Hereinspaziert! herausgegeben von Ingrid Pointecker
Rezension von Christel Scheja
Heute durch die ganzen behördlichen Auflage eher eine aussterbende Art, um die Jahrhundertwende aber beliebte Unterhaltung – kleine Wanderzirkusse haben auch durch Filme und Romane einen bleibenden Eindruck hinterlassen, selbst wenn die Geschichten eher in die dunkle Richtung gingen und das Grauen hinter dem Vorhang thematisierten. Aber sie bieten viel Potential für phantastische Geschichten, wie die Anthologie Hereinpaziert!, herausgegeben von Ingrid Pointecker beweist.
Es sind sechzehn Geschichten, die den Leser in die schillernde Welt der Zirkusse und ihrer dunklen Geheimnisse versetzen wollen. Und dabei sind es nicht nur von Geburt an oder durch Unfälle missgestaltete Menschen, denn auch die Technik erlaubt es, Monster und Mischwesen zu gestalten.
Und nicht wenige derjenigen, die von den Menschen angestarrt und verachtet werden, sehen sich nach Freiheit, nach einer Flucht aus einem Leben in Gefangenschaft, unter Gewalt und Schlimmerem. Ob es nun ein Mädchen ist, dass zur Feenkönigin wurde, die Eselsfrau oder Mensch-Maschinen. Und gelegentlich lassen sich auch Verbrechen nicht wirklich vertuschen, so dass Ermittler Licht ins Dunkel bringen.
Die Geschichten haben nur teilweise einen wahren Hintergrund, die meisten lehnen sich nur an das an, was aus der Zeit um die Jahrhundertwende überliefert wurde und geben dem ganzen auch noch einen Steampunk-Anstrich oder gleiten in die Dark Fantasy ab. Wer bereits Filme wie Freaks kennt, wird schnell passende Bilder vor Augen haben.
Aufgrund des begrenzten Schauplatzes und den damit verbundenen Themen sind sich die Erzählungen allerdings ziemlich ähnlich. Denn sehr oft geht es natürlich erst einmal um die Flucht der geschundenen Kreaturen, die gelegentlich auch böse Rache an ihren Peinigern nehmen.
Nur ganz selten sind sie die Opfer, deren Tod aufgeklärt werden muss. Gelegentlich geraten natürlich auch ganz normale Menschen in die Fänge derjenigen, die sie zu Freaks machen wollen.
Dennoch ist die Zusammenstellung so abwechslungsreiche, dass immer wieder neue Aspekte angesprochen und behandelt werden, die Auflösungen auch nicht so vorhersehbar sind, wie man meinen mag.
Formal sind die Erzählungen auf einem gleichwertigen Niveau, so dass es keine Ausreißer gibt. Wer die Thematik und das Setting mag, wird daher auch sicherlich seine Favoriten finden können und die Sammlung genießen, denn immerhin wurde das bisher noch eher selten und wenn dann nur punktuell aufgegriffen.
Fazit:
»Hereinspaziert!« bewegt sich irgendwo zwischen Dark Fantasy und Steampunk. Wer die Atmosphäre der Wanderzirkusse der Jahrhundertwende und die zuerst genannten Genres mag, wird deshalb voll auf seine Kosten kommen.
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