Elric – Die Erschaffung eines Hexers
 
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Elric – Die Erschaffung eines Hexers

Rezension von Christian Endres

 

 

Jeder Fluch hat seinen Anfang ...

 

Mit seinem Ewigen Helden Elric schuf Michael Moorcock eine der wichtigsten Figuren der modernen Fantasy-Literatur nach Tolkien und Howard sowie deren legendären Helden-Archetypen um clevere Meisterdiebe, edle Waldläufer und starke Barbarenkrieger. Nachdem Elric in den 1970ern und 1980ern bereits ein paar Auftritte im Comic hatte, machten sich sein Schöpfer Michael Moorcock höchstpersönlich und Comic-Star Walt Simonson (der schon an den ersten Gehversuchen des Helden im Medium beteiligt gewesen war) zwischen 2004 und 2006 im Auftrag von DC daran, in vier umfangreichen Heften das Prequel zu Moorcocks Saga um Elric zu Papier zu bringen. Nun liegen diese vier Hefte als gut 200 Seiten starker Sammelband auf Deutsch bei Panini vor – für uns die ideale Gelegenheit, der in jederlei Hinsicht phantastischen Erschaffung eines Hexers beizuwohnen ...

 

Der Thron des Imperators von Melniboné sucht einen würdigen Nachfolger. Der schwächliche, belesene Albino Elric und sein starker, brutaler Vetter Yyrkoon buhlen in vier Traumwettkämpfen um die Nachfolge von Elrics Vater Sadric, dem alten Imperator, der sich nicht ohne diese Traumquesten zwischen seinem schwächlichen Sohn und dessen Cousin entscheiden will. Doch die vier langen Träume der beiden jungen Männer sind mehr als luftige Wettstreite auf sonnenbeschienenen Traumwiesen abseits Morpheus’ finsteren Alb-Weiden – sie sind schwierige Questen voller Rätsel, Intrigen und Gefahren, in denen die beiden Kontrahenten sogar den Tod finden und sowohl ihr Traum-Ich, als auch der schlafende Körper vernichtet werden können. Ein erbitterter Wettkampf um den glorreichen, sagenumwobenen Thron von Melniboné taucht die Traumwelten und Vergangenheiten des Multiversums folglich in ein Meer aus Blut, Kampf und Gewalt, bis sich im letzten und längsten der vier großen Träume das Schicksal von Melniboné entscheiden und einen Nachfolger für den Imperator bestimmen wird ...

 

Altmeister Michael Moorcock macht das – wie immer – recht geschickt: Er verbindet eigenwillige, mal bunte, mal düstere Settings der Traumwelten mit eher klassischen Motiven und Elementen der Fantasy. So gesellen sich zu interessanten politischen oder familiären Konstellationen mächtigen Götter und Dämonen des Chaos, Luftpiraten, verfluchte Waffen, Barbarenhorden, Drachen oder etwa furchtbare Elementarwesen. Dabei entsteht im Lauf des Sammelbandes ein gelungener Mix, der auf der einen Seite regelrecht pulpige Allüren an den Tag legt, auf der anderen Seite aber auch wunderbar innovativ, komplex und tiefsinnig wirkt. Elric von Melniboné war eben schon immer ein etwas anderer Held, genauso wie sein Schöpfer Michael Moorcock schon immer ein anderer Autor und Walt Simonson schon immer ein etwas anderer Comic-Künstler war – ihren elitären Status legen daher auch weder Elrics Comic-Alter-Ego, noch die beiden Künstler ab, wenngleich sie an genau der richtigen Stelle dem Mainstream stets Tribut zollen, sodass bei dieser Story jeder auf seine Kosten kommt.

 

Walt Simonson ist wahrlich kein Mainstream-Zeichner (oder -Autor) – das war er noch nie und das wird er auch nie werden. Doch sein Strich ist klassisch, und spätestens seit seiner Arbeit an The Mighty Thor in den 1980ern wissen wir, dass Simonson sich mit mythologisch angehauchten Helden bestens auskennt und sie sowohl schreiberisch, als auch zeichnerisch in Szene zu setzen versteht. Anders als Thor ist Michael Moorcocks verfluchter Traumjäger und vom Schicksal gebeutelter Albinoheld Elric aber kein göttlicher Muskelprotz mit blonder Schillerlocke und einem Riesenhammer – dennoch tut sich Simonson auch im vorliegenden Band um den Ewigen Helden aus Moorcocks Multiversum als ein zwar ziemlich rustikaler und gewöhnungsbedürftiger, aber nach kurzer Eingewöhnungszeit eben auch sehr atmosphärischer Zeichner hervor, der die zum Teil sehr melancholische Stimmung Elrics sowie die exotischen Anstriche der Traumwelten bestens einzufangen versteht. Spätestens mit der Farbgebung von Steve Oliff wird das Artwork der Geschichte um Elrics Traumprüfungen zu einer runden Sache – andersartig zwar und wohl auch nicht jedermanns Geschmack, aber eben durch und durch homogen, in sich geschlossen und zur Geschichte und Elrics Saga passend.

 

Den Preis für das schönste Cover 2007 wird sich der Sammelband vielleicht nicht unbedingt holen, doch überzeugt das über 200 Seiten starke Trade ansonsten durch die gewohnte Qualität aus dem Hause Panini: Eine schöne Klappenbroschur, gutes Papier und nette Extras wie Infos zu den Machern oder eine Cover-Galerie machen diesen bunten Ausflug ins Multiversum zu einem lesefreundlichen Vergnügen, das man gerne zur Hand nimmt, auch nach der Lektüre noch einmal durchblättert und sich schließlich gerne ins Regal stellt.

 

Fazit: Ob die eingefleischtesten unter den »Moorcock-Jüngern« mit diesem Ausflug in die Vergangenheit ihres Ewigen Helden rundum zufrieden sein werden, sei einmal dahin gestellt. »Elric – Die Erschaffung eines Hexers« funktioniert aber auch unabhängig der großen, mehrbändigen und vor allem komplexen literarischen Vorlage von Michael Moorcock und besteht für sich genommen als grundsolider Fantasy-Comic, der trotz aller phantastischen Elemente und Figuren auch in seiner Comicform über den Tellerrand stereotyper Rollenspiel-Fantasy hinaus blickt und über weite Strecken intelligent zu unterhalten weiß. Walt Simonsons eigenwilliges, aber gutes Artwork sowie die schöne Farbgebung von Steve Oliff sorgen dann schließlich dafür, dass Elric auch als Comic-Adaption eine große Faszination ausübt, wenn die Geschichte mal schwertschwingend durch das Meer der Fantasy-Klischees watet, mal aber eben auch abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs ist.

 

Unterm Strich bleibt somit die gelungene und wirklich gute Adaption eines durchaus schwierigen Stoffes – und darüber hinaus ein gelungener Appetizer auf Moorcocks faszinierendes Multiversum und in der Summe eben auch ein andersartiger, vielschichtiger und abwechslungsreicher Fantasy-Comic, in dem ein etwas anderes Konzept, ein etwas anderer Held und eben auch ein etwas anderes Artwork eine atmosphärische Symbiose eingehen.

 

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404250904525914060b
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Comic:

Elric: Die Erschaffung eines Hexers

Autor: Michael Moorcock

Zeichner: Walt Simonson

Seiten: 204

ISBN: 3866073747

Verlag: Panini, April 2007

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 01.06.2007, zuletzt aktualisiert: 21.04.2024 14:11, 3943