Der Zauber von Richard Lee Byers

Reihe: Vergessene Reiche - Das Jahr der Abtrünnigen Drachen Bd. 2

Rezension von Roland Leikauf

 

Mit Der Zauber geht die thematisch auf Drachen zentrierte Roman-Serie, welche in der Kampagnenwelt Forgotten Realms angesiedelt ist, in die zweite Runde. Das "Jahr der abtrünnigen Drachen" ist hier bereits im vollen Gange. Autor Richard Lee Byers schickt die aus dem Vorgängerroman bekannte ungewöhnliche Abenteurergruppe (ein Halbgolem, ein Eiszwerg, ein geflügelter Elf, ein Halbling und eine Drachenbardin) quer durch die Reiche, um gegen die Machenschaften des mysteriösen Drachenkultes anzukämpfen. Das ganze Geschehen konzentriert sich dabei auf Gebiete nördlich des Mondsees, auch wenn zusätzlich noch einige deutlich übernatürliche Regionen bereist werden müssen.

 

Der Inhalt der Geschichte soll hier nicht zu intensiv behandelt werden, um dem Leser nicht den Spaß an dem Buch zu verderben. In Damara muss gegen ein plötzlich eindringendes Heer aus Nichtmenschen und drachischen Verbündeten vorgegangen werden, und der König des Landes scheint tot oder zumindest schwer verletzt. Außerdem hat sich eine große Drachenstreitmacht über einem abgelegenen Kloster versammelt, um dort Hinweise zu vernichten, die ansonsten den ganzen perfiden Plan des Drachenkults ins Wanken bringen könnten.

 

Insgesamt ist die Geschichte wie schon der Vorgänger flüssig und actionreich geschrieben. Da bleibt oft wenig Zeit für die Charaktere und deren spezifische Eigenarten. Muße für charakterliche Entwicklung der Protagonisten kann oder will sich Byers nicht leisten - wenn der Hauptprotagonist schließlich doch eine gewichtige Entscheidung trifft, die eigentlich gegen seine ganze bisherige Überzeugung verstößt, wird das in knappen Sätzen abgehandelt. Es hätte genügend interessante Aspekte der Charaktere gegeben, auf die während der Handlung zumindest am Rande hätte eingegangen werden können. Dass dem nicht so ist, lässt den Leser ein wenig verwirrt und oft nicht wenig enttäuscht zurück.

 

Was sich gegenüber dem Vorgänger gebessert hat, ist die Art des Autors, auf die Besonderheiten des D&D-Regelwerkes einzugehen. Die im Rollenspiel übliche Zauberei wird nun flüssig und natürlich in die Geschichte eingebunden, und nicht mehr ganz so auffällig erzählt, wie noch im Vorgängerroman. Auch die Übersetzung hat sich gebessert. Grobe Schnitzer wie in Band eins finden sich hier nicht. Ein wenig problematisch sind immer noch die relativ wortgetreuen Übersetzungen der Namen, aber selbst wenn man immer noch ein wenig zusammen zuckt, wenn Personen namens Drehstein oder Lenzhügel auftauchen, waren solche Entscheidungen ja bereits im Vorgängerroman getroffen und sind Byers hier nicht mehr anzulasten.

 

Fazit

Insgesamt ist auch der zweite Beitrag zu dem von Wizards of the Coast ausgerufenen "Year of Rogue Dragons" ein unterhaltsamer Action-Fantasy-Roman, der ein wenig hinter seinem eigentlichen Potential zurückbleibt. Wer sich für Zwischendurch ein Fantasy-Buch ohne große Ansprüche gönnen möchte (oder als Forgotten Realms Komplettist sowieso alle Bücher sammelt), wird hier nicht wirklich enttäuscht. Trotzdem darf man von einem erfahrenen Autor wie Richard Lee Byers mehr erwarten. Wer auf der Suche nach einem neuen Klassiker der Forgotten Realms Romanreihe ist, wird mit Der Zauber keinesfalls glücklich werden.

Nach oben