Das Spiel des Engels (Autor: Carlos Ruiz Zafón)
 
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Das Spiel des Engels von Carlos Ruiz Zafón

Rezension von Christine Schlicht

 

Rezension:

Barcelona 1917

 

Der junge David Martin scheint vom Leben etwas vergessen und verdient sich seinen mageren Lebensunterhalt als Helfer in einer Zeitungsredaktion. Die Mutter hat ihn bei dem Vater zurückgelassen, der nach dem Krieg nicht wieder ins Leben zurückgefunden hat und dem Sohn die Beschäftigung mit seinem einzigen Trost untersagt: Büchern. Eines Tages muss David seinen größten Schatz, eine Ausgabe von „Große Erwartungen“, nahezu mit seinem Leben verteidigen. Das bringt ihn dem Buchhändler Sempere näher, der ihn immer wieder mit Lesestoff versorgt. Sempere macht David gegenüber Andeutungen über einen Ort, an dem gefährdete Bücher Schutz finden würden.

 

Als einmal der Artikel für die letzte Seite der Zeitung ausbleibt, erhält David eine Chance, seine literarischen Fähigkeiten zu beweisen – er darf eine Kurzgeschichte schreiben und so entsteht eine ganze Serie. Doch der kleine Erfolg entfremdet ihn von den anderen in der Redaktion. Schließlich wird er sogar entlassen, doch sein Mentor Don Pedro Vidal vermittelt ihn weiter. Vidal fühlt sich David verpflichtet, lässt ihn aber am Anfang über den Grund im Dunkeln. David gerät in die Fänge eines obskuren Verlages, dessen Inhaber ihn mit einem Vertrag dazu knebeln, jeden Monat 200 Seiten einer Krimiserie zu schreiben, die unter einem Pseudonym veröffentlicht werden. Über sechs Jahre.

 

Mit dieser Arbeit hat David Erfolg, doch er ruiniert damit seine Gesundheit und entfernt sich immer weiter von seiner großen Liebe Christina. Er hat aber einen geheimnisvollen Gönner, einen mysteriösen Verleger namens Andreas Corelli, der ihm allerlei Annehmlichkeiten zukommen lässt. Unter anderem auch das Buch, das David einst mit seinem Leben gegen den Vater verteidigte, obwohl dies angeblich von Sempere an den sicheren Ort gebracht wurde.

 

Als ein Arzt ihm klar macht, dass er nicht mehr lange zu leben hat und Christina ihm ihre Not mit seinem Gönner Vidal berichtet, der mit seinem eigenen großen Buch nicht vorankommt, nimmt sich David eine Auszeit. Er diktiert Christina das Buch für Vidal und schreibt ein Eigenes. Doch das Buch Vidals wird ein Erfolg, seines von der Kritik verdammt und als Plagiat von Vidals Werk verdammt. Und Christina heiratet Vidal. Er kann ein letztes Exemplar seines Buches retten, bevor die mickerige Auflage eingestampft wird und es zu Sempere bringen, der ihm den Friedhof der vergessenen Bücher zeigt, auf dem er sein Buch würdig bestatten und ein anderes „adoptieren“ kann.

 

Das Buch „Lux Aeterna“ von einem D. M. drängt sich ihm auf und er nimmt es mit. Corelli macht dem Todkranken ein verlockendes Angebot, doch David ist immer noch an den Vertrag gebunden und seine Gesundheit noch schlechter als jemals zuvor. Doch ein Aufenthalt bei Corelli scheint ihn zu heilen und die Brüder, die ihn mit dem Vertrag geknebelt hatten, kommen bei einem seltsamen Brand ums Leben. David kann sie nun voll und ganz seinem lukrativen neuen Auftrag widmen: ER soll für Corelli ein neues „heiliges Buch“ schreiben. Eine Art Bibel für eine neue Religion.

 

Wie es scheint, hat er es aber schon verfasst... denn Lux Aeterna wurde auf seiner Schreibmaschine geschrieben und scheint eine Art Sammlung für ein eben solches Werk zu sein....

 

 

 

Es ist immer wieder erstaunlich, wie es manchen Autoren gelingt, 700 Seiten zu füllen, in denen nicht viel Spannendes oder Actionreiches geschieht und die doch den Leser völlig für sich einnehmen. Bei denen man nicht in der Lage ist, das Buch beiseite zu legen, bis man mehr über das Schicksal des Protagonisten erfährt, mit dem man leidet liebt und kämpft. Und in dessen Welt man gefangen genommen wird. Was man anderen Autoren als chronische Adjektivitis diagnostizieren würde, wird hier zu bildgewaltiger, poetischer Sprache, die in die Welt des Protagonisten hineinzieht und den Leser an ihr teilhaben lässt.

 

Selbst wenn man Barcelona kennt, wird man hier eine völlig neue Welt finden und die Stadt neu erleben. Auch wenn man die Zeit, in der die Geschichte spielt, nicht kennt, so kann man sie sich doch sehr genau bildlich vorstellen, sowohl von der Optik als auch von der Charakteristik des Lebens in dieser Zeit an diesem Ort.

 

Ohnehin wird in diesem Buch mit der Zeit und ihrem korrekten, geradlinigen Ablauf virtuos gespielt. Sie verläuft für den Protagonisten in Kurven und gelegentlich auch im Rückwärtsgang – oder in einer Parallelwelt, einem Traum. Dadurch kann man auch die Sprünge in der Handlung problemlos nachvollziehen, wenn man erst dem erwachsenen David durch sein trostloses Leben folgt und dann wieder dem Kind, das sich in die Welt der Bücher flüchtet. Es muss so sein, geradezu zwangsläufig.

 

Auch wenn man den Vorgänger „Der Schatten des Windes“ nicht kennt, kann man das Buch lesen und sich davon einnehmen lassen. Wer das erste Buch Zafóns kennt, wird ein paar gute Bekannte wieder treffen, Personen und Orte.

 

Ein traumhaftes, mystisch-mysteriöses Lesevergnügen für lange Winterabende.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404201314232a65b15b
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Titel: Das Spiel des Engels

Reihe: -

Original: El Juego del Ángel

Autor: Carlos Ruiz Zafón

Übersetzer: Aus dem Spanischen von Peter Schwaar

Verlag: S. Fischer (10. November 2008)

Seiten: 720 Gebunden

Titelbild: Unbekannt

ISBN-13: 978-3100954008

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 01.12.2008, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 7857