Freaks: Ein Meisterwerk und seine wundersamen Helden
 
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Freaks: Ein Meisterwerk und seine wundersamen Helden

Artikel von Karin Reddemann

 

Zwei Filmgiganten buhlten, einer verlor und gilt trotzdem als der große Sieger. Den verdienten Lorbeerkranz für Freaks, Meisterstück der Kino-Geschichte, hat weder Regisseur Tod Browning noch Irving Thalberg von MGM sich jemals aufsetzen dürfen. Jahrzehnte mussten verstreichen, bevor man (und vielleicht auch Rivale United Pictures) begann, sich tief und tiefer zu verbeugen.

 

Freaks war ein Risiko in einer Zeit, die ihre eigene saubere Moral hatte: Browning zeigte missgestaltete Menschen, da erschrak man, die wollte man nicht sehen, schon gar nicht gern haben. War der Film ursprünglich als konkurrierender Hammerschlag gegen die Horrorerfolge der United Pictures gedacht, – Frankenstein & Co. im Visier –, erwies er sich nicht bloß als Kassengift, er wurde bösen Blickes strikt verboten. Aus. »Freaks« landete im Keller und wäre eine uralte Wer-was-warum-Filmspule geblieben, hätte man sich nicht ordentlich erinnert. Da war noch Gutes. Einmaliges. Irgendwo im Gewölbe.

Im Keller gelandet

Tod Browning (1880–1962), kurz vor seinem schockierenden Desaster mit Freaks noch über den grünen Klee in ganz Hollywood für seinen Dracula gelobt, war ein vielbeschäftigter Mann, drehte viel vor 1932 und hätte vermutlich gern noch sehr viel mehr danach gedreht. »Freaks« hat er wohl tatsächlich verflucht, weil sie ihm das Karriere-Genick gebrochen haben. »Freaks« hat er gleichwohl mit Sicherheit innig geliebt. Nicht trotzig, sondern aufrichtig. »Freaks« ist Atemstillstand. Großartig, wenn wieder nach Luft geschnappt wird.

 

Um ca. 30 Minuten gekürzt, – das restliche Material verschwand im Nirwana –, und mittlerweile restauriert hat »Freaks« auch als Mahnmal für Toleranz und Offenheit seinen Siegeszug um den Globus längst beendet, kann getrost neu starten, die Gemeinde kniet und wartet. Das Horror-Genre ist geduldig, wenn Geduld sich lohnt.

Mahnmal für Toleranz

»Freaks« entstand damals in nur 36 Drehtagen und basiert von der Idee her auf der Kurzgeschichte Spurs von Clarence Robbins. Schauplatz ist ein Zirkus, die Akteure sind echt, das Milieu, das Browning aus eigener Erfahrung kannte, ist absolut authentisch.

 

Die Geschichte: Frieda liebt Hans, beide sind kleinwüchsig, sympathisch und wären das ideale Paar. Hans freilich, plötzlich gut wohlhabend, liebt die Artistin Cleopatra, eine schöne, große, leider auch völlig berechnende Frau, die gemeinsam mit ihrem Geliebten Hercules einen düsteren Plan ausheckt: Sie heiratet Hans, der wird krank (Gift), stirbt, und sie erbt sein Vermögen. Frieda und die Freunde warnen umsonst. Als nach der Hochzeit die Wahrheit ans Licht kommt, – Cleopatra und Hercules verspotten die Freaks –, wird übel Rache genommen. Es ist dunkle Nacht.

 

Cleopatra endet als krächzendes deformiertes Etwas mit Entenfüßen in einer Schaukiste.

Gezeigt wird sie bereits am Anfang des Films, und da wird nach entsetztem Blick auf sie gesagt:

 

»Sie war mal …«

»Sie war mal …!«

Eine schaurige Mär. Mit Happyend. Frieda kriegt ihren Hans, Clown Phroso seine hübsche Venus. Beide waren immer lieb zu den Andersartigen, das geht (zumindest uns!) mächtig ans Herz, da nicken wir. Richtig so.

 

Als ich Freaks zum ersten Mal gesehen habe, nickte ich nicht nur. Ich verspürte den dringenden Wunsch, mehr zu erfahren über all die Menschen, die auf ihre besondere Art den Zuschauer in diesem phänomenal ungewöhnlichen Film in eine ebenso besondere Welt entführen. Es sind/waren Schauspieler. In erster Linie. Keiner ist ein Weltstar geworden. Keiner der Namen wird heute noch ehrfurchtsvoll geflüstert. Aber sie sind nicht vergessen. Weil niemand vergessen kann, wer »Freaks« kennt. Wer sie waren, die Freaks in »Freaks«?

