Interview: Olga A. Krouk
 
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Interview mit Olga A. Krouk

geführt von Carina Schöning

 

Olga A. Krouk, geboren 1981 in Moskau, Russland zog als Kind zusammen mit ihrer Familie zuerst in die Ukraine und später in die alte Zarenstadt Sankt Petersburg, wo sie als Jugendliche mit dem Schreiben von ersten Kurzgeschichten anfing. Später ging sie 2001 für ihr Informatikgrundstudium nach Berlin, um dann für ihr Hauptstudium wieder umzuziehen, diesmal nach Hamburg. Derzeit lebt die spontane Autorin mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einer Kleinstadt in Schleswig Holstein und ist nebenbei auch Mitarbeiterin beim Print Magazin „Nautilus Abenteuer & Phantastik“. Ihr Debüt „Staub zu Staub“, einem Religionsthriller mit leichtem Mystery-Einschlag erschien 2007 im Sieben Verlag. Nun veröffentlicht sie im Heyne Verlag ihren Dark Fantasyroman "Schattenseelen", der gleichzeitig auch der Auftakt der "Nachzehrer" Trilogie ist und von dem ewigen Kampf zwischen Nachzehrern und Metamorphen erzählt.

 

Fantasyguide: Hallo Frau Krouk, erstmal möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich für uns und unsere Leser Zeit nehmen ein paar Fragen zu beantwortet. Bitte stellen Sie sich vorab kurz vor? Was muss man über Sie wissen?

 

Olga A. Krouk: Meine Person ist um einiges unspektakulärer, als meine Romane, obwohl auch in meinem Leben bereits so einiges an Action und überraschenden Wendungen vorgekommen ist.

Ich stamme aus keiner wohlhabenden Familie. Die Zeit der Perestroika hat uns umso mehr zugesetzt, weswegen ich die 90er in den Kleidern verbracht habe, die hauptsächlich meine Oma gestrickt/genäht hat. Das hat mich bei meinen Mitschülern schnell zur Außenseiterin gemacht, denn auch in Russland ist das Markenbewusstsein sehr groß. Doch dank diesem Umstand habe ich mich statt Disko-Besuchen den Büchern und schließlich dem Schreiben zugewandt.

Damals hätte ich mir natürlich niemals vorstellen können, irgendwann in Deutschland zu landen. Doch manchmal hält das Schicksal sehr unerwartete Wendungen für uns parat.

 

 

Fantasyguide: Sie arbeiten unter anderem auch als Mitarbeiterin für das Print- Magazin „Nautilus Abenteuer & Phantastik“ und führen selbst Interviews mit diversen Autoren der Szene. Wie ist es nun mal selbst interviewt zu werden?

 

Olga A. Krouk: Man merkt umso deutlicher, wie schwer es ist, mehrmals sehr ähnliche Fragen zu beantworten. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich sogar ähnliche Ausdrücke verwende, um das eine oder das andere zu beschreiben. Zweifel kommen auf, ob man immer das Gleiche erzählt und die Leser damit langweilt.

Als mir das bewusst wurde, versuchte ich, meinen Interviewpartnern für Nautilus spannendere Fragen zu stellen, aber das ist leider nicht immer möglich. Um einige Fragen kommt man eben nicht herum.

 

 

Fantasyguide: Lesen Sie privat viel? Gibt es vielleicht sogar stilistische oder thematische Vorbilder?

 

Olga A. Krouk: Ich lese in jeder freien Minute, nicht zuletzt deswegen, weil ich für Nautilus Bücher rezensiere. Viel Zeit bleibt mir dazu leider nicht, weil mein kleiner Sohn sehr viel Aufmerksamkeit fordert.

Richtige Vorbilder habe ich nicht. Aber es gibt einige Bücher, aus denen ich viel gelernt habe. Heiko Wolz z. B. hat mir mit seinem „Spinnerkind“ einen besseren Blick fürs Detail beigebracht. Christine Spinlder in „Winterleuchten“ hat mir gezeigt, wie man mit wenigen Worten starke Emotionen zeichnet. Und Charlotte Lyne schätze ich sehr für ihr Sprachgefühl, das mich immer wieder daran erinnert: Unterhaltungsliteratur muss nicht anspruchslos sein!

 

 

Fantasyguide: Wie kommt es, dass Sie als geborene Russin auf Deutsch schreiben? Wäre es andersherum nicht einfacher gewesen?

 

Olga A. Krouk: Schreiben ist Handwerk, und dieses Handwerk ist nicht ohne weiteres auf eine andere Sprache übertragbar. Wenn jemand beispielsweise gelernt hat, wie man Parkett verlegt, heißt das nicht automatisch, dass er auch bei Fliesen eine einwandfreie Arbeit abliefert.

