Der Vampyr von Wolfgang Hohlbein
Reihe: Die Chronik der Unsterblichen Bd.2
Rezension von Christoph Fischer
Klappentext:
Osteuropa im 15. Jahrhundert.
Als der Inquisitor den Befehl gibt, "die Hexen zu verbrennen", besiegelt er damit auch Andrejs Schicksal.
Eben noch zum erbitterten Kampf gegen den grausamen Piratenkapitän Abu Dun gezwungen, muss er nun Seite an Seite mit dem schwarzen Riesen gegen eine viel schrecklichere Gefahr kämpfen. Plötzlich stehen nicht nur sein Leben und das seines Schützlings Frederic auf dem Spiel, sondern das Schicksal ganz Transsilvaniens - und damit auch das seiner geliebten Maria, die zum Spielball finsterer Mächte zu werden droht.
Auf der Suchen nach ihr stößt Andrej mitten ins Zentrum gewaltiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen osmanischen Reiterhorden und transsilvanischen Truppen.
Als ihn der düstere Fürst Dracul in seine finsteren Zwecke einspannt, droht er vollends zwischen den Mühlsteinen der feindlichen Heere zermahlen zu werden. Während Andrej alles daran setzt, um die widerstrebende Maria zu retten, stößt er auf das unfassbare Geheimnis der Unsterblichkeit. Bei dem Versuch, es vor dem gefährlichen Dracul zu verbergen, gerät alles außer Kontrolle. Bis sich der Vampyr in ihm selbst zu regen beginnt...
Inhaltsangabe:
Der Schwertkämpfer Andrej und der kleine Junge Frederic geraten während der Verfolgung eines Sklavenschiffes, welches die überlebenden Familien des grausamen Angriffes der Inquisition auf das Dorf Borsã verschleppt, in die Hände des Piratenkapitän Abu Dun. Gerade als eine friedliche Lösung mit Abu Dun in Sicht ist, womit die Gefangenen so gut wie gerettet währen, taucht eine neue noch gefahrvollere Bedrohung auf.
Ein Furcht einflößender Ritter vom Drachenorden in blutroter Rüstung erscheint in Begleitung des Inquisitors Domenicus. Als Domenicus den Befehl gibt, „die Hexen zu verbrennen“, besiegelt er damit endgültig das Schicksal der übrigen Dorfbewohner. Nur Andrej, Frederic und Abu Dun überleben den grausamen Angriff. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Ritter in der blutroten Rüstung um Vergeltung zu üben.
Ihr Weg führt sie dabei immer weiter nach Osten, mitten ins Zentrum gewaltiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen osmanischen Reiterhorden und transsilvanischen Truppen. In Siebenbürgen gelingt es Andrej und Abu Dun tatsächlich den Drachenritter Vlad Dracul aufzuspüren. Aber der nimmt die Verfolger in einem Hinterhalt gefangen. In seiner Burg angekommen, setzt der dunkle Fürst Dracul alles daran, dass düstere Geheimnis unsterblicher Existenz zu ergründen.
Andrej gelingt es den Schauplatz des Schreckens zu verlassen. Doch Frederic und Maria, die Schwester Domenicus in die sich Andrej bereits im ersten Band verliebt hat, bleiben in den Fängen Draculs, der nicht umsonst den Beinamen der Pfähler hat, zurück …
Beurteilung:
Der Roman ist gebunden und die Schrift sehr gut lesbar. Das Seitenlayout ist, wie bereits im ersten Band, meiner Meinung nach etwas zu großzügig ausgefallen: an den Seitenrändern wurde viel Platz gelassen, wodurch die Seitenanzahl künstlich erhöht wird.
Auf der Vorderseite zeigt das schlichte Cover einen alten Friedhof mit Holzkreuzen, wie er in Transsilvanien stehen könnte. Das stimmungsvolle Foto fängt die geheimnisvolle und düstere Stimmung des Romans sehr gut ein. Beim Betrachten fühlt man sich sofort in klassische Vampirszenen versetzt.
Der Klappentext ist im Vergleich zu dem des ersten Bandes deutlich besser. Nur der Satz „Bei dem Versuch, es [gemeint ist das Geheimnis der Unsterblichkeit] vor dem gefährlichen Dracul zu verbergen, gerät alles außer Kontrolle.“ hätte man sich sparen können, da sich bereits viel früher alles der Kontrolle Andrej entzogen hat und Dracul zu diesem Zeitpunkt bereits weiß „Was“ er ist.
