Interview: Ingo Ahrens
 
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Interview mit Ingo Ahrens (Redakteur & Autor)

Redakteur: Matthias Deigner

 

 

_Ingo ist Mitglied der Cthulhu-Redaktion. Ebenfalls als Redakteur ist er bei dem Magazin Cthuloide Welten dabei, und aus seiner Feder stammt beispielsweise das Cthulhu-Setting "Katzulhu". Das Abenteuer "Mediis tranquillum in undis" ist als Teil der deutschen Cthulhu-Kampagne "Auf den Inseln" seine erste offizielle Publikation bei Pegasus - weitere folgen.

 

 

Fantasyguide: Für die Leser dieses Interviews ist es mit Sicherheit interessant zu erfahren wer du bist und welche Aufgaben die für Pegasus genau ausführst?

 

Ingo Ahrens: In erster Linie bin ich einer der "unterstützenden" Redakteure für Cthulhu, das ja von Frank Heller gemanagt wird. Unterstützung bedeutet hier, dass Frank mit uns "Hilfskräften" (Janni Steines, Marcus Johannus, Heiko Gill und mir) viele Dinge bespricht und plant, Meinungen einholt usw. Cthulhu bei Pegasus ist also keine One-Man-Show mit Produkten, die _einem_ Redakteur gefallen, sondern welche die Zustimmung mehrerer Fachidiot... äh -männer ;-) findet. Für weitere Aufgaben, wie die ganzheitliche Redaktion einer neuen Publikation zum Bleistift, finde ich selbst leider zu wenig Zeit, Beruf, Familie und so, wie das nun mal ist. Und unter uns gesagt, arbeite ich lieber als Abenteuer-Autor für Cthulhu, meine zweite Aufgabe für Pegasus, (und auch dazu ist die Zeit eigentlich viel zu knapp!) als mich mit administrativen Dingen zu befassen ;-) Nein, also die Arbeit mit den anderen macht schon sehr viel Spaß und ist ungeheuer fruchtbar. Ich/wir hoffen, die Spieler/Leser/Käufer finden das auch!

 

 

Fantasyguide: Mit welchem Rollenspiel hat deine Karriere als Rollenspieler begonnen und welche Rollenspiele spielst du heute noch gerne?

 

Ingo Ahrens: Das erste war ein Eigenentwickeltes (von meiner Freundin und einigen ihrer Freunde) Fantasy-System namens "Schattenwelt". Eine abgedrehte Mischung aus Scheibenwelt, D&D, Herr der Ringe, Stephen King und willichgarnichtwissenwasnochalles. Ja, und heute spiele ich nur noch Cthulhu, und zwar als Leiter. Ich würde noch gerne wieder Vampire - Die Marmelade ;-) spielen, unseren damaligen Spielleiter zog es beruflich woanders hin damals und er war ein so verdammt guter SL, das wir seitdem keinen neuen gefunden haben 8-)

 

 

Fantasyguide: Vampire ist sicherlich ein interessantes Rollenspiel, da es ja auch, wie Cthulhu, einen Erzählspielcharakter enthält. Würdest du denken, dass diese Art Rollenspiel intensiver ist?

 

Ingo Ahrens: Unbedingt. Kommt natürlich auf den Spieler an, wer gerne den numbercruncher raushängen lässt, Spielwerte optimiert und bei allem die meiste Zahl Würfel haben will, der kann das gerne tun. Aber das ist mir zuviel Mathematik, ich SPIELE und ERLEBE lieber :-) Das geht bei Cthulhu wie bei Vampire gleichermaßen gut, wobei man beides sicherlich, wenn man denn unbedingt will, auch powergamen kann...aber es ist nicht die Intention dieser Systeme, das ist wichtig!

 

 

Fantasyguide: "Auf den Inseln" ist eine Meisterleistung, vor allem wenn man die vielen recherchierten Details bedenkt. Was schätzt du besonders an "Auf den Inseln"?

 

Ingo Ahrens: Danke für die Blumen, ich selbst habe ja nur den kleinsten Teil beigetragen, stimme dir aber voll und ganz zu ;-)

 

Zum einen war die Arbeit daran an sich, von uns drei Autoren, für mich sehr sehr spannend und interessant und hat ein wirklich rundes, interessantes, originelles (Jaja, trotz Tiefer Wesen!) Gesamtwerk geschaffen. Diese Zusammenarbeit war ein schönes Erlebnis!

 

Ok, und die Kampagne an sich... Zum einen ist es ja die erste echte deutsche Kampagne in deutschen Landen, allein das an sich, mit den ganzen historischen Details ist ein Novum und macht schon beim Lesen Spaß! Noch mehr gefällt mir aber, dass die Abenteuer relativ offen und für sich weitgehend abgeschlossen sind.

