Die Todeskarte (Autor: Glenn Chandler)
 
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Die Todeskarte von Glenn Chandler

Rezension von Eileen Weinreich

 

Inhalt

Detective Inspector Steve Madden ist weit davon entfernt, an Übersinnliches zu glauben. So ist er zunächst auch nicht sonderlich begeistert, als die Wahrsagerin Lavinia Roberts ihn zu sich bittet, um ihm spirituelle Erkenntnisse mitzuteilen. Was sie ihm zu sagen hat, klingt zunächst unglaublich: Vor kurzem hat sie einem jungen Mann die Tarotkarten gelegt und gesehen, dass eben jener Mann einen Mord begehen wird. Weiterhin sagt sie, er habe einfach böse auf sie gewirkt. Madden nimmt diese Vorhersage erstmal nicht ernst. Dies ändert sich, als Lavinia Roberts tot aufgefunden wird – erschlagen beim Kartenlegen.

Recht bald führt die Spur zu einem durchgeknallten Typen namens Michael Bird, der allerdings vehement abstreitet, irgendetwas mit dem Mord zutun zu haben. Allerdings tun sich weitere Verdächtige auf, so z.B. der Schwiegersohn der Wahrsagerin. Trotz vieler Vermutungen und Indizien, ergibt sich jedoch nichts Handfestes. Die Situation spitzt sich zu, als ein kleiner Junge tot aufgefunden wird – man hat das Herz aus der Brust gerissen. Die Tat eines Satanisten?

 

Kritik

Direkt nach Beginn des Lesens wird klar, dass der Autor Glenn Chandler, ein Schotte, versucht, in seinem Roman zwei Themen miteinander zu verknüpfen. Dabei bettet er einen rätselhaften Mordfall in einen übersinnlichen Rahmen, sodass man als Leser nicht umhin kommt, sich zu fragen, ob beides wirklich etwas miteinander zu tun hat. Normalerweise ist man es grade im Genre Thriller gewohnt, dass die Handlung sich um harte Fakten dreht, bei denen es einfach keinen Platz für Übersinnliches gibt. Nach der Lektüre von „Die Todeskarte“ wird auch schnell klar, warum das so ist. Es scheint beides einfach nicht zueinander zu passen. So gewinnt der Kriminalfall einfach zusehends an Lächerlichkeit. Man kann und möchte weder den Mord noch den ermittelnden Polizisten ernst nehmen. Begünstigt wird dies durch die Tatsache, dass sich Steve Madden, der Protagonist, ganz offensichtlich nicht entscheiden kann, ob er nun ans Wahrsagen glaubt oder eben nicht. Dadurch verliert er viel an Glaubwürdigkeit. Halbwegs nachvollziehbar erscheint zwar, dass er an die Äußerung der Toten, sein ermordeter Sohn würde aus dem Jenseits über ihn wachen und habe ihm verziehen, glauben möchte, um sich zu trösten. Zusammen mit den Witzen, die er teilweise über die ganze Materie Magie reißt, wird dieser Fakt jedoch wieder entschärft und man weiß als Leser nicht so richtig, woran man eigentlich mit diesem Mann ist. Geschickter wäre es sicherlich gewesen, ihn eine Art Weiterentwicklung durchmachen zu lassen – quasi vom Rationalist zu jemandem, der sich eingestehen kann, dass es zwischen Himmel und Erde mehr geben muss. Man hat das ganze Buch über den Eindruck, Madden wisse selbst nicht, wer er ist.

Hinzu kommt noch, dass der Polizist nicht grade ein Sympathieträger ist. Dies rührt vor allem von dem Fakt her, dass er der festen Überzeugung ist, die Ermordung seines Sohnes habe den positiven Effekt gehabt, dass er sich seiner Exfrau wieder angenähert hat. So wird er auch nicht müde, dies immer und immer wieder zu betonen. Auch schert er sich nicht darum, dass sie längst wieder verheiratet ist und macht ihr weiterhin eindeutige Avancen. All diese Fakten bewirken im Endeffekt, dass Madden nicht nur eine unsympathische Hauptfigur ist, sondern auch, dass er eine nicht vorstellbare und ziemlich farblose selbige ist. Dies ist verschenktes Potenzial. Denn grade mit seinem Hintergrund, hätte er eine wirkliche gute Thrillerfigur abgegeben. Zwar eine klischeehafte, aber immerhin eine passende. Aber nicht nur Steve Madden erscheint als merkwürdiger Kautz. Auch so ziemlich alle anderen Figuren muten auf diese Weise an – und der Nebenfiguren sind es nicht grade wenige. So gibt es da z.B. die Tochter der toten Wahrsagerin, die genauso spirituell und friedfertig dargestellt wird, dann aber völlig den Verstand verliert, als sie ihren Mann mit einer anderen im Schwebebad erwischt. Oder aber die Frau eines kürzlich verstorbenen Polizisten, die plötzlich anfängt, über ihren dahingeschiedenen Gatten herzuziehen. Möglicherweise war all dies aber auch das Ansinnen des Autors – einfach mal alles anders zu machen als es andere Thrillerautoren tun. Sicher eine innovative Idee, dennoch völlig deplatziert bzw. ungeschickt umgesetzt.

Der Kriminalfall an sich sowie die damit zusammenhängende Ermittlungsarbeit kommt im Übrigen vollkommen zerfasert herüber. Hier und da tun sich vermeintliche Spuren, Indizien und potenzielle Verdächtige auf und alles wird gestützt mit größtenteils wahnwitzigen Theorien, die einfach nicht nachvollziehbar sind. So entsteht im Gesamtbild der Eindruck, der Autor habe von Beginn an die Idee im Kopf, wie alles endet, nur über den Weg dahin, habe er noch nicht nachgedacht. Die eigentliche Geschichte, die Ermittlungsarbeit, also das, wovon ein Thriller bzw. Krimi lebt, wirkt improvisiert. Da ist es sicher verständlich, dass die Spannung vollkommen auf der Strecke bleibt. Unterstützt wird dieser Aspekt noch durch den absolut unpassenden Humor, der hier und da ständig versucht wird einzustreuen.

 

Abschließend bleibt wohl nur noch der recht einfache Schreibstil als positive zu verzeichnen, der es einem ermöglicht, den Roman in kurzer Zeit durchzulesen. Zwar gibt es auch beim Stil einige Mankos und Ausdrucksunverschämtheiten, aber über die kann man sicher hinwegsehen und sie auf eine mangelhafte Übersetzung zurückführen. Alles in allem handelt es sich bei „Die Todeskarte“ von Glenn Chandler um einen eher mäßigen bis schlechten Roman, den man passionierten Thrillerfans kaum anbieten kann. Wer Fan ist von Großmeistern wie Katzenbach, Slaughter oder Gerritsen, der sollte von diesem Roman geflissentlich die Finger lassen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404260512034e4934f0
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Die Todeskarte

Autor: Glenn Chandler

Broschiert: 550 Seiten

Verlag: Droemer/Knaur; Auflage: 1 (August 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3426637987

ISBN-13: 978-3426637982

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 24.07.2008, zuletzt aktualisiert: 12.04.2024 09:51, 6975