Der Krieger der Stille (Autor: Pierre Bordage)
 
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Der Krieger der Stille von Pierre Bordage

Rezension von Carsten Kuhr

 

Während in der Vergangenheit die SF-Reihen fast ausschließlich von angloamerikanischen Autoren besetzt waren, geht der Trend momentan dahin, über den Tellerrand hinauszublicken. Alle großen Verlage suchen nach neuen Themen, nach Romanen, die abseits des Üblichen liegen. Und sie öffnen sich damit Autoren, die eben nicht aus den USA oder England kommen, sondern in Russland, Italien, Indien oder in vorliegendem Fall in Frankreich beheimatet sind.

 

Grosse Weltenschöpfungen mit galaxisweiten Verschwörungen sind gerade wieder en vogue. Was Frank Herbert und Isaac Asimov prägten, das erfreut sich wiedererwachten Interesses. Pierre Bondage präsentiert uns in seinem, von Bestsellerautor Eschbach hoch gelobten Debütwerk ein solch großes Gemälde.

 

Die Menschen haben sich vor Jahrhunderten zu der Konföderation von Naflin zusammengeschlossen. Seitdem herrscht Friede zwischen den Welten der Menschen, der Handel erblüht, der Reichtum wächst. Jetzt aber droht dem Imperium der Untergang. Die Mutanten der Scaythen, genmanipulierte Gedankenleser, die mit ihren PSI-Kräften auch töten können haben sich mit der Kirche des Kreuzes zu einer unheiligen Allianz verschworen. Ihr im Verborgenen reifender Plan der Übernahme der Herrschaftsgewalt an allen Schlüsselstellen und Vernichtung der Menschheit scheint aufzugehen. Nur eine junge, noch nicht fertig ausgebildete Smella entgeht zunächst ihren Häschern. Mit ihren übernatürlichen Gaben, mag sie allein dazu ausersehen sein, den perfiden Plan letztlich doch noch scheitern zu lassen. So beginnt eine gnadenlose Jagt auf die junge Frau. Aggressoren, Verteidiger und Anhänger suchen nach der Flüchtigen. In Tixu, einem jungen, drogenabhängigen Reisekaufmann findet sie einen ersten Helfer in der Not. Nur ihm ist es zu verdanken, dass sie mittels eines Transmitters nach Roter-Punkt, auf die Welt eines der Freunde ihres Vaters fliehen kann. Doch auch hier erwarten sie schon die Häscher der Scaythen und auch die ortsansässigen Sklavenhändler stellen ihr nach. Unter Drogen gesetzt, mit einem heimtückischen Virus gefügig gemacht, landet sie auf den Block des Auktionators. Ihr neuer Eigentümer aber hat nicht viel Freude an seinem Besitz. Nach einem wilden Gefecht wird sie zur Zitadelle der Stille gebracht - der Heimat des Ritterordens der Absolution. Und hier findet sie das erste Mal in ihrem Leben Liebe, aber Verrat und Verfolgung drohen auch innerhalb der schützenden Mauern des Klosters...

 

Bordage geht seinen Roman behäbig an. In miteinander nicht zusammenhängenden Szenen berichtet er uns von den Vorkommnissen auf verschiedenen Planeten. Wir begegnen despotischen Herrschern, die voller Arroganz und Egozentrik längst den Kontakt zu ihren Untertanen verloren haben, und die offensichtlichen Gefahren, die von der erstarkenden Kirche des Kreuzes und deren Gedanken lesender Verbündeter ausgeht, negieren. Solange sie ihr sorgenfreies Leben voller Ausschweifungen und Völlerei leben dürfen, interessiert sie die Bedrohung nicht.

 

Durch die vielen, zunächst kaum miteinander verbundenen Beschreibungen von Vorkommnissen erhält der Leser ein sehr vielschichtiges Bild des Imperiums. Zwar ist der ständige Perspektivenwechsel ungewohnt, nötigt dem Leser ab sich immer wieder auf neue Begebenheiten und Personen einzulassen, trägt aber eben deshalb dazu bei, die Situation deutlich zu machen, die ständig unterschwellig wachsende Bedrohung durch die Aggressoren aufzubauen. Das führt im ersten Drittel des Buches dazu, dass sich das Werk uneinheitlich präsentiert, dass ich mich mehrmals gefragt habe, was das ständige Anreißen neuer Plots soll und versucht war, das dadurch schwierig zu lesende Buch aus der Hand zu legen. Ein wirklich packender Protagonist war nicht erkennbar, Tixu, der am ehesten diese Rolle ausfüllen könnte, ist wahrlich kein Held alter Schule. Er, der sich selbst aufgegeben hat, der vom Schicksal dazu auserkoren wurde, meist gegen seinen Willen und hilflos den Geschehnissen ausgesetzt einen entscheidenden Part der Handlung zu übernehmen dauert uns mehr, als dass er uns fasziniert.

 

Zunächst unmerklich, dann aber immer deutlicher entwickelt die Handlung Spannung, Tempo und Faszination. Nachdem im ersten Drittel die Situation umfassend beschrieben wurde, kommt mit der Machtübernahme der Scaythen und den inneren Konflikten zwischen den Aliens und den ultra-orthodoxen Klerikern der Kirche des Kreuzes zu interessanten Ent- und Verwicklungen.

 

Immer mehr offenbart sich uns ein Imperium, das getrieben von persönlichen Machtstreben Einzelner ohne Rücksicht auf Verlust herabgewirtschaftet wird. Neben der deutlichen Warnung vor religiösem Fundamentalismus weiß vornehmlich der komplexe, letztlich auch in Einzelheiten, überzeugende, differenzierte Weltenentwurf zu faszinieren.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419062513bac2a39d
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Buch:

Der Krieger der Stille

Autor: Pierre Bordage

Original: Les Guerriers du Silance

Übersetzerin: Ingeborg Ebel

Titelillustration: Stephan Martiniere

Heyne Verlag, Mai 2007

Paperback, 752 Seiten

ISBN-10: 3453530500

ISBN-13: 978-3453530508

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 16.05.2007, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52, 3878