Echte Vampire haben Kurven (Autorin: Gerry Bartlett; Glory St. Clair Bd. 1)
 
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Echte Vampire haben Kurven von Gerry Bartlett

Reihe: Glory St. Clair Bd. 1

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Glory St. Clair hat beschlossen in Austin eine Second-hand Butike zu eröffnen: Vintage Vamp's Emporium. Es gibt gleich eine ganze Anzahl von Gründen dafür. So waren die menschlichen Bekannten misstrauisch geworden, weil Glory nicht alterte, und dann sind auch Vampire nicht gegen Spielsucht gefeit und Las Vegas hat mehr als ausreichend Casinos um der Sucht zu frönen. Also geht es nach Austin, Texas. Dort hat sie einige vampirische Bekannte, die ihr mit dem Laden helfen wollen. Außerdem will sie nicht nach Reno zu ihrem ex-Lover Blade, denn er betreibt dort ein Casino und außerdem will er stets über sie bestimmen, Glory dagegen will auf eigenen Füssen stehen. Doch schon auf der Fahrt nach Austin nimmt der stramme Schotte (den sie immer noch verdammt attraktiv findet) via Wachhund Valdez Kontakt zu Glory auf um sie vor den Vampirjäger Westwood zu warnen. Glory schlägt die Ratschläge in den Wind und lässt sich in Austin nieder. Dort scharwenzelt nicht nur Blade um sie herum, sondern auch der sexy Damian – mit welchen von beiden soll sie nun ihr Bett teilen?

 

Das Geschehen trägt sich in Austin und Umgebung der Gegenwart (vermutlich 2007) zu. Ort und Zeit spielen aber nur eine marginale Rolle. Texas-spezifisch ist nur das Casino-Verbot und die Behauptung, es gäbe viele Cowboys – allerdings tritt dann nur Blade entsprechend kostümiert auf. Es gibt eine beiläufige Bemerkung über 9/11, aber sonst könnte die Geschichte auch vor zwanzig Jahren spielen, sieht man vom Internet und anderen Alltagstechniken ab.

Der Roman wimmelt nur so vor phantastischen Elementen, denn beinahe alle Figuren sind übernatürliche Wesen, die meisten davon sind Vampire. Bartletts Vampire sind eigentümlich menschlich: Sie atmen, bluten, tauschen alle möglichen Körperflüssigkeiten aus und sind dennoch untot. Daher sind sie kälter als Sterbliche und können nichts essen. Natürlich trinken sie Blut, meistens allerdings Kunstblut aus der Dose – "Bloody Merry" tarnt sich als Energydrink aus dem Internet. Mit der Religion haben sie kein Problem, dafür aber mit Sonnenlicht. Sie können sich in Fledermäuse verwandeln, blitzschnell bewegen und sind natürlich äußerst stark. Eine besondere Rolle spielt der "Whammy", ihre Fähigkeit Gedanken zu lesen, manipulieren und Suggestionen einzupflanzen – warum sie immer noch arbeiten, ist mir dabei ein Rätsel; es liegt wohl an ihrer eigenwilligen Moral. Sie können (anscheinend?) jeden Wunsch wahr werden lassen, wenn ihr Wille nur fest genug ist. Die Autorin beschreibt es auf ihren Blog so: "Vampires who bite but don't hurt." (Wobei das mit dem Beißen sich in Grenzen hält.) Neben dem sprechenden und telepathierenden Wachhund Valdez treten noch Werwesen, Geister und Miniaturroboter auf.

Insgesamt wird dem Setting, vor allem den Schauplätzen, relativ wenig Raum gewährt; die Losgelöstheit der Figuren machen es zu einem Ambiente, wobei die generischen Beschreibungen der Schauplätze es ein wenig künstlich wirken lassen.

 

Die Zahl der relevanten Figuren ist mit etwa einem Dutzend relativ hoch. Die Figuren sind dabei nicht nur knapp ausgeführt, sondern zusätzlich eher schematisch und Klischee belastete Exzentriker: Die Vampire – der stramme Schotte Blade, der italienische Casanova Damian, die heißblütige Italienerin Flo, die elegante altadlige Österreicherin CiCi usw. – sind mehrheitlich uralt, unglaublich mächtig, höchst attraktiv und verhalten sich wie grenzdebile Klischeejugendliche.

Zentral ist Gloriana Eloisa St. Clair – Glory für ihre Freunde. Die vierhundert Jahre alte Vampirin war als Sterbliche eine Theaterschauspielerin, die Shakespeare im Repertoire hatte. Davon merkt der Leser allerdings nichts, da sie sich perfekt an die Gegenwart angepasst hat, nur aus der Pop-Kultur zitiert und die Klassiker vergessen hat. Lange hatte sie noch als Showgirl gearbeitet, doch jetzt will sie ihre Brötchen (bzw. Bloody Merrys) mit dem Betrieb einer Butike verdienen. Bisher hat sie sich völlig passiv verhalten und ihre Vampirkräfte nicht entwickelt, doch jetzt will sie endlich auf eigenen Füssen stehen – warum jetzt und nicht irgendwann früher (sie hatte ja immerhin vierhundert Jahre Zeit) bleibt unklar. Sie selbst hält sich für fett, wobei wiederum unklar ist, wie viel sie genau wiegt; da sie "Monsterschenkel" und große Brüste hat, sich aber nie über ihren Bauch beklagt, liegt sie vermutlich ein paar Pfunde über dem 'Idealgewicht'. Gleichwie, ihre Brüste sind groß, daher ist sie attraktiv für die meisten Vampire, die, wenn sie mit Vampirinnen reden, auch auf die Brüste starren. Zwar will Glory zurzeit nicht mit Blade zusammenkommen, weil er sie stets bevormundet, doch dass heißt ja nicht, dass ihr Bett leer bleiben muss – Glory will "vögeln, bis man die Sterne sieht". Findet sogar so viele Vampire attraktiv, dass sie sich für eine Schlampe hält – worin ihr die Vampire natürlich widersprechen.

