Interview: Andreas Eschbach
 
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Interview mit Andreas Eschbach

Redakteur: Martin Hammerschmidt

 

Andreas Eschbach ist einer der erfolgreichsten - wenn nicht der erfolgreichste - deutsche Phantastikautor. Schon "Der Haarteppichknüpfer", eine gelungene Mischung aus SF und Fantasy, wusste Experten und Leser zu begeistern. Den Durchbruch schaffte er dann mit "Das Jesus-Video", ein Zeitreisethriller in der Tradition eines Michael Chrichton. Seine Popularität zeigt sich auch in der FAZ, die seinen Roman "Exponentialdrift" als Fortsetzungsgeschichte druckt, ein Novum in der modernen Zeit. "Der letzte seiner Art", ein ruhiger SF Roman über einen alternden Cyborg zeigt, dass der Autor keinen Stillstand kennt. Andreas Eschbach bringt immer etwas Neues. Die Space Opera in "Quest" oder ein Krimi wie "Der Nobelpreis".

Neuste Veröffentlichung ist "Ausgebrannt", der sich mit dem ganz aktuellen Thema "Energie" beschäftigt. Grund genug, dem Autor zum Interview zu bitten.

 

 

Fantasyguide: Könnten Sie uns vorab etwas über sich selbst erzählen?

 

Andreas Eschbach: Mein Name ist Andreas Eschbach, ich bin 1959 in Ulm geboren, dort in der Gegend auch aufgewachsen, habe das Gymnasium in Ehingen besucht und anschließend an der Universität Stuttgart viel zu lange studiert, und zwar Luft- und Raumfahrttechnik, ein Studium, das ich zum Glück für die europäische Luftfahrtindustrie nicht abgeschlossen habe. Stattdessen bin ich in der EDV gelandet - IT würde man heute sagen -, war zunächst als Anwendungsentwickler im Bereich Datenbanken tätig und habe dann zusammen mit einem Partner eine eigene IT-Firma gegründet. Ungefähr zur gleichen Zeit fand ich einen Verlag für meinen ersten Roman, "Die Haarteppichknüpfer", so dass von da an zwei berufliche Laufbahnen in Konkurrenz zueinander standen, bis schließlich die Schriftstellerei den Sieg davontrug.

 

Fantasyguide: Auf ihrer Homepage steht, dass Sie mit bereits zwölf Jahren angefangen haben kleine Kurzgeschichten zu schreiben. Was veranlasste Sie dazu mit dem Schreiben überhaupt anzufangen?

 

Andreas Eschbach: Eigentlich habe ich schon immer geschrieben; ein leeres Blatt Papier oder ein unbenutztes Heft war für mich immer eine Aufforderung, es zu füllen. Mit zwölf bin ich lediglich von Handschrift auf Schreibmaschine umgestiegen, und was ich geschrieben habe, war eine Art eigene Romanheftserie in der Art von "Perry Rhodan" - damals ein sehr prägender Einfluss -, nur war das einzelne Heft ein wenig kürzer, nämlich nur 16 Seiten DIN A 5. Aber ich verpasste den Heften richtig bunte Umschläge, selber gemalt mit Filzstift und so weiter, und das erste Heft enthielt sogar eine Seite Kleinanzeigen für erfundene Wundermittel aller Art...

 

Fantasyguide: Ihr erstes Werk "Die Haarteppichknüpfer" wurde auf Anhieb ein Erfolg. Haben Sie damit gerechnet oder kam es doch etwas überraschend für Sie?

 

Andreas Eschbach: Naja, was heißt Erfolg. Das Buch erschien, und dann passierte erst mal nichts. Ich war, so unbescheiden, wie man als angehender Schriftsteller eben ist und wahrscheinlich auch sein muss, davon ausgegangen, dass dieses Werk ob seiner Ungewöhnlichkeit umgehend alle Bestsellerlisten stürmen würde - gemessen daran war es zunächst ein Mißerfolg. Aber so langsam, langsam setzte sich das Buch dann doch durch, bekam einen literarischen Preis, und dann noch einen und noch einen, und bis heute ist es der meistübersetzte meiner Romane. Und wo es auch erscheint, wird es gelobt oder gar gefeiert - nur verkaufen tut es sich nach wie vor nicht überragend.

 

Aber vielleicht muss man auch da nur abwarten. Manchmal denke ich, dass von all meinen bisherigen Werken dieses am längsten Bestand haben wird.