Die „Chronik der Unsterblichen“ stammt vom 1953 in Weimar geborenen Schriftsteller Wolfgang Hohlbein. Mit seinem Roman „Märchenmond“, den er zusammen mit seiner Frau Heike verfasste, gewann er 1983 den ersten Preis beim Ueberreuter -Science Fiction- und Fantasy -Wettbewerb. Weil inzwischen seine Bücher eine Gesamtauflage von über 8 Millionen Exemplaren erreicht hat, zählt er zu Deutschlands erfolgreichsten Autoren phantastischer Geschichten. Mit der „Chronik der Unsterblichen“ widmet sich Hohlbein dem Mythos der „Unsterblichen“. Diese leben schon seit Ewigkeiten unter den Sterblichen und fechten einen Krieg untereinander aus - frei nach dem Motto der bekannten Kinofilme „Highlander“ zum gleichen Thema: „Es kann nur einen geben!“
Der Tendenz des ersten Romans „Am Abgrund“ folgend, wandert der Erzählstill der Geschichte weg von den Unsterblichen, wie man sie aus „Highlander“ kennt, hin zu den Vampiren. Dies ist nicht nur auf den Titel zurückzuführen, sondern z.B. auch auf das Auftauchen der historisch berüchtigten Person Vladimir Tepes der IV. Weil dessen Vater Vlad II. dem Drachenorden als Ritter angehörte, wurde ihm der Beinamen Dracul (Drache) gegeben. Vlad IV nannte sich selber Draculea (gleicher Drache). Seine bevorzugte Methode mit Feinden umzugehen war sie bei lebendigem Leibe zu pfählen, was ihm den Zusatznamen "Vlad - der Pfähler" einbrachte.
In der Geschichte wirft Hohlbein aber ein paar dieser Fakten durcheinander. Doch damit ist er in guter Gesellschaft. Bereits Abraham "Bram" Stoker bediente sich dieser historischen Person, als er 1897 seinen umfangreichen Vampirroman „Dracula“ veröffentlichte. Dabei nahm auch er manche historischen Fakten nicht so genau und begründete u.a. unser heutiges Bild vom klassischen Vampir.
Im zweiten Band der Chronik ist mir aufgefallen, dass sich manche Ungereimtheit in die Geschichte eingeschlichen hat. Im vorherigen Roman „Am Abgrund“ erfuhr der Leser, dass Andrej viele Jahre zurückgezogen in den Bergen lebte und davor nicht weit in der Welt rumgekommen war. Es hatte ihn nur bis nach Rotthurn verschlagen. Der Ort, in dem der angebliche Kirchenraub stattfand, weswegen später Andrej in seinem Heimatdorf nicht mehr Willkommen war. Davon mal abgesehen, dass leider im ersten und auch nicht im zweiten Band auf die damaligen Umstände des Kirchenraubs eingegangen wird und der Kirchenraub als ungeklärtes Rätsel in der Luft stehen bleibt, wandelt sich Andrej in „Der Vampyr“ zum erfahrenen Mann von Welt. Ein Mann, der plötzlich schon auf vielen Schiffen war und bereits am Geruch erkennt das, dass Schiff, welches sie verfolgen, kein einfaches Händlerschiff ist.
Als Andrej in der Nacht zu dem in der Mitte der Donau vor Anker gegangenem Sklavenschiff schwimmt, hat er seine Liebe Not damit es zu erreichen. Erst beim dritten Anlauf gelingt es und zur Erhöhung der Dramatik wäre Andrej dabei fast im eiskalten Wasser ertrunken. Später taucht dann genau im ungünstigsten Moment Frederic auf dem Schiff auf und wird natürlich geschnappt. Doch verwunderlich bei diesen Geschehnissen ist, dass im vorherigen Roman Frederic noch nicht schwimmen konnte und es von Andrej lernen wollte. Da stellt sich die Frage wo Frederic zwischen den Zeilen so gut schwimmen gelernt hat, da doch bei der Verfolgungsjagd dafür gar keine Zeit gewesen sein sollte? Und warum kommt ein Erwachsener Mann, der nach eigener Aussage ein sehr guter Schwimmer ist, nur mit erheblichen Problemen zum Schiff und ein Kind anscheinend ohne Zwischenfälle?
Ein weiterer Punkt, denn ich nicht nachvollziehen kann ist, dass Andrej viel zu Nachsichtig mit Frederic ist. Dieses Verhalten findet seinen Höhepunkt am Ende des Romans, als sich Andrej fragt „Was hatten sie erschaffen?“. Auf der einen Seite töten Andrej und Abu Dun jeden Gegner ohne mit der Wimper zu zucken und dann lassen sie ein unsterbliches „Monster“ auf die Welt los. Entweder ist Andrej ein Narr oder sehr wankelmütig.
Fazit:
Trotzdem ist „Der Vampyr“ eine spannende Geschichte und eine gekonnte Fortsetzung des ersten Romans. Im Laufe der Geschichte greift Hohlbein nochmals so richtig tief in die Intrigenkiste, die für den Leser einige Überraschungen bereit hält. Die Beschreibungen der Schauplätze sind stimmungsvoll und man fühlt sich an den Ort des Geschehens versetzt. Man glaubt förmlich den Schlachtenlärm zu hören, als die osmanischen Reiterhorden auf die transsilvanischen Truppen stoßen, oder den Gestank in den engen Verliesen zu riechen.
Den ersten Roman der „Chronik der Unsterblichen“ sollte man bereits gelesen haben, um die Handlung verfolgen zu können, die nahtlos vom ersten in den zweiten Teil der Chronik übergreift. Ohne die Vorkenntnisse aus „Am Abgrund“ ist die Geschichte nicht leicht nachvollziehbar und die zwischen charakterlichen Beziehungen nur sehr schwer einzuordnen.
Nach oben