 

Einen zentralen Plot hat der Roman nicht, vielmehr ein Bündel mehr oder minder verschiedener Plots, die um Glory zentriert sind. Da ist zunächst Glorys Liebesleben. Glory findet ihren Ex Blade immer noch verdammt scharf – wäre er nicht so besitzergreifend, wäre sie wohl immer noch mit ihm zusammen. Ein bisschen "vögeln" geht allerdings klar. Dann ist da noch der sexy Damian – soll sie mit ihm? Schmacht, flirt, fick – mehr Porno als Liebesgeschichte. Als nächstes kommt Glorys Entwicklungsplot; bisher war Glory eher unselbstständig – gelingt es ihr sich zu ändern? Dann kommt die Bedrohung durch Westwood – eine Art Thriller – und die rätselhafte Ermordung weiterer Vampire – eine Art Kriminalgeschichte. Entsprechend sind die Spannungsquellen gesetzt – viel 'Erotik', etwas Action und einige Rätsel. Meines Erachtens gehen die Spannungsquellen allerdings nicht besonders gut auf, so werden die Rätsel z. B. sehr beiläufig gelöst. Weiterhin setzt die Autorin auf Humor, bei dem es sich um 'Fettnäpchen-Klamauk' und kesse Sprüche, die teilweise deutlich an die flotten Synchronisierungen der 70er erinnern, handelt. Ob das noch ein Vampirroman ist, muss der geneigte Leser selbst entscheiden.

Unglücklicherweise ist die Geschichte sehr situativ erzählt – es wird ausführlich auf Glorys Befinden eingegangen (meist ist sie geil, hat einen feuchten Schritt und harte Brustwarzen). Darunter leidet nicht nur der Plotfluss, der recht träge ist, sondern auch die Komplexität der Plots – zumeist gibt es nur ein oder zwei echte Plotpunkte und kaum echte Auflösungen.

Bartlett orientiert sich mit ihrer Romanreihe (Echte Vampire haben Kurven ist der erste Band) deutlich an Seifenopern, auf die sie auch mehrfach anspielt, und entsprechend verfasst sie die Bände auch recht zügig – in nicht ganz zwei Jahren hat sie fünf Folgen abgeschlossen. Dazu passt, dass viele Themen angerissen, aber nicht eingehend behandelt oder gar abgeschlossen werden – der erste Band liest sich wie eine Pilotfolge; ich bin der Ansicht, dass die Autorin für ein solches Unterfangen das falsche Formart gewählt hat: Eine Reihe von Novellen oder ein Episodenroman wären wesentlich geeigneter.

 

Erzähltechnisch ist der Roman nicht originell. Es gibt einen Erzählstrang, der von Glory als Ich-Erzählerin berichtet wird. Das geht weitgehend progressiv von statten, wobei es ein paar regressive Momente gibt, die entweder die Figuren erläutern oder Rätsel auflösen.

Auch wenn die Figuren zumeist weit mehr als hundert Jahre alt sind, ist der Sprachgebrauch doch sehr modern – sie haben sich halt angepasst. Die Wortwahl schwankt dabei zwischen blumig und salopp, gleitet aber manchmal ins Vulgäre ab. Die Sätze neigen zur Kürze, wobei auch die längeren stets leicht zugänglich sind. Die Dialoge haben einen großen Stellenwert, doch leider sind sie nicht sonderlich pointiert, sondern geben meistenteils endlose, banale Zankereien wieder.

 

Fazit:

Während Vampirjäger Westwood den Bluttrinkern Austins nachstellt, muss Glory sich dem Ernst des Lebens stellen: Wie lebe ich mein eigenes Leben, wo gibt es die schicksten Schuhe und soll ich eher mit Blade oder mit Damian in die Kiste steigen? Mit Echte Vampire haben Kurven beginnt eine Seifenoper, die mit leicht zugänglichen Humor, Erotik und Action unterhalten will. Der Leser wird vermutlich folgendes Bonmot kennen: Entweder man hasst es oder man liebt es, dazwischen gibt es nichts. Ich bin mir sicher, der Roman wird viele Anhänger finden – ich gehöre nicht dazu.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420110544a2201ae2
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Roman:

Titel: Echte Vampire haben Kurven

Reihe: Glory St. Clair Bd. 1

Original: Real Vampires Have Kurves

Autor: Gerry Bartlett

Übersetzer: Ursula C. Sturm

Verlag: Heyne

Seiten: 431 - Broschiert

Titelbild: Natascha Römer, Die Kleinert

ISBN-13: 978-3-453-53318-9

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 09.05.2009, zuletzt aktualisiert: 25.07.2022 18:56, 8712