 

Fantasyguide: Ihre ersten Bücher hatten fast alle das Thema Weltraum und pure Science-Fiction. Was veranlasste Sie dazu ihr, das Themengebiet zu verlassen und Bücher mit fundierten Sachkenntnissen wie zum Beispiel "Eine Billion Dollar" oder "Ausgebrannt" zu schreiben?

 

Andreas Eschbach: Ich erkunde einfach gern neue Themen. Wieso sollte jemand immer nur Weltraumgeschichten schreiben? Und ist "Ausgebrannt" etwa keine lupenreine Science-Fiction?

 

Fantasyguide: Was waren Ihre Lieblingsbücher in der Kinder- und Jugendzeit?

 

Andreas Eschbach: Hmm. Irgendwie... alle. Wenn ein Raumschiff oder ein fremder Planet auf dem Titelbild war: um so besser. Aber ich habe fast alles gelesen, was mir in die Finger kam, SF und Krimis, Sachbücher und Piratengeschichten, Kurzgeschichten und dicke Schmöker... Hauptsache. es war spannend und aufregend. Wobei es nicht schwer war für ein Buch, aufregender zu sein als mein alltägliches Leben als Schüler auf dem platten Lande.

 

Fantasyguide: Zurzeit arbeiten Sie an der Fortsetzung zum "Marsprojekt". Könnten Sie einige Worte über den Inhalt verlieren?

 

Andreas Eschbach: Genauer gesagt arbeite ich gerade am fünften Band, der die Serie abschließen und alle offenen Fragen - von denen es mittlerweile ja nicht gerade wenig gibt - beantworten wird. Es kommt zu einem großen Showdown, das kann ich, glaube ich, verraten, und ja, die Außerirdischen kommen - bloß ganz anders, als alle sich das vorgestellt haben, Elinn eingeschlossen.

 

Fantasyguide: Sie schreiben seit einiger Zeit Bücher für zwei Generationen. Die Jugend und die Erwachsenen. Für welche Generation schreiben Sie lieber?

 

Andreas Eschbach: Schwer zu sagen. Im Grunde schreibe ich immer für mich selber - mal für den Erwachsenen in mir, mal für das Kind in mir.

 

Fantasyguide: Nach dem Bombenerfolg von "Das Jesus-Video" kam die Verfilmung. Fast überall ist zu hören, dass das Buch wesentlich besser sein soll. Wie stehen Sie dazu?

 

Andreas Eschbach: Nein, nicht "fast überall" - das "fast" kann man weglassen. Bisher hat meines Wissens noch niemand, der das Buch kannte, den Film besser gefunden. Was den nicht wundert, der beides kennt. Und wer nur den Film kennt, tut gut daran, sich das Buch vorzunehmen - er wird staunen.

 

Wobei man sagen muss, dass dieses Projekt von Anfang an unter einem schlechten Vorzeichen stand. Es war ja eine ProSieben-Eigenproduktion, und die Eigenproduktionen von ProSieben bis dato hatten immer Miese gemacht. Das Team, das "Jesus Video" verfilmen sollte, tat dies quasi unter der Vorgabe: "Wenn der keine Quote bringt, könnt Ihr Euch einen anderen Job suchen." Was natürlich nicht gerade die Situation ist, in der man kreativ wagemutig ist. Dass man unter diesem Druck dann vorsichtshalber lieber tief in die Klischeekiste greift und nach dem Motto "ein bisschen Blut hat noch keinem Film geschadet" gnadenlos auf Actionreisser macht, kann sogar ich verstehen. Und der Film machte dann ja auch Quote, alle waren ganz happy. Bis auf den Autor und seine Leser...

 

Fantasyguide: Wann haben Sie den Entschluss gefasst ihre Brötchen als Schriftsteller zu verdienen?

 

Andreas Eschbach: Als die Brötchenpreise fielen...

 

Scherz beiseite: Als es galt, mich zu entscheiden. Ich hatte bis 2001 zwei Halbtagsberufe - den des Programmierers von Datenbankanwendungen und den des Schriftstellers. Dann brachte der Erfolg der Taschenbuchausgabe von "Jesus Video" gut dotierte Verträge für weitere Romane, gleichzeitig meldete sich der Arena-Verlag mit der Anfrage, ob ich nicht SF für Jugendliche schreiben wolle... Es war abzusehen, dass ich mich zwischen meinen beiden Berufen würde entscheiden müssen, denn beides zusammen würde nicht mehr lange gutgehen. Und diese Entscheidung fiel mir leicht...

 

Fantasyguide: Wie man sehen kann, brauchen Sie für ein Buch unterschiedlich lang. Wenn Sie gefragt würden, wie lange Sie durchschnittlich für einen Roman brauche, bis die Rohfassung fertig ist, was würden Sie antworten?