 

Miteinander gnadenlos verzahnte Einzelabenteuer in Kampagnen wie INS oder dem Horror im Orient-Express finde ich als Spielleiter ziemlich mühsam auf Dauer. Auf den Inseln ist flexibel einsetzbar, erweiterbar und versorgt den Spielleiter doch mit allem, was er wissen muss - und die Spieler mit einer großen, weit reichenden Geschichte, die wie bei Lovecraft ganz klein und unscheinbar anfängt und sie dann vor große Aufgaben und Probleme stellt. Ich denke, diese Kampagne ist sehr ausgewogen und das ist auch für neue Spieler und vor allem Spielleiter sehr wichtig.

 

 

Fantasyguide: Mit den Tiefen Wesen sprichst du etwas interessantes an, welches "Mythos-Wesen" würdest du gerne verkörpern? Und vor allem warum?!

 

Ingo Ahrens: Ich bin doch schon Angehöriger einer der fürchterlichsten, blasphemischsten Mythos-Rassen überhaupt - den Cthulhu-Autoren! Reicht das nicht? :-)

 

 

Fantasyguide: Wenn du die Wahl hättest an einem weiteren Rollenspiel mitzuarbeiten (egal an welchem) welches wäre da dein Favorit?

 

Ingo Ahrens: Ehrlich gesagt, interessieren mich andere Systeme autorentechnisch nicht wirklich! Mich würde höchstens noch eine Eigenentwicklung in Richtung Katzulhu/Felis interessieren, aber => Faktor Zeit... *sigh*

 

 

Fantasyguide: Wenn du Cthulhu spielst, welches Setting bevorzugst du dann, die 20er Jahre oder...?

 

Ingo Ahrens: 1920/30er. Jetzt-Zeit evtl., wenn mir dazu mal ein interessantes Abenteuer einfällt, dass dies erfordert. Aber ansonsten ganz klassisch.

 

 

Fantasyguide: Woran arbeitest du derzeit bei Cthulhu, neue spannende Abenteuer oder?

 

Ingo Ahrens: Derzeit liegt bei mir die Redaktion von "Geisterschiffe" an, das habe ich grade erst von Frank Heller übernommen, der mit seinem Examen auch ziemlich beschäftigt ist grad.

 

Mir kommen ständig neue Ideen für Abenteuer, die ich dann immer erstmal niederschreibe und über die Jahre (kein Witz) ergänze, bis ich dann irgendwann mal die Zeit zum Ausarbeiten habe... Da stellt sich dann auch raus, was von den Ideen Mist ist und an welchen Herzblut hängt. Letztere ordne ich gedanklich dann in eine Rangliste. Auf dieser befinden sich zurzeit ganz oben ein von Thomas Ligottis "Stadt an der nördlichen Grenze" inspiriertes 1:1-Abenteuer, ein von Joseph Conrads "Herz der Finsternis" inspiriertes Afrika/Kongo-Abenteuer sowie ein von dem Bruce Willis-Film "Last Man Standing" inspiriertes 1930er-Abenteuer - wie man sieht, lasse ich mich gerne inspirieren :-) Es muss natürlich alles trotzdem eigenständig und für sich bestehend neu sein. Aber man greift halt hier und da so Ideen und Motive auf, die in anderem (cthuloidem?) Kontext dann wieder sehr außergewöhnliche Möglichkeiten bieten oder einfach originell sind (für ein Cthulhu-Abenteuer).

 

 

Fantasyguide: Neben der Inspiration braucht man ja auch eine Menge Handwerkszeug um eine Abenteuer, eine Quellenbeschreibung zu schreiben. Würdest du sagen, dass man dafür die meiste Zeit braucht oder sind doch die kreativen Ideen zeitaufwändiger?

 

Ingo Ahrens: Die lästigen handwerklichen Sachen wie neue deutsche Rechtschreibung und Grammatik nimmt einem ja eh der Lektor ab. ;-) Nun, "Inspiration" ist ja vom Begriff her schon ein "plötzlicher Einfall" und damit an sich bereits wenig zeitaufwändig. Ich glaube kaum, dass sich jemand vier Wochen hinsetzt und sich sagt "So, jetzt denke ich mir eine tolle Idee aus" und schreibt die dann in viel weniger Zeit auch noch nieder. Da entsteht jedenfalls nichts Spontanes heraus... Das Schreiben an sich ist handwerklich betrachtet auf jeden Fall aufwendiger. Hängt aber auch vom Autor selbst ab. Manch einer baut sich von seiner Idee aus erstmal einen minutiösen Plan für den Aufbau des Textes und der Handlung auf; da mag es dann vergleichsweise schnell gehen, den eigentlichen Text zu verfassen! Ein solches ausführliches Expose würde ich aber selbst schon zum Handwerkszeug zählen.