 

Bühne frei für:

Herkules: Henry Victor (1892–1945), ein in Deutschland aufgewachsener Engländer, spielte in der Stummfilmzeit Hauptrollen, hatte aber aufgrund seines starken Akzents mit der Geburt des Tonfilms große Schwierigkeiten mit guten Engagements. Er musste sich oft als Nebendarsteller bescheiden, wurde nach »Freaks« und Herr der Zombies (1941) im Zweiten Weltkrieg vor allem als Nazi-Schurke in Filmen wie Sein oder Nichtsein (1942, Regie: Ernst Lubitsch) zu sehen. Henry Victor starb am 15. März 1945 in Hollywood im Alter von 52 Jahren an einem Gehirntumor.

Die »Großen« wollten nicht

Für seine, – im Nachhinein –, größte und unvergesslichste Rolle, die des Muskelmanns Hercules, hatte sich Brownig ursprünglich Oscar-Preisträger Victor MCLaglen (Der Verräter, 1932) gewünscht, aber der lehnte es ab, an der Seite von »Freaks« zu drehen. Wie übrigens auch dessen berühmte Kolleginnen Myrna Loy und Jean Harlow, die Cleopatra (Loy) und Venus (Harlow) spielen sollten.

 

In der letzten Szene von »Freaks« ließ Browning seinen Hercules nach dem großen Racheakt Sopran singen. Das wurde geändert, weil das Publikum bei der Testaufführung einfach nur vollkommen entsetzt war über diese Idee. Klar zu krass für einen Film, der (leider!) immer noch viel zu sehr aneckte.

 

Menschlicher Wurm:

Prince Randian (1871–1934) aus British-Guayana war als »lebender Torso« und »menschlicher Wurm« auf Jahrmärkten und in der Filmbranche bekannt. 1889 brachte ihn Zirkuspionier P. T. Barnum in die USA, wo er fünfundvierzig Jahre lang als Kuriosität vermarktet wurde. Randian hatte von Geburt an keine Gliedmaßen. In »Freaks« bewegt er sich auf dem Boden kriechend fort, spielt einen gescheiten Kopf und verblüfft damit, wie er sich mit dem Mund eine Zigarette drehen und anzünden kann.

Randian sprach Hindi, Englisch, Deutsch und Französisch, war verheiratet und hatte fünf Kinder. 1934 kollabierte er nach einem Auftritt und starb.

Auf Jahrmärkten präsentiert

Siamesische Zwillinge:

Daisy und Violet Hilton (1908–1965) wurden von der leiblichen Mutter, die sie nicht großziehen konnte/wollte, schon als Babys abgegeben an die Engländerin Mary Hilton, die von Anfang an gutes Geld mit den Mädchen machte. Daisy und Violet, an Hüften und Hinterteilen zusammengewachsen mit einem gemeinsamen Blutkreislauf, wurden auf Ausstellungen vorgeführt und tourten mit der Adoptivmutter durch Australien. Mary Hiltons Tochter Edith Meyers nahm die Kinder mit in die USA, brachte sie auf Jahrmärkten und in Sensationsshows unter und verschaffte sich und ihrem Ehemann durch die Einnahmen eine pompöse Villa.

 

Volljährig geworden starteten die Zwillinge ihre Karriere auf eigene Faust, wurden als Tänzerinnen und Sängerinnen der besonderen Art gebucht und 1932 für »Freaks« engagiert. Wirklich wunderbar rosig ging es nicht weiter. Zwar traten sie weiterhin auf Bühnen auf und drehten, – letzter Film: Chained for Life (1955) –, aber der echte Erfolg blieb aus. Sie machten einen Hotdog-Stand auf, eröffneten ein Autokino, wurden finanziell betrogen, hatten meist Pech mit den Männern. Einige Affären wurden bekannt, beide heirateten ihre Tanzpartner, die Ehen gingen kaputt, die von Daisy nach nur zwei Wochen. Am vierten Januar 1965 fand man sie tot in ihrem Wohnwagen vor, Daisy soll zuerst gestorben sein.

 

Roscoe:

Roscoe Ates (1895–1962) war ein amerikanischer Comedian, Musiker und Schauspieler, der hauptsächlich für Western engagiert wurde. Bekannt gemacht hat ihn die Rolle des »Soapy Jones«, die er in den 1940ern in fünfzehn Filmen besetzte.