 

Andreas Eschbach: Das kann man sich doch leicht ausrechnen, oder? 1995, heute vor 12 Jahren also, habe ich meinen ersten Roman veröffentlicht, den ich zwei Jahre zuvor geschrieben hatte. Heute sind es nach letzter Zählung vierzehn Romane. Vierzehn Romane in vierzehn Jahren, das macht im Schnitt einen pro Jahr.

 

Genau das würde ich also antworten, wenn ich das gefragt würde... ;-)

 

Fantasyguide: Dan Brown steht morgens um 4 Uhr auf, um an seinen Büchern zu schreiben, Michael Crichton fährt um 6 Uhr am Morgen in sein Büro, um dort mit dem Schreiben anzufangen. Wie sieht es bei Ihnen aus?

 

Andreas Eschbach: Was nützt es einem dann, Multimillionär zu sein, wenn man immer noch zu unmenschlichen Zeiten aufstehen muss? Ich fange - nach einem gemütlichen Frühstück - um 8 Uhr 30 an, das ist genau die richtige Zeit für mich.

 

Fantasyguide: In "Ausgebrannt" haben Sie eine Alternative beschrieben, an Treibstoff zu kommen, wenn das Erdöl zur Neige geht. Ist diese Möglichkeit nahe Zukunft oder doch eher Science-Fiction?

 

Andreas Eschbach: Etliche der großen Mineralölkonzerne arbeiten schon an ähnlichen Verfahren, nur ein wenig anders als ich es beschreibe. Aber dieses Art Treibstoff kommt; das dauert nur noch ein paar Jahre.

 

Fantasyguide: Wer oder was gibt Ihnen die entscheidenden Impulse für Ihre Bücher?

 

Andreas Eschbach: Das kann man nie vorhersagen, das kann buchstäblich alles sein - ein Artikel, den man liest, einen Satz, den man am Nebentisch im Restaurant hört, manchmal sogar eine simple Berechnung, wie in "Eine Billion Dollar". Bei "Ausgebrannt" war es der erste Satz des Buches, der mir die gesamte Geschichte vor dem inneren Auge aufsteigen ließ. Bei "Perfect Copy" war es der Schwarzenegger-Film "Der sechste Tag", der das Thema Klonen dermaßen dumm darstellte, dass ich mir sagte, "es muss endlich mal jemand einen Roman schreiben, in dem das Klonen sachlich richtig behandelt wird".

 

Fantasyguide: Welche Schriftsteller haben Sie sich persönlich als Vorbilder genommen, bzw. was sind Ihre Lieblingsbücher und warum?

 

Andreas Eschbach: Generell versuche ich natürlich, von jedem Autor, dessen Bücher ich lese, zu lernen. Und man nimmt sich kein Vorbild, sondern man begegnet einem Autor - in seinen Büchern - und merkt, dass einen seine Art zu schreiben fasziniert. Und beeinflusst. Als letzten großen Einfluss bei mir würde ich Georges Simenon nennen, aber davor gab es natürlich andere - Jules Verne in meiner Jugend etwa. Da jetzt Namen aufzulisten wäre glaube ich ebenso unergiebig wie unvollständig.

 

Lieblingsbücher dagegen kommen einem abhanden, wenn man selber schreibt. Oder vielleicht auch, wenn man viel liest. Oder einfach, wenn man älter wird. Was wäre denn ein Lieblingsbuch? Eines, das man immer wieder liest und das einem immer wieder gefällt. Ein Buch noch einmal lesen tue ich fast nie, weil immer schon so viele andere, ungelesene Bücher locken...

 

Fantasyguide: Kommen wir zur letzten Frage. Viele Ihrer Bücher waren oder besser gesagt sind ein voller Erfolg. Die Medien bezeichnen Sie schon als neuen Stern am internationalen Schriftstellerhimmel. Auf Ihrer Homepage sind schon zahlreiche Tipps für junge und angehende Autoren zu finden. Wenn Sie in einem Satz sagen müssten, was einen guten Schriftsteller von einem schlechten unterscheidet - was würden Sie sagen?

 

Andreas Eschbach: Der gute Schriftsteller merkt, wenn er Mist geschrieben hat, und streicht ihn wieder raus, während der schlechte Schriftsteller ihn drin lässt - und womöglich sogar gegen alle Kritik verteidigt.

 

Fantasyguide: Herr Eschbach, wir danken Ihnen für das Interview!

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Erstellt: 29.07.2007, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 4589