Die andere Farm der Tiere von Jane Doe

Rezension von Christian Endres

 

Wir alle kennen die Szene aus George Orwells weltliterarischem Klassiker »Die Farm der Tiere« (oder zumindest aus dem nicht weniger klassischen oder berühmten Zeichentrickfilm), als der kluge weiße Eber Schneeball von den anderen Schweinen verstoßen wird und man ihm die Dobermänner auf den Hals hetzt. Nur in letzter Sekunde kann das weiße Hausschwein durch ein Loch in der Hecke entkommen, während die mächtigen Hundekiefer vergebens nach ihm schnappen.

 

Wie es mit Orwells Farm weiter ging, ist allgemein bekannt. Doch was geschah mit dem Denker und Planer Schneeball, nachdem man ihn dergestalt von der Farm der Tiere vertrieben hatte? Nun, geht es nach der amerikanischen Autorin Jane Doe, dann traf Schneeball ein paar Waschbären, Eichhörnchen, Hirsche, Bären, einen Raben und sogar einen Affen, die zusammen im höhlenartigen Camp Cave leben und einen Widerstand gegen die Menschen formen, die ihren Wald kahl schlagen wollten. In »Die andere Farm der Tiere« hat sich Jane Doe Schneeballs (fortan Pancho) weiterem Schicksal angenommen und es mit den Geschicken einer anderen, anarchistischen Tierbewegung und einer anderen aufmüpfigen Farm verknüpft...

 

Kleinverlag trifft Kleinverlag. Sowohl im Original, als auch in der deutschen Übersetzung (liebevoll durch Innenillustrationen veredelt) erschien Jane Does »Anarchist Farm« bzw. eben »Die andere Farm der Tiere« in wohl eher bescheidener, überschaubarer Auflage abseits des großverlegerischen Mainstreams. Ein Grund mehr, den Scheinwerfer auf das mal kluge, mal verspielte Werk zu richten, das geschickt mit Orwells Vorlage hantiert und trotzdem seine eigene Stimme findet. Stilistisch mag da der eine oder andere Fauxpas dabei sein, und hier und da hat die Geschichte auch ein paar Längen – die Ausarbeitung der Idee überzeugt alles in allem trotzdem.

 

Und auch wenn Does Charaktere längst nicht so stark wie die von Orwell sind, so präsentiert Doe dafür doch einige wirklich wunderbar kreative Ideen, Anspielungen und Details, mit denen sie ihre Geschichte um die anarchistische Revolution der Wild- und Nutztiere stark aufwertet. Mal sind diese Ideen ebenso clever wie fantasievoll mit der Orwellschen Originalparabel von 1945 verquickt – mal ist es aber auch einfach nur süß oder packend und vereinnahmend, etwa wenn die Eichhörnchen die Wildtiere von Camp Cave mit Eicheln versorgen und bekochen oder Pancho/›Ex-Schneeball‹ über sich selbst und seine festgefahrenen Gedanken hinaus wächst.

 

Ein anarchistisches Kleinod im Schatten von Orwells ›Großen Bruder‹.

 

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