Der andere Punkt: Ich lebe in Deutschland, und wer soll hier schon meine russischen Texte veröffentlichen? Ich müsste dann in russischen Verlagen publizieren, und das ist schon mit einigen Hürden verbunden. Man kann nicht mehr so locker den Verlag besuchen, oder z. B. Lesungen veranstalten.

 

 

Fantasyguide: Anfang 2010 ist nun im Heyne Verlag Ihr Dark Fantasy Roman „Schattenseelen“, das gleichzeitig auch der Auftakt einer Trilogie ist, veröffentlicht worden. Wie kam es dazu?

 

Olga A. Krouk: Ganz unspektakulär. Meine Agentin hat das Exposé und die Leseprobe dem Verlag angeboten. Die Lektorin wollte noch etwas mehr lesen, so habe ich 2 weitere Kapitel geschrieben. Das reichte aus, um den Verlag zu überzeugen, und ich bekam einen Zwei-Buch-Vertrag. Etwas später wurde entschieden, dass daraus eine Trilogie werden soll.

 

 

Fantasyguide: Ihr Debüt „Staub zu Staub“ ist bei dem Kleinverlag Sieben erschienen. Wie hat sich die Arbeit mit dem großen Publikumsverlag davon unterschieden?

 

Olga A. Krouk: Im Prinzip gar nicht. Der Sieben-Verlag arbeitet sehr seriös und professionell. Bei Heyne muss man sich darauf einstellen, dass alles länger dauert und die Anfragen nicht sofort beantwortet werden können. Es sind viel mehr Leute, die Entscheidungen treffen: Das Lektorat, der Vertrieb, die Presseabteilung … Im Sieben-Verlag hat man im Großen und Ganzen nur mit einem Ansprechpartner zu tun, was natürlich vieles vereinfacht und eine beinahe familiäre Atmosphäre schafft.

 

 

Fantasyguide: Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren lassen Sie die Handlung von „Schattenseelen“ in Deutschland, genauer in Hamburg spielen, wo Sie auch selbst eine Zeitlang studiert haben. War dies bewusst so geplant, oder hat es sich eher ergeben?

 

Olga A. Krouk: Ich bin davon überzeugt, dass auch Deutschland genügend spannende und geheimnisvolle Orte beherbergt. Wir verlassen jeden Tag das Haus und gehen unseren Tagwerk nach, ohne darüber nachzudenken, ob die Orte, an denen wir vorübergehen, von mystischen Geheimnissen umhüllt sind. Ich hoffe, dass ich meinen Lesern hierfür etwas mehr Bewusstsein mit auf den Weg geben kann, damit sie Deutschland vielleicht mit etwas anderen Augen sehen und im Gewöhnlichen das Mystische entdecken.

 

 

Fantasyguide: Besonders auffällig sind die beiden neuen Rassen. Die Nachzehrer oder auch Gierrach oder Totenküsser genannt basieren auf alte Mythen und Geschichten. Wie aufwendig waren hier die Recherchen?

 

Olga A. Krouk: Der Vorteil als Fantasy-Autorin besteht darin, dass man mögliche Lücken einfach mit der eigenen Fantasie füllen kann. Meine Nachzehrer sind also eine Mischung aus Fakten und meinen einen eigenen Auslegungen. Zum Beispiel ist es den Mythen nach so, dass die Nachzehrer als Leichen in ihren Gräbern bleiben müssen und daraus den Lebenden die Energie entziehen. Die Vorstellung ist also nicht sonderlich appetitlich. Mit solchen Karten einen paranormal-romance-tauglichen Protagonisten zu basteln wäre schon beinahe unmöglich. Die Sachlage habe ich auf meine eigene Weise verarbeitet: Die Leichen bleiben tatsächlich in den Gräbern, doch der Nachzehrer kehrt zuerst als eine Art Geist zurück, bis er genug Energie gesammelt hat, um sich zu materialisieren. Wie? Tja, Magie eben …

 

 

Fantasyguide: Ihr gefährlicher Gegenpart sind die Metamorphe mit ihrem Seelentier, die zum Teil auch an die klassischen Gestaltwandler wie Werwolf und Co erinnern. Interessant fand ich auch die Idee, dass es hier auch unspektakuläre Seelentiere wie Kuh oder Zwergkaninchen gibt. Wie ist es dazu gekommen?

 

Olga A. Krouk: Metamorphe weisen keine klassischen gestaltwandlerischen Eigenschaften auf, sie verwandeln sich nicht physisch, sondern eher psychisch. Der Geist des Metamorphen fährt in den Körper des Seelentiers ein und kann so in der Tiergestalt agieren. Die physischen Veränderungen, die der Metamorph erfährt, sind langfristig. Kilian, einer der wichtigsten Figuren in „Schattenseelen“, hat einen Tschechoslowakischen Wolfshund als Seelentier. Mit der Zeit hat Kilian einen guten Geruchssinn bekommen, doch er musste einiges an seiner Sehkraft einbüßen.

