Rezension von Christian Handel
Seit er vor kurzem die Schule gewechselt hat, ist Erik ein Außenseiter. Das liegt vor allem an der seltenen Hautkrankheit, an der er leidet und die seine Mitschüler nicht verstehen. Nichts wünscht sich der Fünftklässler sehnlicher, als genauso zu sein wie alle anderen. Als er schließlich in einem Traum die “Quelle der Hoffnung” findet, scheint er sein Ziel erreicht zu haben.
Von der Quelle hat er aus einem alten Märchenbuch erfahren, dass er beim Aufräumen auf dem Speicher seiner Großmutter gefunden hat; ihr wird nachgesagt, jegliche Leiden und Gebrechen zu heilen.
Erik erkennt am eigenen Leib, dass sie dies auch tut – und nicht nur das, sie ist ein Portal, durch das er in eine fantastische Welt voller Zauber und Fabelwesen gelangt.
Auf der Suche nach einem Weg in die richtige Welt durchstreift Erik eine wahrhaft magische Welt, muss jedoch auch recht bald begreifen, dass es um diese nicht nur zum Besten bestellt ist. Ein böser Zauberer hat die Herrschaft über das Land an sich gerissen – und das Lachen und Fröhlichkeit per Dekret verboten.
Schon bald ziehen sich auch Erik und seine neugewonnenen Freunde – ein sprechender Ameisenbär und eine pummelige Waldelfe – die Feindschaft des Zauberers. Eriks Suche verwandelt sich in eine Flucht vor dem Gewaltherrscher, der den dunklen Plan verfolgt, die verschwundenen Drachen wieder in die Welt zurückzurufen.
Andrea Tillmanns legt mit „Erik im Land der Drachen“ einen ca. 150seitigen Roman vor, der das Zeug hat, das Zielpublikum, auf den er zugeschnitten ist, durchaus zu begeistern. Vor allem junge Leser im Alter ab 8 Jahre, für die das Buch der erste Fantasy-Roman ist, dürften daran gefallen finden. Genauso wie Erik haben sie die Möglichkeit, eine phantastische Welt zu entdecken.
Die Autorin erfindet das Rad nicht neu: Ein Kind, das durch ein Portal in eine magische Fantasy-Welt gelangt und dort den ungeliebten Schreckensherrscher zu Fall bringt, ist ein beliebtes Motiv in der Jugendfantasy. Seine Reise durch eine bunte Zauberwelt, die Begegnung mit treuen, magischen Gefährten und schlussendlich das Reifen der eigenen Persönlichkeit aufgrund der Aufgabe, sind geradezu stellvertretend für solcherlei Romane. In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass Tillmanns sich nicht ausschließlich aus Archetypen ausruht, sondern für Erik in der Zauberwelt Gefährten kreirt, die gängigen Klischees erfrischend widersprechen: die zauberkundige Waldelfe ist kein kleines, scheues Geschöpf, sondern eine dickliche, mutige Person und anstatt eines sprechenden Wolfes oder Löwen begegnen wir hier einem Ameisenbären.
Auch andere kleine Details im Roman – wie etwa die Kunstwerke der Luftelfen – sind schöne neue Kreationen.
Die Handlung verläuft der Zielgruppe entsprechend geradlinig und erstreckt sich über 150 Seiten – ein Umfang, den auch Lese-Neulinge in überschaubarer Zeit bewältigen können. Man wünscht dem Kinder- und Jugendroman, der aufgrund seiner recht einfach gehaltenen Aufmachung ein bisschen Gefahr läuft, zwischen den knallbunten Umschlägen anderer Bücher unter zu gehen, dass er sein Publikum findet. Bei einem Verkaufspreis von € 10,- stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls, so dass sich der Griff zu “Erik im Land der Drachen” lohnt.