Seit Märchenmond gehören die Romane von Wolfgang Hohlbein und seiner Frau Heike zu den Flaggschiffen von Überreuter und ermöglichen auch die große Akzeptanz gegenüber anderer Fantasy in diesem Verlag. Das Erfolgsrezept des Autorenteams ist einfach: Ein vierzehnjähriger Junge von der Erde kommt willentlich oder unwillentlich in Kontakt mit einem phantastischen Reich, das von einer bösen Macht geknechtet wird. Allein er kann die Dunkelheit vertreiben, aber bis dahin ist es ein weiter Weg.
Der vierzehnjährige Mark klettert, angetrieben durch einen inneren Drang, den er sich nicht erklären kann, auf den Dachfirst des Hauses seiner Eltern und begegnet dort einem düsteren Schatten. Der fegt ihn hinab. Als der Junge wieder erwacht ist er im Krankenhaus, und man versucht ihm einzureden, dass er einen Autounfall hatte.
Doch Mark will nicht daran glauben. Er weiß genau, was er erlebt hat, und beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. So entdeckt er nicht nur ein altes Vermächtnis seiner Familie sondern auch in einer alten Kapelle einen Zugang in eine andere Welt, die paradiesisch sein könnte – wenn nicht ein Monster es beherrschen würde: Der Greif.
Nach vielen Abenteuern mit den Schergen des Greifen und in der Sklavenstadt findet er eine Zuflucht und wird wieder nach Hause geschickt. Dort muss er erkennen, dass die andere Welt bereits Einfluss auf sein Leben genommen hat, Nicht nur, dass einige Diener des Greifen auch auf der Erde zu leben scheinen, auch sein Bruder Thomas scheint im die Geheimnisse der Familie zu wissen. Er erzählt ihm eine schreckliche Geschichte: Ihr Vorfahr Marten, ein Steinmetz habe die Bestie in die Welt gesetzt, als ihn sein Landesherr unrechtmäßig anklagte und einsperren ließ. Der Greif sei die lebendig gewordene Essenz seines Hasses und an ihnen läge es, sie zu vernichten. Doch das ist etwas, an dem schon die anderen Männer der Familie gescheitert sind, einschließlich des vor dreizehn Jahren verschollenen Vaters.
Mark und Thomas wollen trotzdem etwas gegen das Monster unternehmen, doch das Unternehmen scheint von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Am Ende steht der Vierzehnjährige allein auf weiter Flur und niemand will ihm so recht glauben.
Auch Der Greif benutzt das vertraute Erfolgsrezept des in eine andere Welt geratenen Jungen, doch der Roman ist ungleich dunkler als die vergleichbaren Märchenmond-Geschichten. Mark wird viel grausamer bedroht als andere Helden und die Entscheidung, die er am Ende treffen muss ist keine, die unbedingt das Problem aus der Welt schafft. Der Roman überzeugt vor allem durch seine dunkle Atmosphäre. Die Gefahren sind greifbar und ernst, sie wirken sich auf unsere Welt aus und zeigen, was Hass und Missgunst aus Menschen machen kann. Mehr als einmal kommt man ins Gruseln. Handlung und Figuren sind hingegen routiniert und konzipiert und lassen keine Wünsche übrig.
Interessant ist die Verknüpfung mit anderen Romanen. Offensichtlich scheint der Ort »Martens Hof« neben Märchenmond zu einem weiteren festen Bestandteil der Weltenwanderer-Mythologie zu werden und auf allen Ebenen des Hohlbein-Multiversums zu existieren.