Wie kommt es zu den Kühen? (und sonst in der Trilogie: Ratten, Amseln, Fröschen und anderen)? Nun ja, es ist so, dass jedes Wirbelsäulentier in Frage kommt und der Metamorph es sich nicht aussuchen kann, welches dann sein Seelentier wird. Es wäre seltsam, sollten in der Trilogie nur hübsche und starke Tiere auftauchen. Wenn man Pech hat, bekommt man eine Kuh und stellt sich die Frage: Was zum Teufel mache ich jetzt damit (abgesehen vom Melken)? Entweder fristet man sein Dasein fernab aller Kämpfe, oder man „macht was daraus“.

 

 

Fantasyguide: Gab es für die drei Hauptfiguren vielleicht reale Vorbilder? Wie viel ist hier Fiktion?

 

Olga A. Krouk: Einige Elemente aus meiner Umgebung fließen – meist unbewusst – natürlich ein. Aber reale Vorbilder gibt es nicht. Das wäre rechtlich auch nicht ganz einwandfrei.

Trotzdem bin ich sehr froh, dass meine Figuren doch sehr realitätsnah sind. Als eine Leserin (mit ähnlichen Erfahrungen wie meine Protagonistin) sich in Evelyns Verhalten wiedererkannt hat, war das für mich ein großes Lob.

 

 

Fantasyguide: Wie geht es mit den beiden Gemeinschaften der Nachzehrer und Metamorphe weiter? Die Fortsetzung „Nachtseelen“ ist für Sommer angekündigt, allerdings wird laut Verlagsseite die Nebenfigur Finn Rothenberger mit seinem Seelentier, einem Rotmilan stärker in den Mittelpunkt gerückt. Können Sie uns vielleicht schon mehr verraten?

 

Olga A. Krouk: Das, was Finn in „Schattenseelen“ getan hat, wird natürlich nicht ohne Konsequenzen bleiben. Jetzt gänzlich ohne Hilfe, muss er um sein Leben bangen. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als Hilfe bei seinen schlimmsten Feinden zu suchen. Doch er zieht nicht nur sich selbst immer mehr in Gefahr, sondern auch die Frau, die er liebt.

 

 

Fantasyguide: Taucht die Figur der Evelyn Behrens später wieder auf?

 

Olga A. Krouk: Obwohl Evelyn keine Protagonistin mehr ist, bleibt sie eine zentrale Figur in der Trilogie. Von ihren Entscheidungen hängt die Zukunft der Welt ab, so zu sagen. Außerdem erfährt man, ob die schwierige Beziehung, die sie angefangen hat, wirklich eine Zukunft hat.

Im Prinzip ist es so, dass nach „Schattenseelen“ nicht sonderlich viele neue Charaktere dazukommen. Die Schicksale der Figuren sind eng miteinander verbunden. Man erfährt immer mehr über die Charaktere, aber es tauchen kaum neue Figuren auf.

 

 

Fantasyguide: Gibt es für den dritten Teil schon einen Arbeitstitel und wann können die Leser damit rechnen?

 

Olga A. Krouk: Mein Arbeitstitel lautet „Dämonenseelen“ und der Roman wird voraussichtlich im Herbst-/Winterprogramm erscheinen.

Im Moment schreibe ich die letzten Seiten, dann geht das Manuskript an den Verlag. Für mich ist das Abenteuer in der Nachzehrer- und Metamorphwelt somit fast beendet.

 

 

Fantasyguide: Haben Sie vielleicht schon Pläne für die Zeit danach? Bleiben Sie der Dark Fantasy treu, oder möchten Sie lieber wieder einen Abstecher zu anderen Genres machen?

 

Olga A. Krouk: Eigentlich ist „Staub zu Staub“ nicht allzu anders als „Schattenseelen“, obwohl der Leser dort viel mit Religion zu tun hat. Aber auch in „Staub“ gibt es fantastische Elemente, eine thriller-anmutende Handlung und eine – recht komplexe - Liebesbeziehung. So verliebt sich die Protagonistin Mirjam in einen begnadeten Geiger, dessen Blut heilen kann. Zusammen mit ihm muss sie das Rätsel seiner Vergangenheit lösen, stets auf der Flucht vor einer ominösen Glaubensgemeinschaft, die der Meinung ist: Nur der Tod des Geigers kann den Weltuntergang verhindern.

 

 

Fantasyguide: Noch einmal vielen Dank für Ihre Zeit und viel Glück und Erfolg für die nächsten Teile der Trilogie…

 

Olga A. Krouk: Danke für die guten Wünsche und für diese wunderbare Möglichkeit, mich und meinen Roman auf Ihrer Seite vorzustellen.

 

Copyright Fantasyguide/ Olga A. Krouk

 

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Erstellt: 06.03.2010, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 10127