Gnadenlos (Autor: Tom Clancy)
 
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Gnadenlos von Tom Clancy

Rezension von Björn Backes

 

Inhalt:

Jon Kelly ist hart vom Leben und dem Schicksal seiner beiden Geliebten mitgenommen worden: Zunächst wird seine hochschwangere Frau Tish bei einem Autounfall tödlich verletzt und ihr Mann in eine monatelange Depression gestürzt. Erst als er sich wieder erholt hat und dem anderen Geschlecht wieder zugeneigt ist, scheint sich sein Leben wieder in die richtige Richtung zu entwickeln. Die hübsche Pam wird seine neue Geliebte, stürzt ihn aber erneut ins Chaos. Drogenabhängigkeit und psychische Instabilitäten aufgrund von Misshandlungen zeichnen ihr Profil und drohen die junge Liebe auseinander zu bringen. Als Pam erfolgreich einen Entzug schafft, scheint alles gerettet. Doch dann wird Kellys Freundin von einem Dealer auf grausame Art und Weise umgebracht und bringt ihn an den Rande der Verzweiflung. Noch am selben Tag beschließt er, einen gnadenlosen Rachefeldzug zu starten – als plötzlich das Angebot an ihn herangetreten wird, in Vietnam bei einer Militärmission amerikanische Kriegsgefangene zu befreien…

 

 

Rezension:

Es ist schon ein wenig obskur: Obwohl Tom Clancy zu den besten, meistbegabten und mittlerweile auch erfahrungsreichsten Autoren im Polit-Thriler-Segment gehört geht mit der Veröffentlichung seiner Romane immer wieder eine gewisse Skepsis einher. Seien es nun überzogener Patriotismus, der Verfall in Amerikanismen und damit verbundene Klischees oder einfach nur die etwas dürftige Gradlinigkeit seiner letzten Romane – irgendwie hat Clancy, sicherlich unbewusst, immer wieder ein paar Stolpersteine in den Weg gelegt, die seine Storys nicht mehr ganz so reizvoll erschienen ließen.

 

Mit der Neuauflage von „Gnadenlos“ erfolgt nun aber (zum wiederholten Male) ein Release eines wirklich packenden Thrillers, in dem die politischen Inhalte nur sekundärer Natur sind und im Grunde nur den Aufhänger für das persönliche Drama des bereits bekannten Protagonisten John Kelly aufbieten. Besagter Rachefeldzug nimmt daher auch ein zentrales Motiv ein, welches sich nicht nur in der Bewältigung von Kellys privatem Alltag, sondern auch bei der Umsetzung seiner Mission deutlich niederschlägt. Immer wieder erkennt man die niederträchtigen Ambitionen des Hauptdarstellers, der vorrangig von Hass geleitet wird und, das muss man Clancy leider wieder ankreiden, bei der Auswahl seiner Gegner gerne nach klassischen Schemen arbeitet. So kreiert der Autor Stereotypen von Bösewichten und deren Charakterprofil und nimmt dem Roman dadurch besonders in der Rollenverteilung ein wenig Individualität und Eingängigkeit.

Andererseits ist die Aufarbeitung dieses Schicksals von Clancy mit einem beachtlichen Tiefgang gelöst und wirklich brillant realisiert worden. Kelly widersetzt sich eben jenen Schemen, die seine Gegner in „Gnadenlos“ ausmachen, schwankt ständig zwischen Menschlichkeit und dem bleibenden Effekt seiner grausamen Vergangenheit. Während seines Auftrags wird er ständig an die Ungerechtigkeiten erinnert, die ihm widerfahren sind, und dennoch bewegt er sich auf einem schmalen Grat, da er seine Rachsucht kontrollieren und eben nicht wie sein offensichtliches Pendant John Rambo wie ein Berserker durch den vietnamesischen Dschungel hechten muss.

Nichtsdestotrotz ist jene Vietnam-Einlage ein zweifelhaftes Element im Rahmen der Geschichte. Sie mag in diesem politischen Genre sicher ein interessantes Thema sein, welches gerade wegen der Bedeutung für die amerikanische Geschichte eine unheimlich populäre Vorlage bietet, wirkt hier jedoch an manchen Stellen notgedrungen eingeflochten, um dem Roman auch noch eine andere Farbe zu geben. John Kelly findet sicherlich immer mehr Identifikationspotenzial mit den Veteranen, die einst in Vietnam kämpften, doch stellt sich am Ende die Frage, ob man nicht auch ohne diesen sehr klischeebesetzten Aufhänger eine derart spannende, gerade menschlich sehr bewegende Geschichte hätte verfassen können. Die Mission bzw. der Schauplatz Vietnam erweisen sich in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht als förderlich.

 

Alles in allem muss man jedoch ganz klar herausstellen, dass „Gnadenlos“ aufgrund der ständigen Wechsel und des souveränen Story-Unterbaus zu den spannendsten und damit auch besten Werken des Autors zu zählen ist. Nicht nur, dass Clancy mit Kelly eine einzigartige Figur neben seinem etablierten Helden Ryan erschaffen hat; auch die Tatsache, dass er seine politischen Gedanken zugunsten der Charakterentwicklung dieses Mal deutlich in den Hintergrund gerückt hat, macht dieses Buch zu einem berechtigten Bestseller, in dem Clancy seine immer noch häufig kritisierten Fähigkeiten größtenteils eindrucksvoll untermauern kann.

 

 

Fazit:

Auch wenn „Gnadenlos“ bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, so hat der Thriller definitiv nichts von seiner hervorragenden Dramaturgie eingebüßt. Zwar mögen manche Inhalte ein wenig bemüht erscheinen, doch gerade wegen des starken Spannungsaufbaus und der ungewöhnlich dichten Charakterzeichnungen kann man darüber sehr leicht hinwegsehen. Konsequenterweise steht daher am Ende dieser Kritik eine eindeutige Empfehlung für diesen kleinen Klassiker.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241205044815b044f980
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Gnadenlos

Autor: Tom Clancy

Broschiert: 832 Seiten

Verlag: Goldmann (Juni 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3442467489

ISBN-13: 978-3442467488

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 14.09.2008, zuletzt aktualisiert: 05.05.2024 13:15, 7317