Liam ist 14 und kann sich nicht erinnern, jemals woanders als im Waisenhaus gelebt zu haben. Hier gibt es weder Fernsehen noch andere moderne Technik. Kontakt zur Außenwelt existiert nicht. Wenn mal jemand adoptiert wird, wird er von den neuen Eltern abgeholt, ohne diese jemals zuvor kennengelernt zu haben. Nie hat sich jemand danach wieder in irgendeiner Weise gemeldet. Nach einem Unfall muss Liam jedoch in ein Krankenhaus gebracht werden. Dort bekommt er eine Nachricht zugesteckt – und ist schon bald mit ein paar Freunden auf der Flucht.
Nina Nohlens Reihenauftakt geht andere Wege, als zumindest ich zuvor vermutet hatte. Dass sich der Titel auf den Protagonisten bezieht, war natürlich zu vermuten, wobei der Begriff »Chimäre« wohl am ehesten in Richtung Fantasy denken ließ. Das erweist sich allerdings als komplett falsch. Viel eher lässt sich das Werk als Science-Fiction-Dystopie einordnen. Eine nähere Begründung lässt sich aber kaum geben, ohne zu viel zu verraten. Nur so viel kann man wohl vorwegnehmen: Bei allen Bewohnern des Waisenhauses handelt es sich um Chimären.
Die Autorin schafft es, ihre Leser wiederholt zu überraschen. Mehrmals wendet sich die Handlung in eine Richtung, die zuvor kaum zu erwarten war. Dabei erzählt die aus einem auktorialen Blickwinkel, wobei Liam als Protagonist stets im Fokus steht. Das genaue Alter seiner Freunde, die mit ihm fliehen, wird leider nicht genannt, doch gewinnt man den Eindruck, dass diese wohl ungefähr gleich alt zu sein scheinen. Das Ende des Bandes lässt dann einige Möglichkeiten offen, wobei zumindest die grundsätzliche Entwicklungsrichtung klar zu sein scheint. (Auch hier sind keine deutlicheren Hinweise möglich, ohne zu spoilern.)