Geheimnisvolle Berührung von Nalini Singh
Reihe: Gestaltwandler, Band 12
Rezension von Christel Scheja
Nalini Singh entführte den Leser in eine gut hundert Jahre entfernte Zukunft, die sich nur in wenigen Details von der Gegenwart unterscheidet, aber gänzlich in einer Welt abspielt, von der die normalen Menschen nur wenig wissen, weil Gestaltwandler und Mediale ihre Gesellschaft von den einfachen Sterblichen abschotten, die einen, weil sie nicht als Bestien angesehen werden möchten, die anderen, weil sie bereits große Bereiche in Wirtschaft und Politik kontrollieren.
Um sich nicht von Gefühlen in der Entfaltung ihrer Fähigkeiten stören zu lassen oder ungewollte Reaktionen zu erzeugen, die Katastrophen hervorrufen könnten, haben die Medialen vor langer Zeit das „Silentium“ ausgerufen. Seither lernen schon die Kinder, ihre Emotionen zu unterdrücken und gänzlich auszublenden.
Beispiele haben im Laufe der Jahre allerdings bewiesen, dass dies auch nicht der richtige Weg ist, denn durch das Fehlen von Liebe und Mitgefühl haben einige der Psi-Begabten auch Grenzen überschritten, kennen keine Moral, kein Gewissen mehr.
Obwohl er diese Abnormitäten unerbittlich jagt, sagt man das auch Kaleb Krychek nach, einem der mächtigsten Kardinal-Medialen der Welt, dessen Fähigkeiten Katastrophen verhindern, abschwächen, aber auch auslösen. Mittels Telekinese könnte er ganze Städte in Schutt und Asche legen, wenn er nur wollte.
Doch Kaleb hat eine Schwäche und das ist die schöne Sahara Kyriakus, die vor mehr als sieben Jahren verschwand. Auch wenn andere glauben, dass sie längst tot ist, hat er die Suche niemals aufgegeben – und tatsächlich. Als er sie findet, ist sie nur mehr ein Schatten ihrer Selbst und eine Herausforderung, die in ihm etwas auslöst, was durchaus die Welt erschüttern könnte. Denn gegen die Liebe ist selbst das „Silentium“ machtlos.
Nachdem sie lange Zeit Helden der Gestaltwandler-Clans in den Mittelpunkt stellte, hat sich Nalini Singh nun den Medialen zugewandt, die bisher fast immer die Rolle der Gegenspieler einnahmen. Auch in „Geheimnisvolle Berührung“ macht sie keinen Hehl daraus, wie mächtig, kalt und grausam sie sein können. Anfangs ist gerade Kaleb keine sympathische Figur.
Das ändert sich natürlich im Zusammenspiel mit Sahara. Und so ist ein Großteil des Buches auch der Beziehung entwickelt und nicht den Entwicklungen im Hintergrund.
Es geht in erster Linie darum, zu erklären, warum Kaleb so fasziniert an Sahara ist und was ihn zweifellos an sie bindet. Die junge Frau muss sich selbst erst einmal aus den Traumata befreien, die durch die lange Gefangenschaft entstanden sind – doch als das so weit ist, bekommt die Liebe ihre Chance.
Erst als auch das erotische Knistern seinen Höhepunkt erreicht, darf die Geschichte die Geschehnisse aufgreifen, die Kaleb sonst noch beschäftigen und interessante Entwicklungen in Gang setzen, die sicherlich in kommenden Romanen aufgegriffen werden.
Die Science Fiction Elemente dienen hier leider nur als Staffage – machen die Helden zu herausragenden Wesen, aber haben keinen weltbewegenden Anteil daran, die Geschichte voranzutreiben. Das nimmt der Geschichte auch einiges an Spannung, denn die politischen Entwicklungen bei den Medialen werden überwiegend in Nebensätzen abgehandelt.
Alles in allem ist „Geheimnisvolle Berührung“ ein solider Liebesroman mit der richtigen Portion Sex, der zwar mit den paranormalen Elementen spielt, deren Möglichkeiten aber zugunsten der Beziehungsgeschichte verschenkt.
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