Rezension von Martina Klein
Zum Inhalt:
"Versagen gehört zu unserer Welt. Es gibt keine absolute Sicherheit. Jede Technik hat Schwachstellen. Versagen ist menschlich. Mit Versagen nicht zu rechnen, ist verantwortungslos und unmenschlich. Die Atomwirtschaft setzt auf technische Wunderwerke, die nicht versagen. Aber sie haben versagt.
Ein Land im Ausnahmezustand. Was niemand wahrhaben wollte, passiert: Deutschland erlebt den Supergau. Die fünfzehnjährige Janna versucht sich und ihren kleinen Bruder in Sicherheit zu bringen. Doch kann es überhaupt Sicherheit vor der radioaktiven Wolke geben ...?"
Am Anfang denken alle noch, es sei bloß eine Übung, als in Jannas Schule der Alarm losgeht. Doch die Lehrer, ihrerseits ebenfalls nicht richtig informiert über die wahren Ereignisse, schicken die Kinder zur Sicherheit heim. Da Jannas Eltern nicht zu Hause sind, muss sie sich nun ganz alleine um sich und ihren kleinen Bruder Uli kümmern.
Schnell spricht sich rum, dass tatsächlich etwas Schlimmes passiert sein muss. Und auch was, ist bald klar: Es gab einen Zwischenfall im nahegelegenen Atomkraftwerk. Und sie sind viel näher am Epizentrum der Katastrophe, als ihnen lieb sein kann! Als die Leute die Größe der Bedrohung realisieren, merken sie auch, dass die Regierung mit der Situation überfordert ist und sie auf sich allein gestellt sind.
Janna macht sich große Sorgen. Glücklicherweise kann sie wenigstens noch ein Mal mit ihrer Mutter telefonieren: Man vereinbart ein Treffen bei Jannas Tante Helga in Hamburg. Mit ihren Fahrädern machen sich die beiden Kinder auf den Weg in Richtung Hamburg...
Leider wird die Fahrt zu einem wahren Horrortrip! Uli wird überfahren und ist tot! Ganz allein landet Janna in einem Notkrankenhaus. Da alle mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt sind, ist es dort trotz der Fülle ziemlich einsam...
Als es ihr nach Ausbruch der Strahlenkrankheit und dem für sie besonders schmerzhaften Verlust ihrer Haare wieder etwas besser geht, nimmt ihre Tante Helga sie mit nach Hamburg. Alle anderen Angehörigen von ihr haben das Unglück nicht überlebt...
Doch ihr Leben in Hamburg bedeutet auch kein Ende des Dramas: Die Strahlenkranken werden von den Gesunden gemieden, was besonders in Jannas Schule sehr deutlich wird. Richtige Freunde können sie nur noch unter Ihresgleichen haben: "Wir sind die Aussätzigen der Nation!"
Janna wird von Alpträumen geplagt. Immer wieder sieht sie ihren toten Bruder Uli, der noch nicht einmal richtig begraben wurde. Noch dazu schwebt als drohendes Damokles-Schwert über allem die drohende Leukämieerkrankung nach der Verstrahlung. Wie soll man da noch hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können, fragt sich Janna...
Gerade in letzter Zeit ist das Atomkraft-Thema aufgrund der Diskussionen über die AKW-Laufzeiten-Verlängerung wieder brandaktuell. Von daher passt es gut, dass die Geschichte von Gudrun Pausewang jetzt in Form eines Mangas noch mehr Lesern nahegebracht werden kann. Zudem hat der Manga ein Vorwort des SPD-Vorsitzenden und ehemaligen Bundesumweltministers Sigmar Gabriel erhalten, was ein weiteres Zeichen für seine politische Aktualität ist:
„Es ist gut, dass ‚Die Wolke‘ nun mit Zeichnungen von Anike Hage als Comic neu erscheint, denn dieses Thema geht vor allem Kinder und Jugendliche an. Denn es geht um eure Zukunft und Lebensqualität. ‚Atomkraft, nein Danke‘ - das gilt deshalb weiter!“
Wie natürlich auch schon in der Romanvorlage zeigt der Manga ziemlich realistisch und eindringlich, wie sich unser Leben nach so einem Supergau verändern würde und dass selbst eine so reiche Nation wie Deutschland damit völlig überfordert wäre. Man spürt die bedrückende Atmosphäre und die Hilflosigkeit der Personen sowie ihre Unfähigkeit, mit der Situation umzugehen, dass einige krank geworden sind und andere nicht. Und man sieht auch mit Schrecken, wie jeder nur noch an sich selber denkt und die Gesellschaft langsam aber sicher verroht.
Der klare Zeichenstil und die geradlinige und undramatische Erzählweise tragen noch dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken.
Somit ist das Buch wunderbar geeignet, um wachzurütteln, wobei es wahrscheinlich sowieso bloß Leser findet, die das eigentlich gar nicht mehr brauchen...
Über die Autorinnen:
Gudrun Pausewang wurde am 3. März 1928 in Wichstadtl in Böhmen geboren. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher, für die sie viele Preise erhielt. Besonders ihr Jugendroman "Die Wolke" hat 1987 eine heftige Diskussion über die Atompolitik entfacht. Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin war sie bis 1989 als Lehrerin in der Nähe von Fulda tätig.
Anike Hage wurde 1985 in Wolfenbüttel geboren. Sie arbeitet als Zeichnerin und Illustratorin und erhielt für ihren Manga "Gothik Sports" den Animania-Award und den Sondermann-Preis.