Die Wolke (Autorin: Gudrun Pausewang)
 
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Die Wolke von Gudrun Pausewang

Rezension von Peter Sperling

 

Klappentext:

Am 26. April 1986 flog ein Reaktorblock der Atomanlage in Tschernobyl (Ukraine) aufgrund menschlichen Versagens in die Luft. Die freigesetzten radioaktiven Stoffe breiteten sich nach der Katastrophe in weiten Teilen Europas aus, auch in Deutschland. Noch fünf Minuten vor der ersten Tschernobyl-Katastrophenmeldung dachte ich nicht im Traum daran, ein Buch zu schreiben über die Gefahr, die von Kernreaktoren ausgeht. Doch bald begann ich den Roman „Die Wolke“, der auf die Gefahr einer Reaktorkatastrophe mitten in unserer dicht besiedelten Bundesrepublik hinweist. Das Buch erzählt die Geschichte eines Mädchens das nach dem Super-GAU seine Familie verliert und ums eigene Überleben kämpft“. (Gudrun Pausewang)

 

Der Roman liegt als Taschenbuch im Format 15x18cm vor. Als Umschlagbild wurde ein Plakat der aktuellen Verfilmung verwendet, es stellt eine Schlüsselszene der Geschichte dar. Die 222 Seiten sind durch schwarz-weiße Illustrationen aufgelockert und im Mittelteil sind 13 Bilder aus dem Kinofilm zu sehen. Das Buch enthält ein Vorwort von Gudrun Pausewang, in dem sie etwas zu Entstehung des Buches sagt und auf den Kinofilm und die damit verbundenen Änderungen eingeht. Nach dem Vorwort ist eine Anzeige abgedruckt, die vier Wochen nach der Katastrophe von Tschernobyl in „DIE ZEIT“ erschien. Die Anzeige enthält kritische Texte die sich auf die Reaktion der deutschen Gesellschaft und deren Politiker beziehen. Diese Anzeige wirkt beinahe als Einleitung des Romans, die versucht, das Schlimmste vorwegzunehmen um den Lesern auf das Grauen des Geschehen zumindest ansatzweise vorzubereiten. Der Roman beginnt mit einer Französisch-Stunde, in welcher die 14-jährige Hauptfigur Janna-Berta und ihre Mitschüler durch einen ABC-Alarm unterbrochen werden. Es ist diesmal keine Übung, sondern ein Ernstfall: Im Kernreaktor Grafenrheinfeld gab es einen Unfall. Die Schüler werden nach Hause geschickt, allgemein herrscht Ratlosigkeit. Offenbar gab es zwar zuvor schon ABC-Alarmübungen, aber was in einem Ernstfall tatsächlich zu tun ist, scheint niemandem richtig klar zu sein. Janna-Bertas Eltern sind an diesem Tag in der Nachbarstadt und schicken ihre Tochter und deren kleinen Bruder Uli über einen Telefonanruf zu Verwandten nach Hamburg. Janna-Berta und Uli treten ihre Flucht per Fahrrad an. Durch die Panik der Bevölkerung gelingt es den beiden aber nicht, den Zug nach Hamburg zu erreichen. Uli kommt bei der Flucht ums Leben, Janna-Berta, die in einem Regenschauer zusätzlich vom Fallout abbekommt, wird in eine Behelfsklinik eingewiesen. Innerhalb eines Tages ist nichts mehr wie zuvor, Janna-Berta muss nach dem Tod ihrer Eltern und ihres Bruders mit einem vollkommen anderen Ausgangspunkt in einer komplett veränderten Gesellschaft zurechtkommen. Dabei scheint ihre Krankheit nicht einmal das bedeutendste Problem zu sein, die Selbstgerechtigkeit der weniger Betroffenen stellt sie vor größte Schwierigkeiten. Die Menschen in Deutschland und Europa scheinen trotz des verheerenden Warnschusses weder bereit ihre Einstellung zur Atomkraft zu überdenken noch imstande, den Opfern der Katastrophe zu helfen.

 

Bei der Thematik wäre eine emotionale Sprache mit einer Verurteilung der für Kernkraft Verantwortlichen und einer Anklage an die zuständigen Politiker zu rechnen. Diese Erwartung wird in „Die Wolke“ aber überhaupt nicht erfüllt. Pausewang schreibt beinahe sachlich, aber dennoch gelingt es ihr, überwältigende Bilder heraufzubeschwören. Dies sind Bilder von größtem anzunehmenden Leid, das über Janna-Berta hereinbricht, ihrer Hilflosigkeit, aber auch der Arroganz der deutschen Politiker, der Ignoranz und dem Augenverschließen ihrer Mitmenschen und sogar von Teilen ihrer eigenen Familie. So stellt der Roman sowohl den Schrecken einer Atomkatastrophe als auch die Unfähigkeit der Gesellschaft, menschlich und mitfühlend darauf zu reagieren, dar. Pausewang bezieht sich dabei natürlich auf Tschernobyl, aber auch auf die Geschichte der Opfer von Hiroshima.

Auf den ersten Seiten war ich fast überrumpelt von der Geschwindigkeit, mit der Gudrun Pausewang beginnt zu erzählen. Die Hauptfigur wird kaum eingeführt, die Katastrophe geschieht sogar schon vor dem Beginn des Romans und mit 222 Seiten ist das Buch recht kurz. Eine ausschmückende Erzählweise tritt zu Gunsten einer knappen Sprache zurück und ermöglicht damit erst die Entfaltung des Geschehens im Kopf des Lesers.

 

Fazit:

Die Erstausgabe des Romans ist von 1987, das Thema bleibt aber aktuell und dem Roman ist nicht anzumerken, dass er schon fast 20 Jahre alt ist. Die dramatisch voranschreitende Handlung und die 14-jährige Hauptfigur machen das Buch geeignet für jugendliche Leser, ohne dass die Geschichte für ältere unpassend wird. Wer dieses Buch lesen muss? Jeder.

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Buch:

Die Wolke

Autorin: Gudrun Pausewang

Taschenbuch, 222 Seiten

Ravensburger Buchverlag, Januar 2006

 

ISBN: 3473582409

 

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 21.04.2006, zuletzt aktualisiert: 08.04.2024 09:56, 2106