Drachenherz von Thomas Brezina

Sammelband: Kampf um das Drachenschwert; Der Fluch des blinden Magiers; Angriff der steinernen Ritter

 

Rezension von Christine Schlicht

 

Leon sieht in sich den totalen Versager: In der Schule ist er der Lieblings-Prügelknabe des Schulrowdies Brutus und der Jungs, die sich seiner Bande angeschlossen haben, um nicht sein Opfer zu sein, die Mädchen beachten ihn nicht oder tuscheln nur hinter seinem Rücken und von seinem Vater wird er verachtet. Der zieht seinen älteren Bruder Carsten vor, der ganz nebenbei mit Brutus unter einer Decke zu stecken scheint.

 

Als er mal wieder vor Brutus fliehen muss, weil der ihn „duschen“ will (Kopf ins Klo und spülen), türmt er in ein Altersheim. Zufällig das, in dem sein Großvater lebt, nie besucht von seiner Familie, die ihn quasi gar nicht zur Kenntnis nimmt und totschweigt. In seiner Not besucht ihn Leon und wird angenehm überrascht. Sein Großvater wusste, dass Leon kommen würde und gibt ihm einen alten Füller und drei Gürtel. Der Füller entpuppt sich als das Schwert „Drachenherz“ und die Gürtel werden zu Rüstungen. Leon soll das Erbe seines Großvaters antreten und sein Nachfolger als Drachenritter werden. Dazu muss er aber Prüfungen bestehen und sich Gefährten suchen.

 

Das Schwert weist ihn ausgerechnet auf Chip, einen Gefolgsmann von Brutus und auf Lara, eines der tuschelnden Mädchen hin. Chip ist ein ängstlicher Mitläufer, aber Lara scheint ohnehin ein Auge auf Leon geworfen zu haben, so dass den gemeinsamen Abenteuern nichts im Weg steht. Und die lassen nicht lange auf sich warten. Mit dem Schwert kommen sie in die Unsichtbare Welt, in der man schon lange auf die Drachenritter wartet, denn böse Mächte versuchen, beide Welten, die Unsichtbare und auch unsere Welt zu erobern. Der böse Lord Drakill will Leons Schwert, doch er kann es nur nutzen, wenn er Leon in einem Kampf besiegt, den Leon selbst anzettelt. Die erste Runde geht jedoch an Leon, trotz aller Fehler, die er macht.

 

Doch Drakill gibt nicht auf, der blinde Magier an seiner Seite ruft Dämonen herbei, die Krankheiten verbreiten – nicht nur in der Unsichtbaren Welt. Leon muss mit seinen beiden Gefährten Drakill endgültig ausschalten und den Magier zur Rücknahme seines Fluches bringen, damit die Kranken wieder gesund werden. Doch das geschieht erst, als der Magier merkt, dass Drakill ihn betrogen hat. Sterbend nimmt er den Fluch zurück, doch die Noxaten bleiben in unserer Welt. Aber sie fürchten das Sonnenlicht. Eine Sonnenfinsternis hilft Leon, die Dämonen zu vernichten.

 

Im dritten Teil steht eine öde Klassenfahrt bevor. Leon hört Stimmen, die ihn um Hilfe rufen und er kehrt mit seinen Gefährten zurück in die Unsichtbare Welt, um zu helfen. Ein grässlicher blauer Wolf überfällt sie dort, sie können ihm gerade noch entgehen. Ein Vogel überbringt ihnen eine Nachricht des Gefangenen. Sie müssen ein Schwert aus einem Stein ziehen um das versteinerte Heer wieder zum Leben zu erwecken und ihn mit dem Schwert aus seiner Gefangenschaft befreien. Doch der „Gefangene“ hegt düstere Pläne, denn er ist nicht das Opfer – er ist der Täter. Doch wie kann man ein steinernes Heer stoppen und einen mächtigen Magier dazu? Aber der Wolf ist ihnen eine Hilfe, denn eigentlich wollte er sie nur vor einem Fehler bewahren.

 

 

 

Nun...

 

Ansatz gut, aber da hätte man mehr draus machen können. Auf diesen einfachen Nenner kann man die Sache bringen. Deutlich mehr.

 

Jedes Abenteuer hat gerade mal 100 Seiten in relativ großer Schrift auf wenigen Zeilen. Es wird einen völlig neue Welt erschaffen mit vielen Facetten, aber diese bleiben erschreckend blass und wollen sich nicht so recht in die Vorstellungskraft vordrängen. Glücklicherweise ist einen Karte dabei, die zumindest das Bild wieder gibt, dass sich der Zeichner von dieser Welt gemacht hat, aber man kommt als Leser damit trotzdem nicht unbedingt zurecht. Vieles stellt man sich dann doch ganz anders vor. Ein paar mehr Seiten nur, auf denen man sich wenigstens ein paar kleinen Details dieser Welt widmet, würden die Sache deutlich runder machen.

 

Auch ein paar Seiten mehr, auf denen man sich etwas intensiver mit dem Innenleben der drei durchaus interessanten Charaktere auseinandersetzt, mit denen sich sicher viele Kinder und Jugendliche vergleichen können, hätten nicht geschadet. Leon, der Versager, der über sich hinaus wachsen soll und dabei ständig Fehler macht. Aus Fehlern kann man lernen, aber es kommt nicht so recht heraus. Er muss an sich selbst glauben, um die Kraft für die Kämpfe zu haben. Tut er oft genug nicht, er schafft es aber trotzdem?

 

Hinter Laras Fassade wird überhaupt kein Blick geworfen, da wundert man sich nur. Warum soll ausgerechnet ein Mädchen wie sie auf einen wie Leon stehen? Chip ist da etwas deutlicher, aber woher nimmt er, der ewige Feigling, plötzlich seinen Mut? Drei Abenteuer haben sie schon zusammen ausgestanden, aber man kennt die Personen nicht. Eigentlich ist nur Jock, der Chamäleondrache nach drei Abenteuern eindeutig einzuordnen und seinen Handlungen nachvollziehbar. Die Motivationen der Figuren sind nur bei Leon halbwegs nachvollziehbar.

 

Aber man kann ja noch hoffen, es sind ja erst drei Bände und Brezina ein erfahrener Autor. Die Abenteuer sind spannend, aber eben einfach viel zu kurz. Hin und her zwischen zwei Welten, man kommt mit der Erzählgeschwindigkeit kaum mit. Viel zuviel Handlung auf zu wenigen Seiten. Es muss ja nicht gleich ein Epos á la Tolkien werden, aber so ein bisschen mehr Detailarbeit würde der Spannung keinen Abbruch tun. Langatmig wird es dadurch nicht und das können sogar 10-jährige Leser schon ab.

 

Aber, wie eingangs erwähnt – der Ansatz ist gut und vielleicht lernen wir ja in den nächstes Jahr erscheinenden Bänden alles ein bisschen besser kennen. Auf jeden Fall ein guter Ansatz, Fantasy, verknüpft mit der realen Welt, den Kindern näher zu bringen. Was früher die Geschichten aus Burg Schreckenstein für die Jungs waren, könnte jetzt Drachenherz werden.

 

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