Gerissen (Autor: Peter Abrahams)
 
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Gerissen von Peter Abrahams

Rezension von Eileen Weinreich

 

Inhalt

Als Ivy Seidel, die brotlose Schriftstellerin, die ihren Lebensunterhalt als Barkeeperin bestreitet, das Angebot bekommt, in einem Gefängnis kreatives Schreiben zu unterrichten, sagt sie sofort zu. Ivys Schüler sind Schwerverbrecher übelsten Kalibers. Dennoch zeigen alle ein reges Interesse an Ivys Schreibunterricht und geben ihr Bestes. Einer der Häftlinge sticht aus allen heraus: Vance Harrow, ein zu 25 Jahren Haft verurteilter Casinoräuber. Was er schreibt, berührt Ivy und überzeugt sie sofort von seinem Talent.

 

Zunächst aus Neugier, später aus Gerechtigkeitssinn geht sie auf Spurensuche, was Harrows Tat angeht. Sie recherchiert, befragt und sichtet Material – was sie zu dem Schluss kommen lässt, dass Vance Harrow unschuldig sein muss. Doch mit dieser Erkenntnis beginnen die Probleme der erfolglosen Schriftstellerin erst…

 

Einschätzung

Was dem geneigten Leser auf dem auffallenden Cover als Thriller angepriesen wird, entpuppt sich mit fortschreitendem Lesen von „Gerissen“ als subtil spannende Geschichte mit ungewissem und nicht vorhersehbarem Ausgang. Auf die ein oder andere Weise mag Peter Abrahams’ Roman sicher in die Schiene Thriller einzuordnen sein, gewiss aber nicht in die herkömmliche. Denn der Autor bedient sich nicht unzähliger brutaler Morde, die es aufzuklären gilt. Vielmehr lässt er den aufmerksamen Leser an Zweierlei teilhaben: dem völlig normal scheinenden Dasein einer Autorin, die ihre Werke partout nirgendwo unterbringen kann, sich aber dennoch über jedes noch so kleine Lob in ihren Absagen freut und dem detektivischen Gespür derselben, die sie nicht nur in eine wahrhafte Bredouille bringt, sondern auch noch auf eine Achterbahn sondergleichen.

 

Dem Autor gelingt ein Spagat zwischen verschlagener Spannung und immer mal wieder leicht eingestreutem Humor. Beides verleiht der Geschichte einen Reiz, den man so nicht oft findet, schon gar nicht in diesem Genre. Spannung wird hier ganz anders erzeugt, als man es als Thrillerfan möglicherweise gewohnt sein mag. Die Spannung kommt in „Gerissen“ vielmehr über normale und lebensnahe Dialoge, die sich lediglich in eine sich immer mehr zum verrückten zuspitzenden Geschichte einfügen. Der Ausgang jener Ereignisse und Verstrickungen ist ungewiss bis zu dem Punkt, an dem der Autor alles auflöst. Man hat also kaum eine Chance, die Verwicklungen zu durchschauen, wodurch einem lediglich die passive Beobachterrolle bleibt, von der aus man höchstens vage Thesen aufzustellen in der Lage ist.

 

Die vom Autor verwendete Sprache mag zunächst etwas holprig und unentschlossen erscheinen, passt aber hervorragend zu den ebenso holprigen Ereignissen. Sobald man sich auf den ungewöhnlichen Stil eingelassen bzw. sich daran gewöhnt hat, verleiht er der Geschichte eine Rasanz, die zusätzlich dazu führt, dass „Gerissen“ zu einem wahren Pageturner wird. Besonders bereits erwähnte Dialoge wissen zu fesseln. Einen ebenso ungewohnten wie aber dennoch großen Reiz üben auch die Protagonisten auf den Leser aus. So fällt es nicht schwer, sich die manchmal etwas realitätsferne Ivy Seidel vorzustellen, wie sie durch halb Amerika fährt, um sich alte Videobänder anzusehen oder sich in einen dubiosen ‚Herrenclub’ begibt, um Spuren zu finden. Sie wirkt zuweilen chaotisch und überdreht, dennoch aber stets liebenswert. Ähnlich, aber ungleich schwerer verhält es sich mit Vance Harrow, der beharrlich zu den Vorfällen schweigt, die ihn ins Kittchen gebracht haben. Der Effekt ist klar: Er wirkt unnahbar, geheimnisvoll, aber dennoch genauso anziehend auf den Leser wie wohl auch auf Ivy. Bei den weniger wichtigen Nebenakteuren in diesem Roman hat der Autor zwar auf Stereotypen zurückgegriffen, was dem Lesespaß allerdings keinen Abbruch tut, denn sicher hat man selbst ähnliche stereotype Vorstellungen im Kopf, wenn es um Schwerverbrecher oder genervte Gefängniswärter geht.

 

Fazit

„Gerissen“ von Peter Abrahams ist ein Thriller, der sich durchaus von der Masse unterscheidet. Er weißt durchgehend zu unterhalten, indem er eine abstruse Geschichte spinnt, in der die Spannung sehr subtil und fast kaum merklich daher kommt, sodass man als Leser erst wieder auf seine Umwelt achtet, wenn die letzte Seite gelesen und die Geheimnisse entschlüsselt worden sind.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042704543219f8074e
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Gerissen

Autor: Peter Abrahams

Broschiert: 384 Seiten

Verlag: Droemer/Knaur (November 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3426638797

ISBN-13: 978-3426638798

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 24.11.2008, zuletzt aktualisiert: 03.12.2021 16:09, 7821