Reihe: The Hater Series Bd. 1
Rezension von Carina Schöning
Rezension:
Der unauffällige Mittdreißiger Daniel McCoyne, kurz Danny genannt, ist eher ein Durchschnittstyp. Schon seit mehreren Jahren arbeitet er als Verwaltungsangestellter in einer englischen Großstadt und hasst mehr oder weniger seinen Job. Gerade das Nötigste wird von ihm gemacht und den Rest versucht er entweder seinen unsympathischen Kollegen unterzuschieben oder er lässt es einfach für den nächsten spannenden Arbeitstag liegen. Motivation und Ehrgeiz sind dabei eher Fremdwörter für Danny und auch, wenn der dreifache Familienvater abends zu Frau und Kinder heimkehrt, ist er häufig genug von ihren zänkischen Streitereien einfach nur genervt. Er liebt zwar jeden einzelnen von ihnen, aber am liebsten möchte er nach seiner stressigen Arbeit eine ordentliche Mahlzeit und dann in Ruhe Fernsehgucken. Seine Frau Lizzie ist ebenfalls von den lauten Kindern und ihrem eintönigen Hausfrauendasein genervt und macht Danny ständig Vorwürfe, die immer mehr die Beziehung vergiften. Hinzu kommt ein chronischer Geldmangel und auch der verhasste und launische Schwiegervater, dem Danny es nie Recht machen kann, gibt ständig ungefragt seinen Kommentar dazu. Alles in allem ist Dannys Leben halt Durchschnitt, doch bald schon passieren seltsame Zwischenfälle. Bei einer ihrer seltenen Konzertbesuche greift der Sänger plötzlich die übrigen Bandmitglieder an und am nächsten Tag findet sich die Kleinfamilie plötzlich zwischen den Fronten einer Kneipenschlägerei wieder. Anscheinend liegt irgendetwas in der Luft, das scheinbar ganz normale Menschen in England unkontrollierbar durchdrehen lässt. Die Vorkommnisse häufen sich schnell und die Nachrichten sind voll mit seltsamen Anschlägen und Amokläufen. Die Regierung ruft nun binnen kürzester Zeit den Ausnahmezustand aus und rät den Bürgern via Fernsehen ruhig zu bleiben und sich zuhause zu verschanzen. Förmlich gefangen in der kleinen und engen Wohnung wird Danny bald schon selbst von seinen Ängsten und Paranoia beherrscht.
„Im Wahn“ ist der Auftakt zu der „Hater“-Trilogie des englischen Autors David Moody, der schon in seiner fünfteiligen „Herbst“ Reihe gezeigt hat, was für Gefühle und Ängste in gewöhnlichen Menschen brodeln. Während es dort Zombies waren, bleibt der Auslöser für die Amokläufe hier noch unbekannt. Über die Hintergründe zu den Vorfällen kann der Leser nur Spekulationen anstellen. Die Handlung wird dabei aus Sicht von Danny erzählt und der Autor zieht dabei langsam, aber stetig die Gewalt- und Brutalitätsschraube immer fester an. Aus den anfänglichen Missverständnissen und Schlägereien werden später brutale Ermordungen der eigenen Kinder oder des Ehepartners, deren Darstellung ausführlich und fast schon plastisch ausfällt. Im letzten Drittel des schmalen Romans kommt die überraschende Wendung und der allgegenwärtige Hass der Menschen wird abermals äußerst schockierend und drastisch aufgezeigt. Die simple Formel „wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich“ wird hier kompromisslos ausgelebt und abermals steigt der Gewaltfaktor. Gerade in Zeiten von schockierenden Amokläufen erhält diese Art von blinden Hass und kranken Fanatismus eine besondere Brisanz. Die Umsetzung erinnert ein wenig an die früheren Romane des Thriller- und Horror-Autors Stephen King. Sprachlich ist der Roman dabei eher einfach gestrickt und flüssig lesbar. Kurz und knapp erzählt Danny selbst von seinem trostlosen Leben und seinen Emotionen, die er eher sachlich statt ausufernd beschreibt. Leider kommt der Schluss recht abrupt und der Roman hätte insgesamt wirklich etwas länger sein können. Auch auf die Fortsetzung muss man hierzulande wahrscheinlich wieder mal etwas länger warten, denn auch im Original erscheint der zweite Teil „Dog Blood“ erst Mitte 2010.
Insgesamt liegt mit „Im Wahn“ eine spannende und erschreckend realistische Mischung aus Thriller und Mystery vor. Gerade weil die Hintergründe nicht genannt werden und Hass und Brutalität stetig steigen, bleibt die eher simple Handlung doch spannend.