Fortune de France (Autor: Robert Merle; Fortune de France 1)
 
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Fortune de France von Robert Merle

Reihe: Fortune de France Band 1

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Frankreich im 16. Jahrhundert – es tobt der Glaubenskrieg zwischen Katholiken und Hugenotten. Die Christen beider Parteien metzeln einander fröhlich nieder: es fällt ja so schwer, den Glauben des anderen zu ertragen. Noch in der kleinen Welt von Burg Mespech im Périgord spürt der junge Pierre de Siorac den Riss, der durch das Land geht. Sein Vater, der Baron, ist Anhänger der reformierten Religion und zwingt die Kinder wie auch das Gesinde, sich gleichfalls zu bekehren. Die Mutter bleibt Papistin, ein nie nachlassender Grund für Konflikte. Und trotzdem ist für Pierre die Burg der Ort, an dem er sich geborgen fühlt. Hier lernt er fechten, reiten, lieben und bildet die Talente aus, die er dereinst – in den folgenden Bänden der Romanserie – Henri Quatre leihen wird.

 

Rezension:

1977 begann Robert Merle mit seiner historischen Roman-Reihe Fortune de France. Den titelgebenden ersten Band brachte der Aufbau Verlag erst 1998 heraus, da man zunächst nicht vorhatte, die gesamte Reihe ins Deutsche zu übertragen. Der Erfolg jedoch ließ die Fans nach einer Komplettierung rufen und so erschienen bis 2008 alle dreizehn Bände.

Im Zentrum stehen drei Generationen einer französischen Familie in den für Frankreich bedeutenden Jahren vom Tode Franz I. bis zur Regentschaft des Sonnenkönigs. Im ersten Band erleben wir zunächst den Aufstieg des Vaters unseres Protagonisten vom Schürzen jagenden Medizinstudenten zum erfolgreichen Baron im Périgord. Jean de Siorac wird Mitglied der Normannischen Legion des Königs, um der Verurteilung nach einen tödlichen Duell zu entkommen. Er verlässt die Legion als Hauptmann zusammen mit einem Freund, Jean de Sauveterre. Die beiden sind unzertrennlich wie Brüder, was sie später durch gegenseitige Adoption rechtlich auch festschreiben lassen. Sie bringen aus ihrer Dienstzeit genug Geld mit, um sich eine leerstehende Baronie samt Burg kaufen zu können und beginnen das Gut nach und nach auszubauen.

Es ist die Zeit der christlichen Glaubenskriege. In einer katholischen Gegend sollte man mit calvinistischen Ideen vorsichtig sein und so bemühen sich die Freunde, in Glaubensdingen diplomatisch zu sein. Jedoch verliebt sich Jean in eine katholische Adlige. Das junge Mädchen wird zur Mutter unseres Ich-Erzählers und der Streit um den wahren Glauben zieht auch auf Burg Mespech ein. So verbringt Pierre de Siorac seine ersten Lebensjahre zwischen abenteuerlichem Landleben, der Pest und blutigem Religionsfanatismus.

 

Robert Merle zeigt bereits im Eröffnungsband, welche Themen er in der »Fortune de France«-Reihe behandeln will. Die politische Geschichte Frankreichs wird durch die Verknüpfung mit einer persönlichen Lebensgeschichte erfahrbar. Bereits Jean de Siorac hat Verbindungen zu wichtigen Persönlichkeiten und erfährt somit die Hintergründe der aktuellen Ereignisse. Gleichzeitig ist er nicht nur beim Betrieb seines Gutes fortschrittlich, auch auf dem Gebiet der Medizin wendet er sich neueren, wissenschaftlichen Erkenntnissen zu und kann somit erfolgreich einen Pest-Ausbruch auf Mespech verhindern.

Die moralische Bindung an protestantische Lehren verhindert zudem, dass er sich an Massakern beteiligt. Seine Frömmigkeit endet jedoch, wenn es um Frauen geht, was dazu führt, dass er einigen Unterhalt zahlt. Das dann wiederum freiwillig. Auch der junge Pierre zeigt sich bereits als frühreif genug, um die nächtlichen Besuche von Hélix, der Tochter seiner Amme Barberine, in seinem Bett genießen zu können. Die Stellung der Frau wird von Merle in all ihrer Abhängigkeit von männlicher Macht beschrieben. Man belohnt gute Diener mit einem Eheweib, verspricht Söldnern, sich beim Plündern mit Vergewaltigungen vergnügen zu können und spricht den Frauen grundsätzlich jegliche Meinung oder Rechte ab.

An manchen Stellen fragt man sich schon, inwiefern Merle hier eine tatsächliche sexuelle Aufladung jener Zeit beschreibt oder einfach Gefallen daran findet. Interessant ist dabei auch die Beschreibung sexueller Frustration bei jenen Männern, die zu arm waren, um sich einen Haushalt mit Frau und Kindern leisten zu können. Merle legt hier etliche soziale Probleme bloß und die Plagen der ländlichen Bevölkerung illustriert er in diesem ersten Band sehr lebendig.

Mag es an einigen Stellen romantische Züge geben, bleibt Merle trotzdem stets realistisch und verweigert sich Beschönigungen oder Simplifizierungen. So kann man etwa die fehlende staatliche Ordnungsmacht während des ersten Hugenottenkrieges beobachten, wenn Burg Mespech sich selbst gegen räuberische Banden verteidigen muss.

Ähnlich kritisch wird auch der Umstand beschrieben, dass die großen Grundbesitzer in Zeiten des Krieges, der Dürre oder der Pest auf Kosten der Ärmsten noch reicher werden. Bauern müssen ihre Arbeitskraft auf Jahre für etwas Getreide verpfänden, ganze Dörfer fallen an Adlige, die ihre Vorratskammern vor den Hungernden verschließen. Frankreich war im 16. Jahrhundert kein Paradies und Robert Merle liefert davon eine kraftvolle Illustrierung.

 

Fazit:

Robert Merle legt im Auftaktband der »Fortune de France« nicht nur die Grundlagen seines Generationen übergreifenden Familiengeschichte, er beweist hier bereits sein großes Gespür dafür, das Leben einfacher Menschen mit den historisch verbürgten Ereignissen so bildhaft und spannungsvoll zu verknüpfen, dass man meint, dabei gewesen zu sein.

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Buch:

Fortune de France

Reihe: Fortune de France Band 1

Original: Fortune de France, 1977

Autor: Robert Merle

ÜbersetzerInnen: Ilse Täubert und Edgar Völkl

Taschenbuch: 415 Seiten

Aufbau Taschenbuch Verlag, 1. Februar 1998

 

ISBN-10: 3746612136

ISBN-13: 978-3746612133

 

Erhältlich bei Amazon

 

Kindle-ASIN: B004TQUMEK

 

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Erstellt: 18.12.2017, zuletzt aktualisiert: 25.12.2023 15:02, 16327