Rezension von Björn Backes
Inhalt:
Die UNESCO-Beauftragte Carina Mechadi wird auf offener See von einer Piratenbande angegriffen und bedroht. Ein altertümliches phönizisches Artefakt ist das Ziel ihrer Begierde und der Auslöser für einige Rätsel von verheerendem Ausmaß. Als Kurt Austin und die Männer der NUMA ins Geschehen eingreifen und die Botschafterin retten, ahnen sie noch nicht, wie weit die Verstrickungen ihres neuen Falls tatsächlich reichen. Erst bei der Jagd nach den Mittelsmännern der Piraten und deren brutalen Auftraggebern wird Austin bewusst, welch bedeutsame Geschichte er hier unverhofft verfolgt. Mit einem Mal werden die zehn Gebote in Frage gestellt. Aber auch einige Relikte aus der Zeit König Salomons stehen in Aussicht – und müssen von Austin und Co. dringend zuerst entdeckt werden. Doch dies ist bei der Kompromisslosigkeit weitaus leichter gesagt, als getan.
Rezension:
Clive Cussler ist seit mehr als dreieinhalb Dekaden dafür bekannt, Romane zu schreiben, bei denen sich eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Puzzlestücke erst auf den letzten Seiten zusammenfügen bzw. die Geschichten in ihrer grundlegenden Strukturierung immer enorm weit ausholen, bevor dann plötzlich Tempo aufgenommen wird und ein packender Thriller treffend inszeniert werden kann. Genau dieses Strickmuster findet sich – natürlich in einer erneut sehr individuellen Ausprägung – auch in Cusslers aktuellem Roman „Höllenschlund“ wieder, der sich einmal mehr mit der NUMA beschäftigt und dieses Mal den eher unscheinbaren Helden Kurt Austin in die Hauptrolle drängt. Doch ausgerechnet er zeichnet sich am Ende als die ultimative Geheimwaffe heraus, da er weder so berechnend agiert wie beispielsweise sein Kollege Pitt, noch den typisch-charmanten Superhelden abgibt, den man in mehreren Romanen aus dem NUMA-Dunstkreis an vorderster Front antrifft.
„Höllenschlund“ ist dementsprechend auch keine Story, die in erster Linie vom Aufbau und der Gestaltung der Charaktere lebt. Die Geschichte selber steht im Vordergrund und kann sich dabei auf einen richtig guten Backing-Fundus verlassen, der gewohntermaßen ausgezeichnet recherchiert ist. Cussler begeht dabei allerdings nicht den Fehler, sich zu tief in die vermeintlich drohenden Verschwörungstheorien hineinzusteigern. Zwar riskiert er auch einen Einblick in historisch bedeutende, hier fiktiv angezweifelte Momente, jedoch setzt er den Schwerpunkt seiner Erzählung auf die Kreation eines temporeichen Thrillers, der mit Religionen und dergleichen nur am Rande etwas zu tun hat. Dennoch findet man sich alsbald im direkten Umfeld einiger biblischer Gestalten wieder, ohne sich darüber umfassend Gedanken machen zu müssen. Der Autor nämlich führt seine Leserschaft kontinuierlich in die interessante Thematik ein, verknüpft sie anschließend mit dem bisweilen brutalen Thriller-Plot und schafft letztendlich ein breit gefächertes, aber eben homogenes Ganzes, welches durch die große Zahl der innerlichen Wendungen zu keiner Zeit an Spannung einbüßt.
Wie ereignisreich „Höllenschlund“ unterdessen ist, wird zum Schluss dadurch belegt, dass man mit jeder kurzen Anspielung in der Inhaltsangabe bereits zu viel verraten könnte. In allen selbst belanglos anmutenden Passagen lauern versteckte, wichtige Indizien, die zum großen Rätsel- und Puzzlespiel beitragen – und in ihrer Kombination für ein weiteres, großes Finale bürgen. Damit ist dieser Roman nicht bloß ein typischer Qualitätsbeitrag Cusslers zu seinem eigenen Katalog, sondern auch eine weitere wichtige Erweiterung in der riesigen NUMA-Reihe. Vielleicht sogar die wichtigste seit ziemlich langer Zeit!
Fazit:
Der Name ist und bleibt Programm: Cussler und seine NUMA-Jungs geben auch in „Höllenschlund“ eine beispielhafte Figur ab und tragen zu einer der besten broschierten Thriller-Veröffentlichungen des laufenden Jahres bei!