Rezension von Cronn
Unglaublich, aber es ist tatsächlich Wirklichkeit: 19 Jahre ist es her, seitdem sich der berühmte Film-Archäologe Indiana Jones zum letzten Mal auf die Suche nach mythischen Artefakten begeben hat. Suchte er im ersten Teil der Filmtrilogie noch die Bundeslade der Israeliten in Ägypten, im zweiten Film Shankara-Steine in Indien, während Indy im dritten Teil nichts Geringeres als den Heiligen Gral suchte und ihn in Hatay fand.
Lange Jahre war es ruhig um Indiana Jones geworden, obgleich Journalisten und Fans die Macher des Films, Produzent George Lucas und Regisseur Steven Spielberg, ständig mit Fragen nach einem weiteren, einem vierten Teil der Reihe bedrängten.
Ihr Drängen fiel auf fruchtbaren Boden. Auch der Hauptdarsteller der Filme, Harrison Ford, war begeistert von der Idee, wieder in die Lederjacke Indys zu schlüpfen, sich den Fedora-Hut aufzusetzen und die Bullenpeitsche zu schwingen.
Nun ist es soweit: Der vierte Teil der Reihe ist unter dem Titel „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ in unseren Kinos angelaufen. Parallel dazu erscheint bei blanvalet der dazugehörige Roman.
Dieser wurde von James Rollins geschrieben. Wer in den letzten Jahren aufmerksam das Geschehen auf dem Buchmarkt verfolgt hat, dem ist James Rollins kein Unbekannter. Der Autor zahlreicher Action-Romane ist seit längerer Zeit Stammgast auf den Bestsellerlisten, und das nicht nur in Deutschland. Aber wie kam er mit der Umsetzung des Drehbuchs von David Koepp zurecht?
Inhalt:
Der Archäologie-Professor Henry "Indiana" Jones Junior wird mitten in der heißesten Phase des kalten Krieges von einem KGB-Spezialkommando entführt. Zwar kann er mit knapper Not entkommen, doch die Regierung hält ihn für einen Verräter. Um seinen Namen reinzuwaschen und das Schicksal eines verschollenen Freundes zu klären, muss er der Spur der russischen Spione folgen.
Diese führt ihn direkt hinein in ein Abenteuer, das mehr als nur irdische Züge trägt. Im Dschungel muss sich Indiana Jones seinen Ängsten stellen, die Menschheit gegen die Bedrohung des allumfassenden Kommunismus verteidigen, der mit Mitteln jenseits aller Vorstellungskraft die freie Welt versklaven will...
Kritik:
Zugegeben. Die Story von „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ ist nicht sonderlich neuartig und besticht auch nicht durch Innovation. Klischees und grobe Schwarz-Weiß-Malerei beherrschen die Szenerie. Aber das war schon in den anderen Filmteilen ebenfalls der Fall. James Rollins löst sich in seinem Roman etwas vom Film, wenn man diesen Bezug betrachtet. Er schildert beispielsweise den russischen Oberst Irina Spalko keineswegs flach, sondern gibt der Frau eine Hintergrundgeschichte, welche ihre Taten zwar nicht völlig ins Positive wandeln will, aber dennoch diese relativiert. Dies geschieht im Film nicht.
Ansonsten hält sich – bis auf wenige Szenen – James Rollins sehr genau an die Drehbuchvorgabe, in großen Teilen sogar bin hinein in die Dialoge. Das ist für Indy-Fans exakt das Richtige. Allerdings kommt die eigene Stimme von James Rollins in diesem Roman dadurch kaum in den Vordergrund. Sichtlich um Aufrichtigkeit gegenüber der Drehbuch-Vorlage bemüht, ist „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ allerdings nur wenig mehr als eine reine Adaption dessen. Mit etwas mehr Mut zum Sich-Lösen vom Drehbuch und der vertieften Charakterzeichnung hätte James Rollins einen eigenständigen Roman erschaffen können, der noch mehr Informationen allen Indy-Fans liefert, die den Film schon gesehen haben. So ist er befriedigend. Man kann den Film nachlesen, aber zumeist nicht mehr, da die neuen Szenen zu gering vorhanden sind.
Blanvalet hat mit Andreas Kasprzak einen fähigen Übersetzer mit der Aufgabe betraut, den Roman „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ ins Deutsche zu übertragen. Die Aufgabe wurde sehr gut gelöst. Der Eindruck eines nahezu fehlerfreien Roman-Textes wird nur dadurch getrübt, dass der Klappentext einen schweren Tippfehler aufweist, der den Namen des Haupthelden zu „Diana Jones“ verunglimpft. Unschön, unnötig und sicher bei der zweiten Auflage korrigiert.
Fazit:
„Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ ist ein Roman, dem man seine Entstehungsgeschichte ansieht. Als Drehbuch konzipiert, wirkt dessen Adaption mehr wie ein gelesener Film. Das mag für viele Fans befriedigend sein.
Wer allerdings sich mehr von dem Roman zum Film „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ erhofft, wird leider zu selten belohnt. Zusatzinformationen sind rar gesät.
Damit ist der Roman ein „Kann“ – aber kein „Muss“.