Festival obscure - Jahrmärkte und fahrendes Volk
 
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Festival obscure - Jahrmärkte und fahrendes Volk

Rezension von David Grashoff

 

Volksfeste und Jahrmärkte sind ja eigentlich dazu da, Menschen ein paar vergnügliche und unterhaltsame Stunden zu bereiten, sie von ihren Alltagssorgen abzulenken. Doch seit jeher haftet diesen Veranstaltungen eine zweifelhafte Reputation an, vielleicht liegt das an dem fahrenden Volk, den Zigeunern, denen man nachsagt Hexerei zu betreiben, oder vielleicht fühlen die Besucher, dass man hinter der oberflächlichen und freundlichen Fassade der Schausteller, auf verborgende und dunkle Tiefen stoßen kann.

Gerade die Anfänge des 20. Jahrhunderts - also die Zeit in der Cthulhu spielt -, in denen man auf Jahrmärkten noch auf allerlei Seltsames und Mysteriöses stieß, bieten sich als Hintergrund für gruselige Geschichten und Abenteuer an. Das dachte sich auch der Pegasus Verlag, der mit Festival obscure der Cthulhu-Fangemeinschaft ein Quellen- und Abenteuerband beschert hat, das sich den Jahrmärkten und dem fahrenden Volk widmet.

 

Das 173-seitige Hardcover Buch besticht durch ein sehr hübsches Titelbild aus der Feder von Manfred Escher, auf dem ein geisterhaftes Clownsgesicht zu sehen ist, das bei nähere Betrachtung aus mehreren Karussells besteht. Wie von Pegasus gewohnt ist auch das Innenlayout von gehobener Qualität und die vielen zeitgenössischen Fotografien haben selten besser zum Text gepasst als in Festival obscure.

 

Nach einem standesüblichen Vorwort von Julia Erdmann, geht es mit der Beschreibung einiger Festlichkeiten in deutschen Landen los. Das gebotene Material ist sehr interessant und unterhaltsam geschrieben, doch aufgrund der geographischen Eingrenzung nur für Gruppen nützlich, die auch in Deutschland spielen. Bunt ist die Lieblingsfarbe der Schausteller heißt das zweite Kapitel, das dem Leser das Leben der Schausteller und des fahrenden Volks näher bringt. Leider ist dieser wirklich spannende Abschnitt mit nur 6 Seiten ein wenig kurz geraten. Auf den nächsten ca. 30 Seiten wird uns ein typischer Jahrmarkt der 1920er samt Karte und Beschreibung aller Attraktionen und Künstler.

Neben den üblichen Fahrgeschäften wie die Geisterbahn, das Riesenrad oder sogar eine Achterbahn, stellt uns das Festival obscure einige schräge, bizarre Gestalten vor, wie den Löwenmenschen, die Bärtige Dame und siamesischen Zwillingen und eine Zirkustruppe, bei der weder der Clown, die Raubtierdompteurin, noch die russischen Hochseilkünstler und Akrobaten fehlen. Das dargebotene Material überzeugt sowohl in ihrer Quantität, wie auch in der Qualität. Es wird dem Spielleiter alles in die Hand gelegt, um den Jahrmarkt als Hintergrund zu nutzen und mit Leben zu erwecken.

 

Nachdem man den Quellenteil von Festival obscure hinter sich gelassen hat, stößt man auf drei Abenteuer, die allesamt mit der Jahrmarkt Thematik zu tun haben.

Eine Frage der Perspektive von Jakob Schmidt und Nathanael Busch beginnt während einer Zugreise der Charaktere nach Danzig, wo sie die Bekanntschaft eines seltsamen Mannes machen. Später dann in Danzig, treffen die Charaktere diesen Mann erneut, doch diesmal ist er tot. Die Spuren des Mörders führen die Charaktere zu einem Jahrmarkt, der gerade in Danzig Station macht. Dort werden sie einige interessante Entdeckungen machen und im Spiegelkabinett in eine fremdartige Parallel-Welt versetzt.

Eine Frage der Perspektive dürfte eine interessante Herausforderung für jede Gruppe sein, die gerne investigative Arbeit leistet. Spielleiter die aber wissen, dass ihre Spieler vielleicht Probleme mit der Reise in eine andere, surreale Dimension haben könnten (so etwas soll es geben), sollten sich zweimal überlegen, ob sie dieses Abenteuer in Angriff nehmen wollen. Ich war auf jeden Fall angetan.

 

Das nächste Abenteuer trägt den Titel Das doppelte Lottchen und stammt von Momo Evers, die London als Hintergrund für die Handlung ihrer kriminalistischen Zirkusgeschichte ausgesucht hat. Die Charaktere gewinnen eine Freikarte für den Littletrill Zirkus. Der Besuch dieser Veranstaltung läuft allerdings aller andere als amüsant ab, stürzt doch die Hochseilartistin Lotte von ihrem Seil. Sie überlebt den Sturz, fällt jedoch in ein seltsames Koma, das nach und nach auch die anderen Artisten des Zirkus befällt.

Nun liegt es an den Charakteren diesen mysteriösen Ereignissen nachzugehen.

Das doppelte Lottchen ist ein eher konventionelles Abenteuer, das aber durch eine durchdachte Detektiv-Geschichte und Momo Evers ansprechendem Schreibstil glänzt.

 

Der lachende Mann ist das letzte Abenteuer von Festival obscure und spielt im Deutschland der 20er Jahre. Wie der Name dieses Szenario von Ingo Ahrens bereits erahnen lässt, bedient es sich der Angst der Menschen vor Clowns.

Nachdem sich die Charaktere einen schönen Tag auf dem Jahrmarkt gemacht haben, kommt es in der Nacht zu verstörenden Vorfällen, bei denen maskierte Kinder mit Messern bewaffnet versuchen ihre Eltern zu töten. Natürlich werden die Charaktere versuchen herauszufinden, was passiert ist, und als in der nächsten Nacht zwei Menschen ermordet werden, scheinen die Ereignisse noch undurchschaubarer zu werden.

Auch Der lachende Mann ist ein kriminalistisches Abenteuer, das mit einer interessanten und spannenden Geschichten aufwarten kann und die schaurig-schöne Stimmung des Jahrmarkts sehr schön transportiert.

 

Mit Festival obscure ist dem Pegasus Team ein wirklich sehr bemerkenswertes Buch gelungen, dass sowohl vom Inhalt, wie auch vom Design auf der vollen Linie überzeugen kann. Das Quellenmaterial ist ansprechend ausgearbeitet und sehr informativ, wenn auch gerade der Quellenteil gerne ein wenig ausführlicher hätte ausfallen können. Die Abenteuer sind allesamt lesens- und spielenswert und im oberen drittel meiner persönlichen Qualitätsskala angesiedelt. Die Tatsache, dass nicht jedermann etwas mit einem Quellenband über Jahrmärkte etwas anfangen kann ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Wer aber für seine Kampagne ein originellen Hintergrund sucht, wird in Festival obscure sicherlich fündig.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240502000736a71b9438
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Festival obscure - Jahrmärkte und fahrendes Volk

Von Julia Erdmann

Gebundene Ausgabe - 173 Seiten - Pegasus Spiele

Erscheinungsdatum: Dezember 2005

ISBN: 3937826459

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 23.01.2006, zuletzt aktualisiert: 25.02.2015 19:04, 1796