ganz großen Filmriesen, Metro-Goldwyn-Mayer, noch vor kurzem am Rande der Insolvenz stand, scheint bei der Konkurrenz ebenfalls kaum mehr als eine Randnotiz gewesen zu sein. Stattdessen werden weiterhin noch mehr Unsummen in weitere – potenzielle – Blockbuster gepumpt, von dem Werbeaufwand und dem neuesten Lieblingsspielzeug der Studiobosse – 3D, ganz genau – ganz zu schweigen. Das ausgerechnet ein mit ökologischen Aspekten versehener Film namens Avatar (2009) gewesen ist, der sämtliche Zweifel und/oder kaufmännisch vernünftiges Handeln über Bord war, wirkt daher umso ironischer. Besonders wenn bedenkt, dass James Camerons, zweifelsohne wegweisendes Meisterwerk, vorbildlich sämtliche Bedenken über Bord geworfen hatte und mal ebenso fast 400 (!) Millionen Dollar (inklusive Werbung) verschleudern durfte – was natürlich nicht auffällt, bei gut 2,7 Milliarden Dollar Umsatz an den Kinokassen weltweit (von den Heimkinoauswertungen ganz zu schweigen).

Hatte »Avatar« eine, sagen wir mal, »überschaubare« Story vorzuweisen, so spielen andere, vermeintliche Blockbuster storytechnisch in ganz anderen Ligen – in schlechteren wohlgemerkt. Denn bei all den pompösen Mega-Spektakeln wird gerne ein entscheidender Faktor mal unter den Tisch gekehrt: die Geschichte selbst. »Style over Substance«, fürwahr. Die Liste jener Machwerke, die visuell zwar aus allen Rohren schossen, allerdings erzähltechnisch wahre Rohrkrepierer sind, ist lang. Verdammt lang.

 

Umso erfreulicher ist es doch, dass mit dem Spanier Rodrigo Cortés jemand daherkommt, der den umgekehrten Weg geht und das vermeintliche Spektakel aus dem Fortschreiten seiner Geschichte bezieht, die ohne großartige Effekte, umwerfenden Locations und dem gezwungenen Einsatz einer 3D-Brille auskommt, dabei aber – so viel sei schon verraten – spannender und aufregender ist, als der überwiegende Teil der Konkurrenz. Für schlappe 3 Millionen. Wahrscheinlich kostete der kleinste Pandora-Baum in »Avatar« mehr als der gesamte Film.

Dabei ist der Plot von »Buried – Lebendig begraben« mindestens genau so übersichtlich wie der des übergroßen SciFi-Epos. Übersichtlich, ja. Simpel, durchaus. Doch genau aus dieser, konsequent beibehaltenen Schlichtheit zieht Cortés eine immer stärker an den Nerven zehrende Spannung, die sicher auch einem Altmeister wie Hitchcock gefallen hätte.

Man stelle sich folgendes vor: Man erwacht in völliger Dunkelheit. Es ist stickig und das Atmen fällt einem schwer. Die Erinnerungen sind wie weggewischt. Und just, als man sich aus dieser unbequemen Katatonie befreien möchte, muss man feststellen, dass man gefangen ist – in einem Sarg.

Dieser Alptraum wird für den im Irak stationierten Paul Conroy (Ryan Reynolds) bittere Wahrheit. Doch warum ausgerechnet er? Und aus welchem Grund? Tröpfchenweise kehrt schließlich die Erinnerung zurück: an seinen Konvoi, an den Angriff aus dem Hinterhalt; verübt von Aufständischen und dann – nichts. Schwarz. Zurück zum Anfang. Da fallen Paul zwei Gegenstände ins Auge: ein Zippo-Feuerzeug und … ein Handy. Von neuer Hoffnung erfüllt, wählt er jede Nummer, die ihm in seiner Angst in den Sinn kommt: seine Frau, seinen Boss, das FBI. Und die Zeit wird knapp, schwindet nicht nur sein Sauerstoffvorrat rapide – der Stromvorrat des Handys auch. Neben tröstenden und aufbauenden Worten versichert man ihm, das alles getan würde, um ihn zu lokalisieren – was in doppelter Hinsicht lebensnotwenig ist, da Paul nicht nur die Luft ausgeht, sondern sich auch seine Entführer bei ihm melden und Forderungen stellen …

 

