Rezension von Cronn
Als ich mit dem Schlüssel des Hausverwalters die alte Villa der Hawkins-Familie öffne, schlägt mir der abgestandene Geruch von verbranntem Holz entgegen.
Officer Bradley läuft mit seiner Sturmlaterne voraus.
»Bitte seien Sie vorsichtig. Hier liegen immer noch alle möglichen Gegenstände herum. Nach dem alles verzehrenden Feuer hat noch niemand aufgeräumt.«
Ich schwenke meine Lampe nach links und sehe, dass die Wände verrust sind. Mit großen Pusteln überzogene Gemälde hängen da, die von der Hitze des Feuers Blasen geschlagen haben.
»Das ist das Esszimmer der Familie Hawkins … gewesen«, setzt er hinzu und schweigt betroffen. Ich sehe noch immer das letzte Mahl der reichen Familie. Ein merkwürdig aussehender Fisch liegt auf dem Tisch. Wieso ist er noch nicht verwest?
Ein Stuhl liegt umgeworfen vor dem erloschenen Kamin. Wurde er im Streit umgestoßen?
Ich schließe die Augen und versetze mich geistig in die Situation von damals.
»Lassen Sie uns weitergehen!«, sagte da Officer Bradley.
Wir gelangen nach draußen und in den nächsten Raum.
»Das ist das Zimmer, wo das Feuer seinen Anfang nahm.«
Ich stehe inmitten der rußgeschwärten Wände. Unter dem Tisch liegt ein Frauenschuh. Ich erschauere. Der muss der toten Mrs. Hawkins gehört haben!
Und dort ein Umriss auf dem Boden, wo der tote Junge gelegen hat! Aber wo ist Mr. Hawkins gewesen? Auf der Tür sind Kratzspuren zu erkennen. Konnte er flüchten?
Plötzlich höre ich ein Geräusch von draußen und erstarre. Sind wir nicht allein in dem verlassenen Herrenhaus?
Call Of Cthulhu heißt das Horrorgame von den Cyanide Studios, das rechtzeitig zu Halloween am 31.10.2018 erschien und von Focus Home Interactive als Publisher herausgegeben wird. Hierzulande kümmert sich Koch Media um die Vermarktung.
Doch wie gelungen ist das Game, nachdem es mehrere Veröffentlichungsverschiebungen gab? Haben diese dem Spiel gut getan? Darauf soll die nachfolgende Rezension eine Antwort geben. Aber zunächst ein Blick auf die Story des Spiels.
Hintergrund:
Der Spieler schlüpft in die Rolle des Privatdetektivs Pierce, einem Kriegsveteran des Ersten Weltkriegs, der mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Um nicht mittellos zu werden, übernimmt er 1924 einen sonderbaren Fall für seine Detektei: Er soll den Tod der Familie Hawkins aufklären, die bei einem Brand starb.
Hierzu reist er nach Darkwater, einer Insel vor der amerikanischen Ostküste. Hier lebt man mehr schlecht als recht von den Früchten des Meeres, erinnert sich aber gerne an die großen Zeiten des Walfangs. Dort angekommen mehren sich die Zeiten, dass die Insel ein Geheimnis verbirgt.
Nach und nach dringt der Privatdetektiv tiefer in die verborgenen Mysterien von Darkwater ein und muss sich dabei seinen eigenen Problemen stellen. Es verwischen die Grenzen zwischen Realität und Halluzination.
Die Story von »Call Of Cthulhu« ist ein großes Plus des Games. Wie auch in den besten Geschichten des zugrundeliegenden Cthulhu-Mythos von Howard Philips Lovecraft wird auch im Spiel erst nach und nach, Schicht für Schicht das Grauen enthüllt und der ermittelnde Detektiv mit einbezogen.
Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten zur Beeinflussung der Story, doch dazu später beim Gameplay mehr.
Die Twists sollen nicht verraten werden, aber es darf gesagt werden, dass die Story über den gesamten Spielverlauf denjenigen Gamer bei der Stange hält, der sich auf die mysteriöse Atmosphäre einlässt.
Gameplay:
In der First-Person-Ansicht ist man in diesem Horror-Adventure-Rollenspiel-Mix unterwegs und sucht die Schauplätze nach Hinweisen ab, spricht mit anderen Personen und rätselt sich voran.
Dabei fällt auf, dass »Call Of Cthulhu« tatsächlich im Hintergrund ein Rollenspielsystem besitzt, das vom gleichnamigen Table-Top-Spiel von Chaosium inspiriert wurde. Für gelungene Ermittlungen und den Fortschritt im Spiel erhält man Punkte, die man auf verschiedene Talente verteilen kann, darunter Redegewandtheit, Ermittlung und Okkultismus. Je mehr man in diesen Rängen aufsteigt, desto mehr Fragemöglichkeiten werden in den Redeoptionen freigeschaltet oder die Wahrscheinlichkeit einer überzeugenden Antwort steigt, sofern man von einem NPC befragt wird.
An einigen Stellen im Spiel kann man eine Meditationssequenz beginnen, in der man sozusagen »in die Vergangenheit« des Ortes reist und die Ermittlungen anstellt. Dabei läuft man die Szene ab und sucht nach Gegenständen, die Hinweise geben. Allerdings geht man nicht so weit, dass man selbst kombinieren muss wie bei den letzten Sherlock Holmes-Spielen, aber es ist nahe daran.
»Call Of Cthulhu« ist in weiten Teilen ein Erforschungs- und Rätselspiel, das mit Horrorelementen verwoben ist. Zwar existieren auch die von beispielsweise Remothered bekannten Schränke, in denen man sich verstecken muss/kann, aber das ist nicht der Schwerpunkt der Spielmechanik.
Das Game baut eine dichte Atmosphäre auf und hierin ist es mit den besten Stories des Cthulhu-Mythos einig. Hier liegt die große Stärke von »Call Of Cthulhu«. Das stimmungsvolle Darbieten eines Schauplatzes ist sehr gut gelungen!
Grafik und Sound:
Die Grafik von »Call Of Cthulhu« basiert auf der Unreal-4-Engine. In weiten Teilen sehen die Texturen daher sehr gut aus. Allerdings kommt es auch immer wieder vor, dass aus der Nähe die NPCs hölzern animiert sind. Bugs bei den Animationen fallen auch hin und wieder ins Gewicht, so bewegen sich manche Kleidungsstücke unnatürlich.
Die Lichtstimmung ist allerdings hervorragend gelungen. Auch der wabernde volumetrische Nebel kann überzeugen. Insgesamt ist also »Call Of Cthulhu« ein grafisch gut gelungenes, wenngleich nicht vollauf perfektes Game.
Der Sound ist sehr gut inszeniert. Gerade mit Kopfhörern kann man feststellen, wie viele unterschiedliche Dimensionen an Sounds zusammenwirken, um ein gruseliges Hörerlebnis zu erzeugen. Superb!
Fazit:
»Call Of Cthulhu« ist ein gelungenes Horrorspiel, das von seiner Story und der Atmosphäre lebt. Wer auf dichte Stimmung und Narration steht, ist hier bestens aufgehoben.
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