Die Fahrt des LEVIATHAN von Oliver Henkel
Rezension von Christel Scheja
Bereits mit „Im Jahre Ragnarök“ machte Oliver Henkel als Autor von Alternativwelt-Romanen auf sich aufmerksam. Auch sein zweites Werk „Die Fahrt des Leviathan“ schlägt in diese Kerbe und verbindet geschichtliche Figuren und Ereignisse mit der Frage „Was wäre wenn?“
In diesem Fall gehört South-Carolina im Jahre 1862 nicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern ist die preussische Kolonie Karolina. Mit Sorge beobachtet Major Wilhelm Pfeyfer die Entwicklungen um sich herum. Die Amerikaner liegen im Krieg miteinander. Nord- und Südstaaten bekämpfen sich nur aus einem Grund – dem Halten von Sklaven.
Auch in Karolina ist es nicht üblich, Menschen in Ketten zu legen und zur Arbeit zu zwingen und es gibt immer wieder Probleme an den Grenzen, wenn ein Farbiger es schafft, auf preussisches Hoheitsgebiet zu gelangen, ehe die Sklavenhalter ihn aufhalten können. Mit einem solchen Zwischenfall werden die neuen Probleme eingeleitet.
Nicht nur, dass Pfeyfer dafür sorgen muss, dass König Wilhelm und Kronprinz Friedrich die Kolonie besuchen, in Sicherheit sind, es mehren sich auch die Zeichen, dass Bewohner Karolinas mit den Südstaatlern paktieren.
Da streift die „Great Eastern“, ihres Zeichens das größte Schiff ihrer Zeit einen Felsen und schlägt leck. Könnte das ein Attentatsversuch auf den Preussenkönig sein, oder steckt mehr dahinter.
Zumindest ist es der Anfang einer groß angelegten Intrige, mit der die Sezessionisten den Yankees in New York einen schweren Schlag versetzen wollen. Und die Preussen sollen dabei mithelfen. Doch kann der materielle Gewinn einiger wirklich die politischen Folgen für alle Bewohner Karolinas aufwiegen?
Auf mehreren Handlungsebenen erzählt Oliver Henkel die Entwicklungen und vermischt historische Wahrheiten mit eigenen Ideen. Viele der im Buch auftauchenden Figuren gibt es wirklich, andere wieder sind frei erfunden und helfen mit dabei, die Geschichte in Gang zu bringen, so wie Doktor Täuberich, der zu einem Spion wieder Willen werden muss, Major Pfeyfer, der mehrere folgenschwere Ereignisse treffen muss und die junge Lehrerin Amalia, die hofft in Karolina ein spannendes Leben führen zu können.
Glaubwürdig und nachvollziehbar setzt der Autor die Intrigen in Gang. Auch wenn er alles minutiös erzählt, so wird das Buch doch niemals langweilig. Eher im Gegenteil, man mag den dicken Wälzer dank der überschaubaren Kapitel und klaren Handlungsebenen nicht mehr aus der Hand legen.
Auch das Ambiente stimmt. Denken und Fühlen der Menschen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind gut nachempfunden, auch die Umgebung ist sehr lebendig geschildert. Man hat durchaus das Gefühl in einer echten Kulisse zu stehen.
Alles in allem macht es Spaß der spannende Geschichte zu folgen – die einen Blick auf die Gesellschaft mit politischen Entwicklungen vermischt, Actionszenen mit Intrigenspinnerei abwechselt und dabei schließlich auch eine kleine Liebesgeschichte nicht vergisst.
Damit ist „Die Fahrt des Leviathan“ ein lesenswerter Alternativ-Welt-Roman, der viel Spannung und eine glaubwürdige Kulisse bietet, die man dem Autor gerne als wahr abnehmen möchte.
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