Rezension von Christel Scheja
Bereits zwei Romane verfasste Michelle Harrison im “Elfenseele”-Universum. Ihre Heldin Tanya fand nicht nur heraus, dass das Haus ihrer Großmutter immer wieder Elfen und Feen Zutritt erlaubte, sondern dass auch sie selbst das Blut der Anderswelt in sich hatte.
Bei ihren Abenteuern lernte sie auch das Straßenkind Red kennen, das ebenfalls immer wieder mit den unsichtbaren Wesen in Berührung kann und noch mehr als sie mit den Elfen verbunden ist, da ihr Vater aus deren Reich stammte.
Immerhin gelang es Red, die ihren alten Namen Rowan wieder annahm, die selbst gestellte Aufgabe zu erfüllen und sich gleichzeitig mit ihrer Vergangenheit zu versöhnen.
Nun versucht sie mit ihrer wahren Mutter zurecht zu kommen und ein halbwegs normales Leben in der irdischen Welt zu führen. Doch das ist weniger einfach als sie denkt, denn auch wenn sie einiges erreicht hat und im Frühjahr und Sommer wieder der Hof der Seelie regiert, haben die Unseelie, mit denen sie in Fehde liegt, immer noch nicht aufgegeben.
Die Zeichen für einen Angriff mehren sich. Sowohl Tanya, die die Sommerferien wieder auf Elvesden Manor verbringt, als auch Rowan bemerken durch die Gabe des zweiten Gesichts, dass sich im Wald und den Garten etwas Unheimliches tut, was sie nicht richtig einschätzen können. Zudem gibt es unerklärliche Todesfälle zu vermelden, die ihre alten Freunde und Verbündeten auf den Plan rufen. Vor allem Rowan soll helfen, diese aufzuklären, doch diese kann nur eines feststellen: Jemand sinnt auf Rache und hat keine Skrupel dafür auch Unschuldige zu benutzen.
Schließlich bleibt den Mädchen und ihren Freunden nur noch das alte Gemäuer als Rückzugsort. Sie bemühen sich, einen starken Schutz aufzubauen, doch dieser wird immer wieder von den Feinden und ihren Handlangern unterlaufen.
Schließlich erfahren sie auch, warum dem so ist: Einer, dem sie bisher tief und fest vertraut haben, ist ein Verräter.
Wie auch schon in den beiden vorherigen Bänden erzählt „Elfenseele – Jenseits der Ferne“ keine romantische Geschichte um die Liebe zwischen Geschöpfen aus anderen Welten. Zwar funkt es gelegentlich – aber nur sehr kurz – zwischen den Mädchen und Jungen, aber das ist nur ein Nebenprodukt. Die Autorin spinnt stattdessen ihre magische Urban-Fantasy-Geschichte weiter und zeigt die Wesen der Anderswelt auch weiterhin als gefährliche, schwer einzuschätzende und gelegentlich auch hinterhältige Wesen, die nur in einem geringen Maße mit sich handeln lassen, Sterbliche verachten und ihnen mit Vergnügen schaden.
Hier schöpft sie voll aus dem britisch-irischen Überlieferung und spinnt ein Netz aus Intrigen und Grausamkeiten, die nicht gerade harmlos sind. Niedliche Feen wird man hier nicht finden, eher boshafte Elfenwesen, die kaum daran interessiert sind, den Menschen zu helfen und wenn dann schon dazu gezwungen werden müssen. Das ganze erinnert an die „Spiderwick“-Romane von Holly-Black, wenn auch mit Inhalten, die sich eher an ältere Leser richten.
Das Ganze ist wie immer unterhaltsam und kurzweilig erzählt, die Figuren werden sehr glaubwürdig und lebendig geschildert, vor allem Rowan und Tanya gewinnen noch etwas an Tiefe, während ihre Freunde doch eher blass bleiben. Allerdings ist es schon sinnvoll, die beiden anderen Romane zu kennen, da ein Einstieg in die Sage ohne Kenntnis derselben inzwischen schwierig wird. Die Autorin verzichtet darauf, die früheren Geschehnisse ausführlich zu erklären.
Alles in allem wendet sich „Elfenseele - Jenseits der Ferne“ an junge Leser ab dem Teenager-Alter, die zwar Fantasy-Abenteuer mit Helden in ihrem Alter schätzen, aber auch noch mehr auf Spannung, magische Geheimnisse und Freundschaft setzen, als auf romantische Beziehungen zu geheimnisvollen Jungs.