 

 

Fantasyguide: Würdest du denken, dass es neben einem guten Spielleiter auch immer gute Spieler benötigt um einen gelungenen Rollenspielabend zu gestalten und was macht den guten Spielleiter, bzw. den guten Spieler aus?

 

Ingo Ahrens: Bei einem System, das irgendwo von einer bestimmten Atmosphäre lebt, kann ein Spielleiter noch so gut sein - stört auch nur einer der Spieler beständig diese Atmosphäre (in einem gruseligen oder sagen wir mal "ernsten" System z. B. durch ständige unangebrachte Witze "off-game" oder mangelnde Aufmerksamkeit und Ablenkung der anderen Spieler etc.), kann er nur eins tun – diesen Spieler ins Gebet nehmen oder ausschließen. Man mag einwerfen können, dass ein Spielleiter nur dann wirklich gut ist, wenn er auch solche hibbeligen Spieler ohne Gewaltanwendung allein durch spannende Story und Inszenierung zur Ruhe bringt. Aber es gibt extreme "Spieler", die reagieren auch darauf nicht - echt!!! Zählt also nicht als Argument für einen guten Spielleiter für mich :-)

 

Ein guter Spielleiter muss in meinen Augen jederzeit die Regeln vergessen können und fähig sein, interessante potentielle Wendungen in der Handlung, die nicht vorher geplant waren, zu erkennen und umzusetzen. Sprich Improvisation von sich überraschend anbietenden dramatischen Details und Höhepunkten. Ein guter Spieler spielt seinen Charakter und stellt seine eigene Persönlichkeit nach Möglichkeit zurück (wenn der Charakter nicht gerade ein Abbild seiner selbst ist; es gibt genügend Spieler die jeden ihrer Charaktere genau so erschaffen!). Er ist in der Lage, die vom (guten) Spielleiter geschaffene Stimmung aufzunehmen und zu verstärken, sich hineinzuversetzen und überzeugend als sein Charakter darin zu agieren. Das ist gar nicht schwer (bei einem guten Spielleiter), erfordert aber Konzentration und Spaß am System bzw. der Geschichte/ des Hintergrundes!

 

 

Fantasyguide: Der Cthulhu Mythos kann einen ja schon sehr beschäftigen, was denkst du macht ihn so interessant?

 

Ingo Ahrens: Die universellen Einsatzmöglichkeiten! Im Grunde geht es ja dabei nicht um fiese Monster, Wesenheiten etc., sondern um die Konfrontation menschlicher Rationalität mit etwas (aus der Sicht des Menschen!!) Irrationalem. Und so was ist einfach zeitlos. Vielleicht ein Grund, warum es einen kleinen Boom von alternativen Settings zusätzlich zu den drei Klassischen gibt... Jedes dieser neuen Settings, sei es Wild West, Katzulhu, 1000 AD bietet neue, ganz eigene, meist kleine, aber mitunter überaus originelle Ansatzpunkte, den Mythos in einem anderen Licht darzustellen. Das resultiert dann einfach daraus, dass der Mensch 1000 AD anders "rational dachte", als einer in den 1920ern. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten! Hierbei ist natürlich besonders wichtig, dass der Cthulhu-Mythos nicht wirklich festgeschrieben ist, dass man als Spielleiter oder Abenteuerschreiber einiges so hinbiegen und hinzudichten kann, wie man will. Das bieten die wenigsten Hintergründe von Rollenspielsystemen, die doch meist von ihrer eigenen, fortlaufenden Geschichte eingeengt werden.

 

 

Fantasyguide: Einmal angenommen ein TV-Sender käme auf die Idee einen Bericht über Rollenspiele zu machen, was würdest du dir wünschen, dass diese machen müssen, damit das Thema nicht, wie so häufig, falsch angepackt wird?

 

Ingo Ahrens: Bei mehreren Rollenspielrunden von mehreren Systemen mitspielen! Mehrere deshalb, damit die sich nicht irgendeine abgedrehte um sich schießende Shadowrun-Runde raus greifen oder so was, dann geht wieder alles in die Hose ;-)

 

Nur so kann doch ein "Außenstehender" überhaupt begreifen, worum es geht und die Vielfältigkeit dieses Hobbies erkennen. Und die Harmlosigkeit. Ach ja, und Dork Tower sollten man den Reportern auch in die Hände drücken :-)

 

 

Fantasyguide: Vielen Dank für das sehr interessante Interview!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425161355c31a193a
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Erstellt: 31.12.2005, zuletzt aktualisiert: 24.01.2015 16:36, 1676