Lebende Venus von Milo

Frau ohne Arme:

Frances Belle O’Connor (1914–1982) kam ohne Arme zur Welt. Schon als Kind trat Frances, gemanagt von ihrer ehrgeizigen Mutter, in Shows (z. B. Cole Brothers) und im Zirkus als »Lebende Venus von Milo« auf. Bis Mitte der 1940er war sie eine der Attraktionen bei Barnum & Bailey. Nach dem Tod der Mutter mied sie die Öffentlichkeit. Sie starb kinderlos.

 

Madame Tetrallini:

Rose Dione (1875–1936) galt seit Fleur des maquis (1910) als Stummfilmstar, spielte in Der kleine Lord (1921), Salome (1923) und Der Bettelpoet ((1927). Nach »Freaks«, – sie mimte die Zirkuschefin –, folgte nur noch eine Rolle in The King Murder (1932).

 

Bärtige Lady:

Jane Barnell oder Lady Olga (1877–1951) war Schauspielerin und Jahrmarktsensation. Über ihre Rolle in »Freaks« als »Bärtige Lady« (ihr Künstlername) soll sie sich später geärgert haben. Warum auch immer. Sie hatte vier Ehemänner und zwei Kinder.

 

Rollo-Brüder:

Edward S. Brophy, (1895–1960) war ein amerikanischer Charakterdarsteller, der als Requisiteur bei Buster-Keaton-Filmen angefangen hatte. Er wurde entdeckt und immer wieder gern für die Rolle des einfältigen Cops oder eben auch Gangsters, mal ernst, meist komisch, gebucht. Er spielte in The Champ (1931) den treuherzigen Boxtrainer Tim, ferner in The Thin Man (1934) und gab als bekennender Disney-Fan der Maus Timothy in Dumbo (1941) seine Stimme. In »Freaks« sind Brophy und Matt Mc Hugh (1894–1971) die Rollo-Brüder.

McHugh entstammte einer echten Showfamilie und trat bereits als Kind mit seinen Geschwistern Frank und Kitty auf der Bühne auf. Für kleine, komische Nebenrollen im Film wurde er oft engagiert, blieb aber weitaus weniger erfolgreich als sein jüngerer Bruder Frank.

 

Fette Frau:

Bunny Smith (1901–1952) aus Oregon wurde schon in sehr jungen Jahren immer schwerer und dicker, ging mit dreizehn von der Schule ab und reiste fortan als Schaubuden-Sensation (Sideshows) »Baby Bunny Smith« und »Fette Zirkusdame« mit über 230 Kilo durch die Lande. Während der Dreharbeiten zu »Freaks« lernte sie ihren späteren Ehemann Peter Robinson, das »menschliche Skelett«, kennen. Sie bekamen zwei Kinder. Mit einundfünfzig starb Bunny an einer Herzattacke.

 

Kleiner Mann:

Angelo Rossitto (1908–1991) war ein kleinwüchsiger US-amerikanischer Schauspieler, eine Entdeckung von John Barrymore (Großvater von Drew Barrymore). Er war 88 cm groß, spielte in den 1940ern an der Seite von Bela Lugosi und gehörte viele Jahre zu den vielbeschäftigsten Zwergdarstellern in Hollywood. Seine letzte große Rolle, abseits von seinen zahlreichen TV-Auftritten, hatte er in Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel (1985) mit Mel Gibson.

Liebenswerte Freaks-Stars

Schlitzie »the Pinhead« Surtess (1901–1971), trat gemeinsam mit den Freaks-Darstellern »Harry Doll« und dem Vogelmädchen Koo-Koo in den 1920ern im Zirkus Barnum und in Vergnügungsparks auf, bevor Browning ihn in dem Stummfilm The Sideshow (1928) von Erle C. Kenton entdeckte und vier Jahre darauf zu einem seiner liebenswerten Freaks-Stars machte. Schlitzie wurde anschließend in den Filmstudios für die Besetzung kreatürlicher Nebenrollen herumgereicht, so für die des Tiermenschen in Insel der verlorenen Seelen (Regie: Kenton, 1934) mit Charles Laughton und Bela Lugosi.

In Wanderzirkussen und Shows rannte er händeschüttelnd durch das Publikum, man brachte ihm kleine Sing- und Tanzeinlagen bei, und auf Fotokarten präsentierte man ihn als Shlitze The Pinhead, Last Of The Aztecs, Last Of The Incas, Slitzy The Monkey Girl oder Julius The Missing Link.