Mit einer ausführlichen Besprechung zu einem Film wie »Buried – Lebend begraben« begibt man sich automatisch an den Rand des Abgrunds. Weshalb? Weil es schwer ist, genauer auf den Film einzugehen, OHNE zu spoilern. Im Grunde hätte schon mit der Ausgangslage des Protagonisten Schluss sein müssen, da Cortés neben der immer intensiver werdenden Spannung eine Vielzahl von teils unerwarteten, teils konsequenten Überraschungen und Wendungen aus dem Ärmel schüttelt, dass es eine wahre Wonne ist. Besonders weil keiner der Einfälle gezwungen wirkt. Und das alles in einem Sarg – und zwar NUR dort. 91 Minuten werden wir Zeuge vom Martyrium eines ganz normalen Mannes, der sich ungewollt in einer alles andere als normalen Situation wieder findet. Neben der überzeugend eingefangenen Beklemmung und dem superben Einfallsreichtum von Rodrigo Cortés muss man den Hut vor Ryan Reynolds ziehen, der hier nicht nur die bislang beste Darbietung seiner Karriere offenbart, sondern sich gleichzeitig für Größeres empfiehlt. Die Zeiten, in denen er sich mit kurzlebigen Sitcoms, albernem Teenie-Klamauk oder als Beiwerk über Wasser gehalten hat, dürften ab jetzt wohl definitiv der Vergangenheit angehören. Damit macht es Reynolds seinem Kollegen Jeremy Renner gleich, der mit dem thematisch ähnlich gelagerten Tödliches Kommando – The Hurt Locker 2009 den Sprung von der B- in die A-Klasse schaffte; mit einem Film, der übrigens auch gleichermaßen bescheiden budgetiert war, Regisseurin Kathryn Bigelow mit ihren sechs errungenen Oscars aber doppelt so viele Goldmännchen einheimsen konnte wie ihr Ex-Gatte – James Cameron. Es siegt also nicht immer der Stil.

 

In einem weiteren Punkt sind sich die beiden Machwerke weiterhin ähnlich: Beiden gelingt es mühelos, die Spannungsschraube mit jeder weiteren Minute in fast schon gesundheitsgefährdende Höhen zu katapultieren. So überträgt sich der – physische wie psychische – Druck des eingesperrten und zu nahezu vollständiger Regungslosigkeit verdammten Paul auf die Zuschauer, werden die Handflächen feucht und der Herzschlag schneller. Bis … Mehr darf nicht verraten werden. Nur so viel: das Ende ist konsequent, im Grunde vorhersehbar – und dennoch drischt es auf einen hernieder wie ein präzise ausgeführter Schlag mit dem Vorschlaghammer. Wahnsinn.

 

Fazit:

Mit »Buried – lebendig begraben« kommt ein vermeintlich kleines Machwerk daher, das in Sachen Kompromisslosigkeit, Anspruch und Suspense mal eben so 95 Prozent der großen Konkurrenz locker gegen die Wand klatscht. Wenn Cortés unter diesem Film eine Fingerübung versteht – zu was ist der Mann erst fähig, wenn er schweres Geschütz auffahren darf? Ein vertrackter, intelligenter Psychothriller, der zu den herausragendsten aktuellen Vertretern seiner Gattung gezählt werden darf. »Substance over Style«.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241214120441e39d41c3
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DVD:

Buried – Lebend begraben

Originaltitel: Buried

Spanien, USA, Frankreich 2010

Regie: Rodrigo Cortés

Format: Dolby, DTS, PAL, Widescreen

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bildseitenformat: 16:9 - 2.35:1

Umfang: 1 DVD

FSK: 16

Ascot Elite, 12. April 2011

Spieldauer: 93 Minuten

 

ASIN: B004AVQUEK

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Ryan Reynolds

José Luis García Pérez (nur Stimme)

Robert Paterson (nur Stimme)

Stephen Tobolowsky (nur Stimme)

Samantha Mathis (nur Stimme)

Ivana Miño

Warner Loughlin (nur Stimme)

Erik Palladino (nur Stimme)

Kali Rocha (nur Stimme)

Chris William Martin (nur Stimme)

Cade Dundish (nur Stimme)

Mary Birdsong (nur Stimme)

Kirk Baily (nur Stimme)

Anne Lockhart (nur Stimme)

Robert Clotworthy (nur Stimme)


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Erstellt: 30.06.2011, zuletzt aktualisiert: 17.11.2024 13:19, 11934