Irrgarten des Todes von Philip K. Dick
Rezension von Ralf Steinberg
Verlagsinfo:
Vierzehn Menschen haben sich freiwillig gemeldet, um den Planeten Delmak-0 zu besiedeln. Doch kaum angekommen, ereignet sich Rätselhaftes: Ein riesiges Gebäude, das ständig seinen Standort wechselt, ein Fluss, der aus den Nichts auftaucht, mechanische Insekten, die mit winzigen Kameras ausgestattet sind … Sie die Kolonisten Teil eines bizarren Experiments? Ist Delmak-0 überhaupt Realität?
Rezension:
Ben Tallchief langweilt sich in seinem Job, also sendet er ein Gebet an eine der göttlichen Teilwesenheiten und schon kurz darauf wird er nach Delmak-0 versetzt. Ähnliches geschieht dem Ehepaar Morley, doch kaum via Einmal-Kapsel in dem kleinen Außenposten irgendwo in der Galaxis angekommen, lernen sie nicht nur sehr seltsame Teammitglieder kennen, auch der Planet mit seinen Phänomenen entspricht wohl kaum dem, was man gemeinhin unter normal versteht. Und dann geschieht ein Mord, ein zweiter folgt …
Philip K. Dick hält sich nie lange mit Geplänkel auf, auch Irrgarten des Todes startet nach ein paar kurzen, aber knackigen Vorstellungskapiteln so richtig durch.
Rätselhafte Morde innerhalb einer Gruppe von Menschen, die alle deutlich ausgeprägte Verhaltensauffälligkeiten offenbaren und dazu einige seltsame Besonderheiten ihres Standortes – die Geschichte schafft von Anfang einen Eindruck von Unwirklichkeit und Dick verschleiert sehr lange, worum es eigentlich in »Irrgarten des Todes« geht. Dabei liefert er einige sehr schöne Ablenkungen. Neben den Morden und der Unklarheit über das Ziel der Mission, ist das vor allem die Erschaffung einer Welt, in der es tatsächlich Gott in vier Teilen gibt. Man kann zu ihnen beten, sie treffen oder ihre Wunder miterleben, wobei ein Teil den zerstörerischen Zug Luzifers trägt. Die Figuren beten also, unterhalten sich über theologische Probleme und ihre Erfahrungen mit Gotteserscheinungen.
Das passt zu den Figuren, die eher wie eine Gruppe US-Amerikaner aus den 50ern wirkt und kaum den Vorstellungen einer modernen Menschheit entspricht. Die Frauen sind zum Kaffee- und Essen kochen da. Mary Morley wird gar einfach als mitreisende Ehefrau ohne echte Funktion vorgestellt. Der Eindruck steigert sich, wenn die Konflikte ausbrechen und Lösungsstrategien herangezogen werden, die sehr archaisch wirken.
Zum Ende hin dreht Dick die Geschichte mehrfach. Zuerst werden wir vom Eingreifen einer mysteriösen Militärtruppe überrascht. Dann erweist sich Delmak-O als ein Areal auf dem eigentlich nur noch von Abtrünnigen besiedelten Terra und zuguterletzt wird gleich die gesamte Realität in Frage gestellt.
Die Figuren stehen plötzlich vor der Frage, ob ein Leben in einer öden Welt mit Göttern nicht besser ist, als eines in einer öden Realität ohne sie.
Die von Alexander Martin überarbeitete Übersetzung von Yoma Cap erschien 2005 in der tollen Regenbogen-Werkausgabe bei Heyne.
Fazit:
»Irrgarten des Todes« von Philip K. Dick ist insgesamt ein fesselnder Roman, an vielen Stellen fühlte er sich jedoch sehr alt an, was etwa der doch veralteten Technik und dem sehr patriarchalischem Frauenbild geschuldet ist. Die Idee der virtuellen Realitäten ist jedoch hochmodern. Und man kann sowohl die vielleicht auch nur indirekte Religionskritik des Romans unter dem Aspekt der Hoffnungslosigkeit seiner Entstehungszeit bewerten, als auch die nicht ganz eindeutige Auflösung seines Endes.
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