Die Zeitfalte (Autorin: Madeleine L’Engle)
 
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Die Zeitfalte von Madeleine L’Engle

Rezension von Chris Schlicht

 

Rezension:

Margaret Murry, genannt Meg, hat es nicht leicht. Sie ist ein hässliches Entlein mit Zahnspange und dicker Brille und tut sich in der Schule schwer, obwohl sie einen ungewöhnlich hohen Intelligenzquotienten hat. Dazu kommt ihr Jähzorn, den sie gern an allen auslässt, die nicht aufhören über sie oder ihren kleinen Bruder Charles Wallace zu lästern. Denn der, gerade mal fünf Jahre alt und noch nicht in der Schule, gilt als geistig zurückgeblieben. Doch das ist nur der Eindruck, den er nach außen vermittelt, seine Familie weiß, dass er den anderen Kindern weit voraus ist. Und auch den meisten Erwachsenen, was sich in seiner Ausdrucksweise wiederspiegelt.

 

Der Vater der beiden und der „normal“ geratenen Zwillingsbrüder, ist ein renommierter Wissenschaftler, der bei einem geheimen Experiment spurlos verschwunden scheint. Ihre Mutter, ebenfalls eine Wissenschaftlerin, gibt die Hoffnung auf seine Rückkehr nicht auf und führt seine Arbeit weiter.

 

Über Charles lernt auch Meg Frau Wasdenn kennen, die eher den Eindruck einer Hexe auf sie macht und die ein sehr seltsames Verhalten an den Tag legt. Als sie Frau Wasdenn in ihrem Hexenhaus besuchen wollen, in dem auch die seltsame Frau Diedas lebt, begegnen sie Calvin, einem etwas älteren, aber nichtsdestotrotz ebenso seltsamen Jungen, der sich aus einem unbekannten Grund magisch angezogen fühlt.

 

Zu den beiden ungewöhnlichen Frauenzimmern gesellt sich noch Frau Dergestalt, die aber nur schwer überhaupt eine feste Gestalt annehmen kann. Die drei wissen, wo sich der Vater von Meg und Charles aufhält und nehmen sie und Calvin mit auf eine Reise durch das Universum. Dabei erfahren die Kinder, dass es sich bei den drei Damen um Sterne handelt, die gegen ES gekämpft und sich dabei aufgegeben haben.

 

ES beginnt, mit seiner Finsternis nach der Erde zu greifen. Das wollen die Kinder verhindern. Auf einem seltsamen Planeten mit menschlichen Bewohnern, die alle gleichgeschaltet wurden und völlig gefühllos scheinen, verlieren sie Charles, der den Einflüsterungen von ES erliegt. Doch ohne ihn scheint auch die Rettung von Megs Vater, der in einer Säule gefangen ist, unmöglich. Wie sollen sie ihn, den Vater und ihre Welt retten?

 

Der Verlag bezeichnet die Geschichte der im September 2007 verstorbenen Autorin als unvergesslichen „Klassiker“. Es ist wohl eher als zeitgenössische Literatur zu bezeichnen und damit fängt das Problem an. „Die Zeitfalte“ wurde in den frühen 60ern verfasst und liest sich stellenweise wie die Predigt eines religiösen Eiferers, der Werte anführt, die in der heutigen Zeit ein völlig anderes Selbstverständnis haben. Inhalt und Stil sind schlicht nicht mehr Zeitgemäß und schon gar nicht zeitlos.

 

Man könnte zwar als Leser erst mal nicht ganz genau sagen, wann die Geschichte nun spielt. Vom Inhalt her, mit den physikalischen Erkenntnissen, könnte es auch neu sein, dazu sind sie aber nicht genug vertieft, sondern nur oberflächlich behandelt. Die verwendete Sprache aber und vor allem diverse Rollenverteilungen, z.B. die Betrachtungsweise der Rolle der Frau, jedoch verrät den Zeitgeist, und der ist antiquiert. Beispielsweise die Art und Weise, wie die Mutter von Charles und Meg betrachtet wird – eine arbeitenden Forscherin mit zwei Doktortiteln, da kann doch nichts Gutes bei heraus kommen. Oder der Schock, dass die Mutter von Calvin mit ihren 12 Blagen hoffnungslos überfordert ist und sich mit Schlägen Respekt verschafft. Dinge, für die heute jeder Verständnis hat und die bekannt, wenn auch nicht allseits geschätzt sind – hier werden sie zur dörflichen Katastrophe hoch stilisiert. Dinge, die nicht sein können, weil sie nicht sein dürfen.

 

Vielleicht sind die jugendlichen Leser heute einfach verwöhnt mit spannenden, mitreißenden Fantasy-, SF- und Mystery-Lesestoff, so dass sie ein Problem haben mit eher langweiliger Lektüre, die ohne jede Action auskommt. Allerdings schaffen es die neuen, zeitgenössischen Romane grundsätzlich, dass der Leser sich mit mindestens einer Hauptperson identifizieren kann. Dann funktioniert auch eine Geschichte ohne Action. Das wird mit Meg, Calvin und Charles einfach nicht gelingen. Philosophisch daherquatschende Ausnahmekinder, die alles andere als altersgerecht handeln und fühlen – da fällt es schwer, mit den Dreien warm zu werden oder gar mit ihnen mit zu fiebern.

 

Ebenso wenig funktioniert die Geschichte wirklich. Zu vieles geschieht einfach, weil es geschehen muss, weil die Geschichte sonst vom Plot her in der Sackgasse enden würde. Es gibt keine logische Handlung und keine schlüssige Verwendung der Figuren. Selbst der Versuch, mit den drei Fabelwesen Frau Wasdenn, Frau Diedas und Frau Dergestalt die Geschichte etwas aufzulockern, ist mit derart zweidimensionalen Figuren unmöglich.

 

Für einen zeitlosen Klassiker ist „Die Zeitfalte“ zu deutlich in einem bestimmten Jahrzehnt eines vergangenen Jahrhunderts verwurzelt. Da sollte man wirklich auf die echten Klassiker zurückgreifen oder sich den neuen Lesestoff beschaffen.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240503142656942a861e
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Buch:

Die Zeitfalte

Original: A Winkle in Time, 1962

Madeleine L’Engle

Taschenbuch, 200 Seiten

cbj Random House, Juli 2008

Umschlaggestaltung: Joachim Knappe

Übersetzung: Wolf Harranth

 

ISBN-10: 3570219321

ISBN-13: 978-3570219324

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 22.08.2008, zuletzt aktualisiert: 18.02.2024 10:14, 7171