Die Verbesserung unserer Träume (Autor: Sebastian Guhr)
 
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Die Verbesserung unserer Träume von Sebastian Guhr

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Lichtjahre von der Erde entfernt haben Menschen eine Stadt gebaut, in einem unbedeutenden Sonnensystem: Die am Reißbrett entworfene Oneiropole sollte Symbol einer neuen, besseren Gesellschaft werden, aber Rheit ist ein kleiner, feindseliger Planet, vom Außenparasiten umkreist, der nachts blutrot am Himmel steht. Von Wüste und flirrender Hitze umgeben, sind alle früheren Ideale der Siedler zu hohlen Phrasen verkommen. Man interessiert sich für nichts, gibt sich geistlosen Spielen hin und beteiligt sich nicht mehr an politischen Entscheidungsprozessen. Und die Träume der Menschen haben ein Eigenleben entwickelt: Die Wirklichkeit wird brüchig, alles scheint in Auflösung begriffen. Nur der Wissenschaftler Aspi kämpft mit seiner Partnerin, der Lehrerin Obla, und ihrem gemeinsamen Sohn Chao gegen den unaufhaltsam scheinenden Untergang der Stadt an …

 

Rezension:

Der jüngste Roman des Berliner Schriftstellers Sebastian Guhr hat es in sich. Das keine 200 Seiten starke Die Verbesserung unserer Träume zerfällt in drei sehr unterschiedliche Teile.

 

Zunächst stellt uns der Autor eine Menschenkolonie auf dem Planeten Rheit vor. Etliche Generationen nach der Besiedlung hat sich eine fest strukturierte Gesellschaftsform etabliert. Die Menschen arbeiten monatsweise in einer Tätigkeit. In dieser Zeit kann man sich Spezialisierungspunkte erarbeiten, die sich eventuell auf die nächste Zuweisung eines Arbeitsplatzes auswirken. Höchstes Ziel ist es, seine Persönlichkeit zu erweitern. Deshalb nicht nur der kontinuierliche Wechsel des Arbeitsplatzes, man kann auch durch Schulungen Erweiterungspunkte erwerben. Jedoch gibt es immer wieder auch Menschen, die sich nicht in die Ordnung einpassen. Entweder investieren sie zuviel Energie in eine Arbeit und sind somit Fixierte oder sie haben keinen Bock darauf, sich zu erweitern – Verstockte. Beides versucht man durch Erziehungsmaßnahmen bis hin zur Operation des Gehirns zu korrigieren.

Aber die in einer abgegrenzten Stadt, der Oneiropole, lebenden Sieder haben weitere Probleme.

Die Atmosphäre enthält giftige Schwefelbestandteile. Gegen sie hilft das Kys, welches man auf dem Außenparasit genannten Trabanten des Planeten abbaut. So ganz sicher ist man sich jedoch nicht, ob das Kys nicht vielleicht auch für Tagträume verantwortlich ist, unter der die Siedler zu leiden haben. Diese sehr realistischen Träume sind meist verstörend bis schrecklich. Die Erwachsenen versuchen den darausfolgenden Traumata durch Gespräche zu entkommen, doch so ganz scheint das nicht zu klappen.

Ein weiteres Problem ist die beengte Lage der Stadt. Man beschloss einst, die Stadt an jener Stelle zu gründen, an der man außerirdische Hinterlassenschaften vorfand. Rheit scheint früher von einer Rasse von Holzartigen bewohnt worden zu sein, doch die Archäologen waren bisher nicht in der Lage, sonderlich viel über deren Kultur herauszufinden. Leider ist der Standort umgeben von Lagerstätten eines Ubinx genannten Minerals. Seine Eigenschaften verhindern eine Annäherung, sodass Expeditionen ins Umland stets scheiterten.

 

Soweit die Ausgangslage von »Die Verbesserung unserer Träume«. Sebastian Guhr vermittelt uns das Leben in dieser Kolonie anhand einiger ganz unterschiedlicher Figuren. Herl gehört zum Zentralpanel, einer Art oberster Verwaltungsrat der Stadt. Sie spürt die Spannungen der Gesellschaft und ist hochmotiviert, sie zu schützen. Krais ist ein Verstockter. Er lebt vor sich hin, programmiert virtuelle erotische Programme für sich selbst. Um einer Verfolgung als Verstockter zu entgehen, lässt er sich darauf ein, für einen Wissenschaftler archäologische Artefakte zu stehlen. Professor Dix hat es geschafft, dass er seit Jahren am selben Projekt arbeiten kann. Er ist der Definition nach also ein Fixierter. Zusammen mit einem Assistenten versucht er eine Maschine zu bauen, mit der es möglich wäre, die negative Energie der Träume unter denen die Stadt leidet, abzusaugen.

Und dann ist da noch die Lehrerin Obla, deren Sohn Chao im Sinne der Gesellschaft verhaltensauffällig ist. Ihr derzeitiger Lebenspartner – auch das wechselt man regelmäßig – Aspi arbeitet mit Begeisterung auf einer Ausgrabungsstätte und bringt eines jener fünf Artefakte mit nach Hause, die Krais stehlen soll.

Kaum hat uns Sebastian Guhr seine Figuren, ihre Beziehungen zueinander und ihre Bedeutung für die Stadt vorgestellt, zerbirst alles. Es folgt ein dramatischer apokalyptischer Teil der ebenso plötzlich in einem psychedelisch anmutenden Part mündet.

 

Die Sprache des Romans ist meist von einer distanzierten Klarheit. Selbst in leidenschaftlichen Momenten bleibt der Duktus kühl und nachdenklich. Sinnfragen und Reflexionen werden zu schmalen Pfaden durch die Ereignisse. »Die Verbesserung unserer Träume« entwickelt sich so zu einer ganz offenen Diskussion einer Utopie und zwingt zum Erforschen ihres Scheiterns auf eine eher indirekte Weise. Guhr reißt ein, um durch seine Leserinnen und Leser neu konstruieren zu lassen. Ein ungewöhnlicher, auf jeden Fall aber beachtenswerter Science-Fiction Roman.

 

Erwähnenswert ist auch das haptisch und optisch sehr ansprechende Cover von Julian Tapprich. Es bringt die Stimmung des Romans exakt auf den Punkt.

 

Fazit:

»Die Verbesserung unserer Träume« von Sebastian Guhr ist ein ungewöhnlicher Science-Fiction Roman. Intensiv in der Zerstörung einer Gesellschaftsutopie legt der Autor uns eine Traumwelt zu Füßen, die vielleicht eine Rettung in sich trägt. SF fernab des Gewohnten, eine Erkenntnisreise.

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Buch:

Die Verbesserung unserer Träume

Autor: Sebastian Guhr

Gebundene Ausgabe, 195 Seiten

Luftschacht Verlag, 26. September 2017

Cover: Julian Tapprich

 

ISBN-10: 3903081140

ISBN-13: 978-3903081147

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0769DH7B3

 

Erhältlich bei: Amazon

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041918283499912624
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Erstellt: 25.01.2018, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52, 16431