Im Schatten der Wächter von Graham Gardner
Rezension von Cronn
Das Thema »Mobbing« ist auch in Deutschland schon seit längerer Zeit ein Thema in den Schulen. Leider, so muss man sagen, häufen sich die Fälle, bei denen oftmals gerade vermeintlich schwache Schüler die Opfer solcher Drangsalierungen sind.
Der britische Schriftsteller Graham Gardner hat sich mit seinem Roman Im Schatten der Wächter um dieses Thema bemüht. Sein Werk erhielt von der Jugendjury den Deutschen Jugendliteraturpreis 2005.
Inhalt:
An seiner alten Schule war Elliot das Opfer: gepiesackt, getreten, gequält. Das soll an der neuen Schule anders werden: Mit einer neuen Frisur und den richtigen Klamotten will Elliot sich selbst neu erfinden. Und der Plan scheint aufzugehen.
Er spielt den Coolen, den Kaltblütigen, den Abgebrühten, obwohl es in seinem Inneren ganz anders aussieht. Hier ist er ständig geplagt von Selbstzweifeln, von der Angst, sein wahres Ich zu verraten, was auch immer das sein mag. Er spielt aber so gut seine Rolle in der neuen Schule, dass die „Wächter“ ihn in ihre Reihen aufnehmen wollen.
„Die Wächter“ sind eine Gruppe Jugendlicher, denen es Spaß macht, ihre Mitschüler zu terrorisieren. Aber um einer von ihnen zu werden, muss nun auch Elliot selbst andere quälen.
Sein Auftrag, um in der „Wächter“-Gruppe integriert zu werden lautet: suche ein Opfer aus und wähle die Bestrafungsart!
Rezension:
Mit viel Einfühlungsvermögen schildert Graham Gardner die Welt der Jugendlichen von heute. Sein Protagonist Elliot steckt voller Schattierungen, ist weder abgrundtief böse noch engelhaft gut. Der Autor versteht es geschickt, seiner Figur immer wieder neue Facetten zu verleihen, so dass sie sich im Laufe der Handlung des Romans weiterentwickelt.
Elliot ist ein Getriebener, von Selbstzweifeln innerlich aufgefressener, unsicherer Junge am Rande des Erwachsenseins. Nicht nur mit den „Wächtern“ hat er seine Probleme, auch mit der ersten Liebe zu einem Mädchen, das ihn zwar ebenfalls mag, dem er aber seine zweite Identität nicht mitzuteilen wagt. Dies bringt ihn in höchste Gewissensnot.
Auch seine Eltern tragen zur Steigerung seiner Probleme bei: nach einem Überfall ist sein Vater schwer depressiv und arbeitsunfähig. Die Mutter versucht die drei mit Mühe und Not über Wasser zu halten, was alle Anstrengung und Kraft ihr abverlangt.
Auf welche Weise Elliot seine Entscheidung trifft, schildert der Autor Graham Gardner in eindringlichen Worten, niemals mit erhobenem Zeigefinger, stets nahe an der literarischen Figur.
Fazit:
In handwerklich guter Manier entwickelt der Autor ein Bild des »Mobbing«-Problems mal aus anderer Sicht und wirft die Frage auf, ob man als Selbstschutz vom Opfer zum Täter mutieren darf. Ein mutiges Buch, das für Jugendliche interessant sein dürfte.
Nach oben