Die Fabelinsel von James Krüss
Rezension von Heike Rau
Mitten in der Südsee erleiden die Passagiere Schiffbruch. Frau Schäffle Herr Bussmayer, Herr Pilz und die Geschwister Tommy und Thekla können sich auf eine Insel retten. Die Insel hat Kokospalmen und damit alles, was man zum Überleben braucht. Mann kann das Fleisch der Kokosnüsse essen, die Milch trinken und aus den Blättern Hütten bauen. Der kleinen Gruppe gefällt das Leben auf der Insel. Aber als sich alle eingerichtet haben, kehrt Langeweile ein. Was soll man nur den ganzen Tag machen?
Frau Schäffle macht den Vorschlag, sich Geschichten zu erzählen. Und zwar Fabel, damit man auch was lernt. Zuerst werden sieben Fabeln erzählt, für jeden Tag der Woche eine. Es folgen zehn Fabelgesänge, für jeden Finger der beiden Hände einen. Danach kamen zwölf Fabeln und zwar für jede Stunde des Tages eine. Dann ist es eigentlich genug. Keiner hat mehr Lust zum Erzählen. Ab und zu hat man ein Schiff am Horizont vorbeifahren sehen. Doch ist es nicht gelungen, die Aufmerksamkeit auf die Insel zu lenken. Dabei haben die fünf Palmwedel aufgeschichtet und Feuer gemacht. Sogar ein SOS-Zeichen ist an einem Hang entstanden.
Es nutzt alles nichts, irgendwie muss man weiter die Langeweile vertreiben. Also werden sechsundzwanzig Fabeln gedichtet, eine für jeden Buchstaben, den das Alphabet hat. Dann, weil immer noch kein rettendes Schiff zur Insel gekommen ist, zweiundfünfzig ganz kurze gereimte Fabeln für jeden Sonntag im Jahr. Und dann? Ob nun endlich ein Schiff kommt?
Die Fabeln sind eingebettet in eine schöne Geschichte, die auf einer Südseeinsel spielt, auf der es sich gut leben ließe, wenn da nur die Langeweile nicht wäre. Die drei Erwachsenen und die zwei Kinder haben alle, wie sich herausstellt, Talent Geschichten zu erfinden und zu erzählen. Dabei kommen die Fabeln ganz verschieden daher. Mal lang, mal kurz und auch zu Versen gereimt.
Die erste Fabel „Die Geschichte vom Adler und der Taube“, unterteilt in sieben Abschnitte, ist ausgesprochen spannend. Ein Adler hat eine Taube in die Enge getrieben, die nun um ihr Überleben kämpft. Mit dem Erzählen von Geschichten hält sie den Adler davon ab, sie zu fressen. Die gewonnene Zeit nutzt sie, und versucht, sich zu befreien.
Auch die folgende Geschichte „Der Sängerkrieg der Heidehasen“ unterteilt in zehn gereimte Gesänge, liest man gern, geht es doch um eine Prinzessin, die erobert werden will. Nur ist einer, der am Wettstreit beteiligten alles andere als ehrlich.
Danach scheint das Ausdenken der Geschichten schon schwerer zu fallen. Manches wirkt, wie aus dem Stegreif formuliert. Manchmal auch scheint die Fantasie mit den Schiffbrüchigen durchzugehen.
Schade, dass es nicht noch mehr Illustrationen gibt. Die etwas sparsam verteilten, gefallen nämlich ausgesprochen gut.
Es ist kein Buch, das man im Ganzen liest. Vielmehr sollte man sich immer einem Abschnitt widmen. Auch die Schiffbrüchigen brauchten ja Zeit, um sich die Fabeln auszudenken.
Größere Kinder können selbstständig im Buch lesen. Jüngeren sollte man die Geschichten aber eher vorlesen. Denn manches erschließt sich inhaltlich für Kinder sicher nicht sofort. Viele der Fabeln regen zum Diskutieren an. Es lohnt sich über mache Geschichte tiefgründiger nachzudenken. Viele sind nicht nur amüsant, sondern auch sehr lehrreich.
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