Rezension von Cronn
Schon seit längerer Zeit darf sich Kai Meyer zu der creme de la creme der deutschen Phantastik-Autorenschaft zählen. Seine zahlreichen Romane standen zumeist mehrere Wochen in den Bestsellerlisten. Er hat sich beispielsweise mit „Die Alchimistin“ und auch anderen Werken eine breite Leserschaft erschlossen, welche an Kai Meyer seinen unterhaltsamen Stil, seine temporeiche Handlung und die durchgefeilten Charaktere lieben.
Mit seinem Roman „Hex“ nimmt Kai Meyer eine höchst interessante Zeit der deutschen Geschichte in den Blick: die Weimarer Republik. In den zwanziger Jahren des 20ten Jahrhunderts wurden wichtige Entscheidungen getroffen, die schwerwiegende Folgen hatten, was auch noch heute zu spüren ist. Diese vor Adrenalin sprudelnde Epoche dient Kai Meyer als Hintergrundfolie für seinen Roman, der sich mit Verschwörungstheorien quer durch die Zeiten beschäftigt und gleichzeitig ein kleines Sittenbild dieser „Goldenen Zwanziger“ entfaltet.
Inhalt:
Nürnberg 1561: Lichterscheinungen über der Stadt versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Ist es Gott, der vom Himmel herabsteigt und Tod und Verderben bringt? Berlin 1926: Als über den Gletschern Grönlands ein Luftschiff explodiert, sollen zwei deutsche Agenten das Rätsel lösen. Für Sina Zweisam und Max von Poser, die für das Hex, die Abteilung für ungeklärte Kriminalfälle, arbeiten, beginnt eine heikle Mission. Norweger und Dänen führen einen geheimen Krieg; ein Killer, der sich „Magier“ nennt, sucht Vergeltung - und eine finstere Macht plant die Apokalypse.
Kritik:
Kai Meyers Roman „Hex“, der aus dem Jahr 1996 stammt, wurde im Mai 2008 bei Bastei Lübbe wieder aufgelegt. Er beginnt sehr dramatisch mit einer Sequenz, in welcher das Grundproblem sehr atmosphärisch eingeführt wird. Auch die darauf folgenden Szenen, welche im Umfeld der Kinofilm-Herstellung in Berlin spielen, wobei auf Fritz Langs Klassiker „Metropolis“ angespielt wird. Allgemein gelingt diese Szene dem Autor hervorragend. Das Zeit- und Lokalkolorit wird hier in kräftigen Farben gezeichnet und entsteht lebhaft vor dem inneren Auge des Lesers.
Anschließend wird Spannung durch die Erwartung der Lösung eines mysteriösen Zeppelin-Absturzes über Grönland aufgebaut. Die anschließende Grönland-Reise zweier Protagonisten allerdings verläuft nicht im Sinne der Erwartungen des Lesers. An dieser Stelle verschenkt der Roman einiges an Potential, auch wenn mit kleineren Aktionen immer wieder versucht wird, Spannung aufzubauen, was aber leider nur teilweise gelingt.
Nach der Rückkehr ist das Tempo aus „Hex“ größtenteils draußen. Eine Verfolgungsjagd und der plötzliche Umschwung in der Handlung bringen aber wieder Spannung in die Geschichte. Das Ende versöhnt den Leser wieder mit dem Roman, der im Mittelteil einige Durchhänger hatte, nun aber deutlich handlungsbetonter wirkt.
Die Charaktere wirken zumeist nicht stark ausgefeilt, mit Ausnahme von Frau Zweisam und dem Eisarchitekten, deren beider Innenleben differenziert dargestellt wird. Positiv ist anzumerken, dass auch der Bösewicht nicht im platten Schwarz-Weiß-Schemata abgehandelt wird.
Fazit:
„Hex“ ist ein Roman, der stark beginnt, im Mittelteil aber einen Durchhänger hat, sich aber dennoch letztendlich am eigenen Zopf wieder aus dem Sumpf der Mittelmäßigkeit herausziehen kann, um in einem fulminanten Finale zu glänzen. Für Kai-Meyer-Fans eine Pflichtlektüre!