Schlitzie, dessen Herkunft unbekannt ist, – vermutlich haben die Eltern ihn wegen seines grotesken Äußeren an fahrendes Volk verkauft –, wurde mit einem fehlgebildeten Kopf (Mikrozephalie) geboren und blieb zeitlebens auf dem geistigen Entwicklungsstand eines dreijährigen Kindes. Er wirkte stets mädchenhaft, trug gern ein hawaiisch »Mu’umu’u« genanntes Kleid, und bis zu seinem Tod wurde er auf Tingeltangel-Veranstaltungen vorgeführt. Beigesetzt wurde er anonym in einem Grab auf dem Queen Of Heaven Cemetery in Kalifornien, 2008 erhielt er dank einer Spendensammlung auch einen Grabstein.

So makaber es klingen mag, Schlitzie blieb berühmt: Als Halloweenmaske, aufgedruckt auf T-Shirts und als Comicfigur Zippy the Pinhead (Bill Griffith).

 

Cleopatra:

Olga Baclanova (1896–1974) war eine russische Schauspielerin der späten Stummfilm- und frühen Tonfilmzeit, die 1928 während einer USA-Tournee emigrierte und im gleichen Jahr einen Vertrag mit Paramount abschloss. Paramount witterte in ihr eine neue Garbo, und tatsächlich fand sie auch in Josef von Sternbergs The Docks of New York und neben Emil Jannings in Street of Sin (Regie: Mauritz Stiller) große Anerkennung und Aufmerksamkeit. Ihre Karriere war freilich kurz, ihr starker Akzent erwies sich für den Tonfilm als klare Bremse, und wirklich gute Rollen bis auf ihre legendäre Darstellung der schönen verschlagenen Akrobatin Cleopatra in »Freaks« blieben aus. In sehr viel späteren Jahren fand Olga Baclanova Arbeit beim Hörfunk und am Theater.

 

Mann ohne Unterleib:

Johnny Eck (Eckhardt, 1911–1991), dessen Körper von den Rippen abwärts seit seiner Geburt nicht mehr gewachsen war, galt als sehr intelligenter und kreativ begabter Mann, nur 46 Zentimeter groß, aber voll im Leben. Gemeinsam mit Zwillingsbruder Robert, der körperlich unversehrt war, trat er in Zaubershows und Kuriositätenkabinetten auf, wo gewollt der Eindruck entstand, er sei ein in der Mitte durchgeschnittener Mensch. Nebenher leitete Eck, der sich einen Rennwagen umrüsten ließ und damit einen Jugendtraum erfüllte, ein Orchester, malte und fotografierte. Für drei Tarzanfilme mit Johnny Weissmüller wurde Eck engagiert; man erkennt ihn freilich nicht, weil er kostümiert Tiere spielte. Seine größte Rolle war die des »Jungen ohne Unterleib« in »Freaks«.

Gut verdient in Filmmetropole

Hans:

Harry »Doll« Earles (1901–1985), ein deutsch-amerikanischer Kleinschauspieler, wurde als Kurt Schneider im sächsischen Stolpen als eines von sieben Kindern geboren, von denen vier Minderwuchs hatten und in Amerika, anfänglich in Wildwestrevues, als »The Doll Family« Karriere machten: Er selbst, Frieda alias Grace, Hilda, die sich Daisy nannte, und Ella, die als Tinny auftrat. Die Geschwister Earles, wie sie sich getauft hatten, traten als Quartett bis in die 1950er-Jahre auf, vor allem in Zirkusarenen und etlichen Shows, spielten aber auch in Hollywood.

Harry hatte seine ersten großen Einsatz in dem Schauerkrimi Die unheimlichen Drei von Regie-Maestro Tod Browning (1925), es folgte 1927 der Laurel-/Hardy-Film Sailors, Beware!. Browning verhalf ihm anschließend mit der Rolle des Zirkuszwerges Hans in seinem Horrorklassiker »Freaks« zu einem Weltruhm, von dem damals freilich noch niemand etwas ahnte. Harry und seine Schwestern verdienten gut in der Filmmetropole. Nach ihrem Rückzug aus dem Showgeschäft kauften sie sich ein Haus in Sarasota, wo sie gemeinsam ihren Lebensabend verbrachten.

 

Mannfrau:

Josephine Joseph, Geburtsjahr 1913, gab stets Rätsel über ihre Herkunft und ihr tatsächliches Geschlecht auf. In Freaks trat die Österreicherin mit polnischen Wurzeln (angeblich) als halb Mann, halb Frau auf mit einer männlichen und einer weiblichen Körperhälfte. Auf der Hochzeit vom kleinen Hans mit der schönen Trapezkünstlerin Cleopatra stimmt sie das Lied der geladenen Freaks an: »Wir akzeptieren sie, eine von uns!«

2014 erinnerte das österreichische Nachrichtenmagazin Profil an Josephine Joseph, indem es sie als Vorfahrin von Conchita Wurst »outete«.

