Das Science Fiction Jahr 2007 von Sascha Mamczak und Wolfgang Jeschke (Hrsg)

Rezension von Peter Sperling

 

Klappentext:

Das einzigartige Kompendium zum erfolgreichsten Genre der Welt in seinen multimedialen Erscheinungsformen.

 

Man darf sich wieder auf jede Menge Informationen einstellen. Mit knapp 6 cm Dicke ist das diesjährige Science Fiction Jahr nur drei Millimeter dünner als die letztjährige Ausgabe. Um die Bezeichnung „Handbuch“ zu rechtfertigen, wäre auch eine Aufteilung des Werkes in zwei Bände denkbar, denn um die über 1300 Seiten zu halten ist schon eine große Hand von Nöten. Und die kommen auch nicht zu knapp: Die provokative Frage “Das Ende eines Genres?“ scheint viele Autoren inspiriert zu haben, darüber nachzudenken, was Science Fiction ist, wie sie ist und ob sie überhaupt noch ist. Das durchgehend hohe Niveau der Texte ist erfreulich, ebenso wie die bessere Druckqualität der leider nur schwarz-weißen Bilder.

Hilfreich sind natürlich die vielen Rezensionen, die Marktberichte, die Buch-, Film- und Hörspielvorstellungen, die aber neben den Aufsätzen zum Schwerpunktthema und den Berichten über des Science Fiction nahe stehende Themen eher als Zugabe wirken. Gerade die Berichte aus dem Kapitel Science & Speculation, die sich nicht direkt mit der Literatur befassen, weiten den Horizont beträchtlich auf. So greift etwa der ausführliche Bericht von Rüdiger Vaas das aktuelle Thema der Schwerkraft auf. „Was Science-Fiction Autoren mit ein paar magischen Worten wie 'Schwerkraftabsorber' oder 'Antigrav-Technik' mal eben am Schreibtisch erfinden, ist in der realen Welt weitaus schwieriger zu erreichen“, aber was Rüdiger Vaas zu erzählen hat, ich auch für den SF-Leser höchst aufschlussreich.

 

Der besondere Leckerbissen des Handbuchs sind allerdings die Essays, die sich mit dem Zustand, der Zukunft und dem Ende(?) oder der Perspektive der Science Fiction auseinandersetzen. Die Betrachtung anderer Genres setzt Uwe Neuhold ein, um Rückschlüsse auf die Lebenszyklen von Genres allgemein und speziell auf das Genre SF zu ziehen. Er beobachtet, teilweise empirisch, die Faktoren, die zur „Ausdünnung“ des Genres führen und bezweifelt letztlich, dass deren Kern, die Lust am Gedankenexperiment, in irgendeiner Form weiterleben wird.

Nach und nach werden alle Aspekte abgeklopft, die Einfluss auf die Wertigkeit der SF im Kulturbetrieb haben, Dabei kommen hochrangige Autoren zu Wort. Adam Roberts etwa untersucht den Einfluss des Mediums, Andreas Eschbach meint, dass der Siegeszug der Science Fiction vollständig wäre und sie sich, weil ihre meisten Versprechungen erfüllt wurden, überlebt hätte. Anhand der Romane „Die Straße“ von Cormac McCarthy und Thomas Pynchons „Against The Day“ kommt John Clute zu dem Schluss, dass alles einmal untergehen wird.

 

Ein ausführliches Fazit: Denn ein Fazit aus nur einem Satz reicht hier definitiv nicht aus. Warum die Auflage des Heyne Science Fiction Jahrs auf niedrigem Niveau stagniert ist nach der Lektüre kaum verständlich: Taugt es doch nicht nur für Journalisten, Medienleute und Literaturwissenschaftler sondern ist auch für den interessierten Leser von Bedeutung. An keiner anderen Stelle finden sich so dicht gehäuft qualitätsvolle Aufsätze, Fakten und Neuigkeiten wie in diesem Handbuch. Es dient nicht nur als unersetzliches Nachschlagewerk sondern gibt auch einen Überblick über die ganze Szene, seien es Neuerscheinungen, der aktuelle Stand der Diskurse oder den Blick erweiternde Betrachtungen über Ferne Verwandte der SF, nämlich die Wissenschaften aller Art. Das führt zur komprimierten Aussage meines Fazits:

 

Fazit: Jeder, der Phantastisches liest, braucht für das Jahr 2007 Das Heyne Science Fiction Jahr 2007.

 

Nach oben