Der Student von Prag (Autoren: Hanns-Heinz Ewers und Leonard Langheinrich-Anthos; Gruselkabinett 175)
 
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Der Student von Prag von Hanns-Heinz Ewers und Leonard Langheinrich-Anthos

Hörspiel

Reihe: Gruselkabinett 175

 

Rezension von Cronn

 

Hanns-Heinz Ewers gilt in der germanistischen Welt der Literaturwissenschaft als ein umstrittener Schriftsteller. Mit seinen gewagten, oft plakativen Werken hat er sich in den frühen Jahren des 20ten Jahrhunderts eine treue Fangemeinde erschrieben. Dabei sind seine Geschichten und Romane tatsächlich vom Willen nach dem Effekt getragen, das Suchen nach dem Skandal wirkt teilweise stark aufgesetzt. Dennoch ist sein Schreiben auch intensiv und packend. Sein Liebäugeln mit den Nationalsozialisten allerdings machte ihn nach dem Zweiten Weltkrieg umso angreifbarer und gibt einem Teil seines Gesamtwerks einen unangenehmen Beigeschmack.

Weniger bekannt ist bei vielen, dass Hanns-Heinz Ewers nicht nur den Bohemien und Bürgerschreck mimte, sondern auch Regisseur war. Sein Film Der Student von Prag gilt als erster Autorenfilm und wurde 1913 realisiert, sowie im Jahr 1926 als Remake neu gedreht.

 

Marc Gruppe hat sich daran gemacht, diesen Film als Hörspiel in der Reihe Gruselkabinett aufzulegen. Wie gelungen ist die Adaption?

 

Verlagsinfo:

Prag 1820: Der lebenshungrige Student Balduin träumt von seinem gesellschaftlichen Aufstieg und einer Liaison mit der Komtesse Margit. Auf das Angebot des ominösen Scapinelli, ihm hunderttausend Gulden gegen einen Gegenstand in Balduins Studentenbude zu überlassen, geht dieser daher leichten Herzens ein. Zu spät merkt Balduin, dass er dem Teufel persönlich sein Spiegelbild verkauft hat, und dieses jetzt ein todbringendes Eigenleben führt …

 

Kritik:

Manchmal ist weniger mehr. Mit dieser Alltagsweisheit könnte man das Hörspiel Der Student von Prag beschreiben. Einige dramaturgische und technische Entscheidungen sind unglücklich und stehen dem Erfolg des Hörspiels im Weg.

 

Das beginnt mit einer atmosphärischen Schilderung eines namentlich nicht näher benannten Erzählers, der auf dem Prager Friedhof das Grab des Studenten Balduin aufsucht. Wird zu Anfang sehr gelungen eine Atmosphäre aufgebaut und auch musikalisch stimmig unterstützt, so kippt die gelungene Exposition, als die Stimmen aus der Vergangenheit auftauchen. Es wird ein Zuviel an Andeutungen, Erklärungen und auch die Bilderdichte des Erzählers bei den von Moos überwucherten, von Fledermäusen umflatterten Grabsteinen wirkt klischeehaft abgedroschen.

 

Später aber gelingen gute Momentaufnahmen einer anderen Zeit. Dazu tragen die gelungenen Stimmen von Tim Schwarzmaier, Sigrid Burkholder, Janina Sachau sowie Willi Röbke, Horst Naumann, Nicolas König, Patrick Bach, Jonas Minthe, Bernd Kreibich, Beate Gerlach, Marc Gruppe, Dana Fischer, Silke Horvath und auch der Erzähler Peter Weis ihren Teil dazu bei. Besonders farblich wird die Rolle der Schankwirtin ausgefüllt, aber auch die Sprecherin der Lyduschka kann überzeugen.

 

Die Erzählung wird dann im Verlauf des Hörspiels aber langatmig. Eine Entschlackung einiger Momente hätte der Stringenz des Hörspiels und damit dem angestrebten Effekt gutgetan. Gegen Ende des Hörspiels erfolgt dann eine schwerwiegende Entscheidung bezüglich des Sounddesigns: Die musikalische Untermalung, bis dato eh schon sehr oft auffällig und aufdringlich im Ohr, belegt überdeutlich das Gehör des Rezipienten und übertüncht den Showdown der Schwarzen Messe mit unpassend gewählter Musik. Auf diese Weise gehen dramaturgische Betonungen der Erzählers im Einheitsbrei des Sounds verloren. Sehr schade.

 

Fazit:

»Der Student von Prag« ist ein nur mäßig gelungenes Hörspiel, das zwar von vital agierenden Sprechern lebt, aber von Längen der Dramaturgie und unglücklichen Designentscheidungen beim Sound stark eingetrübt wird.

 

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Hörspiel:

Der Student von Prag

Reihe: Gruselkabinett Folge 175

Autoren: Hanns-Heinz Ewers und Leonard Langheinrich-Anthos

Laufzeit: 89.47 Minuten

Buch: Marc Gruppe

Produktion und Regie: Stephan Bosenius und Marc Gruppe

Gemischt von Kazuya c/o Bionic Beats

Mastering: Michael Schwabe, Monoposto

Cover-Illustration: Ralf Nievelstein

Layout: Doreen Enderlein

Titania Medien, 26.11.2021

 

ISBN-10: 378578385X

ISBN-13: 978-3785783856

 

Erhältlich bei Amazon

Sprecher·innen:

  • Erzähler: Peter Weis

  • Balduin: Tim Schwarzmaier

  • Zavrel: Jonas Minthe

  • von Dahl: Patrick Bach

  • Bozena: Beate Gerlach

  • Lyduschka: Janina Sachau

  • Scapinelli: Willi Röbke

  • Graf Schwarzenberg: Horst Naumann

  • Komtesse Margit: Sigrid Burkholder

  • Baron Waldis Schwarzenberg: Nicolas König

  • Fax: Bernd Kreibich

  • Diener und Kapellenbesucher: Marc Gruppe

  • Kapellenbesucherinen: Dana Fischer und Silke Horvath

Serienguide:

Geister, Gräber und Gelehrte. Titania Mediens Gruselkabinett wird 50

Alles zur Reihe Gruselkabinett


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Erstellt: 01.01.2022, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 20468