 

Venus:

Leila Hyams (1905–1977) stand als Schauspielertochter bereits als Kind neben den Eltern auf der Bühne, arbeitete als Werbemodel und wurde 1924 für den Film entdeckt. Sie war nicht nur ausgesprochen hübsch, sie hatte auch Talent und schaffte problemlos den gewaltigen Sprung aus der Stummfilm-Aera. In Metro-Goldwyn-Mayers erstem Tonfilm <link https: www.imdb.com title tt0018638 _blank>Alias Jimmy Valentine<(/link> (1928) spielte Hyams neben William Haines und Lionel Barrymore die weibliche Hauptrolle, ein Jahr später war sie die Mordverdächtige im Kriminalfilm The Thirteenth Chair und 1930 im oscarprämierten Gefängnisdrama Hölle hinter Gittern zu sehen. Es folgte 1932 ihre wohl bekannteste Rolle als Zirkusmädchen Venus, das sich den Freaks gegenüber stets vorurteilsfrei herzlich und freundlich zeigt. Im gleichen Jahr spielte Hyams die Hauptrolle im Horrorfilm »Islands of the Lost Souls« mit Charles Laughton, an dessen Seite sie nochmals 1935 als Saloon-Girl in der Komödie Ein Butler in America (Regie: Leo McCarey) stand.

Nach insgesamt 52 Filmen in zwölf Jahren konzentrierte sich Leila Hyams ab 1936 nur noch auf ihr Privatleben, lebte aber mit Ehemann Phil Berg weiterhin in Los Angeles und blieb Mitglied der Filmgesellschaft.

 

Phroso:

Wallace Ford (1898–1966), Geburtsname Samuel Jones Grundy, lebte bis zu seinem elften Lebensjahr in Kinderheimen, floh aus dem letzten in Kanada, das ihn als billige Hilfskraft für Farmer gegen Geld auslieh, jobbte mal hier,mal da, war Platzanweiser im Theater und schloss sich schließlich einer Schauspiel-Truppe an. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Wallace Ford, wie er sich taufte, – es war der Name seines tödlich verunglückten Freundes –, für klassische Theaterrollen engagiert, trat z. B. in Abraham Lincoln am Broadway auf.

American Horror Story verneigt sich

Der Tonfilm brachte ihn nach Hollywood, wo er nach seinem Einstand in Alles für dein Glück (1931) mit Joan Crawford als Partnerin (1931) von Browning als netter Zirkusclown Phroso in »Freaks« besetzt wurde. Ford wurde bis zu seinem Tod immer wieder für die Leinwand gebucht, oft als Kriminal- und Horrorfilmdarsteller (später Charakterdarsteller) oder für Western wie Der Mann aus Laramie (1955) und Warlock (1959). Der Regisseur John Ford, – »Der Verräter«, 1935, mit Wallace Ford als irischer Freiheitskämpfer –, engagierte ihn für insgesamt dreizehn seiner Filme.

Wallace Ford, der im Alter einige Kilos mehr auf die Waage brachte, spielte später meist Charakterrollen gutmütiger Natur. Verheiratet war er mit der Schauspielerin Martha Haworth, sie hatten eine Tochter.

 

Frieda:

Daisy »Doll« Earles (1907–1980) alias Hilda Schneider war die Schwester von Harry Earles und spielte in »Freaks« an der Seite ihres Bruders die kleine Zirkusreiterin, die in Hans (Harry) verliebt ist und ihn vergeblich vor Cleopatra warnt. Später trat sie, wie auch ihre drei kleinwüchsigen Geschwister, hauptsächlich in Shows und in der Manege auf, da geeignete Filmrollen spärlich waren. Daisy heiratete 1942 einen Mann von normaler Größe, die Ehe war aber kurz und kinderlos. Ende der 1950er-Jahre zogen sich die Geschwister gemeinsam aus dem Showgeschäft zurück.

 

Hier endet die Vorstellung. Viele Jahre später hebt sich der Vorhang für die »Freaks« noch einmal in der vierten Staffel der Erfolgsserie American Horror Story. Ryan Murphy und Brad Falcuk, die Macher grandioser Finster-Geschichten, gewähren Einblick in eine Freakshow in den USA Anfang der 1950er. Genial gemacht. Darf als späte Verneigung vor Tod Browning und seinen Freunden gewertet werden. Respekt ihnen allen. Und Unvergesslichkeit. Was sonst?

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Erstellt: 11.08.2020, zuletzt aktualisiert: 25.11.2023 10:13, 18897