Jason Voorhees: Sein sei die Axt
 
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Jason Voorhees: Sein sei die Axt

Artikel von Karin Reddemann

 

Ein Junge, der tragischerweise in einem See ertrinkt, geht üblicherweise nicht als spezifisch erinnerungswert für die Nachwelt in die Geschichte ein. So unsensibel, gar kaltschnäuzig das jetzt klingen mag, wir Normalsterblichen, Staubkörnchen vor Gott und dem Teufel, wissen, was gemeint ist.

 

Anders sieht die Sachlage aus, wenn mit dem Kopf des Jungen etwas ganz und gar nicht stimmte und sein Unfalltod auf Freitag, den 13., datiert ist. Denn Obacht, Späher der Nacht:

 

»Nicht nur, dass wir Freitag den 13. haben. Wir haben auch noch Vollmond. Es gibt Statistiken. Wir haben mehr Unfälle, mehr Vergewaltigungen, Raubüberfälle, mehr Morde, mehr Verbrechen bei Vollmond. Er regt die Menschen auf. Er macht sie verrückt.«

(Filmzitat)

Teenager abschlachten

Freilich, noch etwas anders, besser, böser, ausbaufähiger gestaltet es sich, wenn dann die Mutter, ähnlich irre wie der Sohn strukturiert, recht bedenklich Psychopathisches anstellt und aus Rache für ihr vermeintlich totes Kind Teenager massakriert mit dem Schlachtruf ihres Fleisch und Blutes im Ohr.

Wenn der geliebte Junge letztendlich tatsächlich wohl doch nicht ertrunken ist, sondern verwildert im Wald haust. Und aus Rache für seine Mutter, deren schaurige Mordlust nur durch ihre unvermeidliche Exekution gestoppt werden konnte, seinerseits unbekümmertes Jungvolk niedermetzelt.

Und gut abschließend … wenn der Wahnsinnige, der sich zuerst mit einem Müllsack, dann mit einer Hockeymaske unkenntlich macht, schließlich zwar zur Strecke gebracht wird, freilich aber nicht in seinem Grab liegen bleibt, sondern wieder aufersteht. Bühnenreif wie vom Blitz getroffen. Für die nächsten zwei Jahrzehnte.

 

An dieser Stelle sei gleich eingeschoben, um keine Missdeutungen zu provozieren: Nein, es handelt sich nicht um einen finsteren Pseudo-Erlöser, es ist auch kein Vampir oder Dämon, kein Zombie, kein ruheloser Geist. Es ist immer noch dieser Junge, von dessen unglückseligem Ableben anfangs berichtet wurde. Kein Irgendwer mit garstigem Ende. Sondern ein garstiger Kerl zähster Natur mit höchst dickem Fell, den weder Feuer noch Schiffsschrauben noch Starkstrom, noch nicht einmal die Hölle selbst davon abhalten können, sich ungeniert und trunken vor bestialischer Absichten immer wieder unter die Leute zu mischen. Vorzugsweise des Nachts, am liebsten im Feriencamp, wo alles begonnen hat und wo die hübschesten, naivsten, lustvollsten, geilsten und gellend schreienden Mädchen (und Jungs) auf ihn warten.

Die Mega-Horror-Ikone

Jason Voorhees. Mega-Horror-Ikone. Warum bloß? Seine Geschichte ist in ein paar Sätzen erzählt, da füllt Promi-Kollege Freddy Krueger mehr Seiten. Ganz zu schweigen von der alten Garde, namentlich z.B. Dracula. Anderes Kaliber, andere Zeit, natürlich. Aber was gilt für Michael Myers? Leatherface? Selbst der Erstgenannte, der berühmte Halloween-Angstmacher, hat nicht so viele Präsentationen seines spektakulär-schockierenden Lebens, unsinnigem Morden gewidmet, aufzuweisen wie Jason.

 

Elf Spielfilme wurden seit 1980 , Freitag der 13., Regie: Sean S. Cunningham, gedreht, nebenbei gibt’s noch ein Spin-Off … alles beflügelt, realisiert und hübsch blutig durchtränkt nach dem Sensationserfolg des ersten Jason-Films, der das 60fache seiner Produktionskosten, – eine einzige lumpige Million Dollar –, einspielte und heute weltweit als Klassiker des Mainstream-Horrorfilms gilt.

Schauerblick auf Psycho

Ein erster Erfolgsgarant war mit Sicherheit die Zusammenarbeit mit Tom Savini, oberste Liga der Spezialeffekt-Macher. Ein zweiter zweifellos Cunninghams ehrfürchtiger Blick auf Hitchcocks <link 18405Psycho: Die Grundidee, Mutter-Sohn-Identitäten zu tauschen bzw. vom (jeweiligen) Killer einzunehmen, ist zweifellos brillant und hübsch-gruselig genug, um sie mehr als nur phänomenal! einmal umzusetzen. In »Freitag der 13.« ist es zuerst Jasons Mutter, die in die Psyche ihres, – anfangs nur in ihrer Vorstellung –, von Hass und Blutgier getriebenen Sohnes schlüpft …

 

»Jason, mein besonderer...mehr als besonderer Junge.«

 

… dann, in der Fortsetzung Freitag, der 13. Teil 2 (1981, Regie: Steve Miner), ist es der doch nicht umgekommene Jason, der dort startet, wo seine Mutter ihren Rachefeldzug durchs Camp notgedrungen beenden musste. Sie stirbt, und er kehrt als zur Realität gewordene Horror-Vision zurück, um in ihre blutdurchtränkten Fußstapfen zu treten. Zeigt nicht sein Gesicht, trägt einen Sack über dem Kopf.

 

Das war leicht lahm und konnte ungewollte Parallelen wecken zum Elefantenmensch von David Lynch, der fast zeitgleich in die Kinos kam und zwar eine gänzlich andere, ernste Thematik behandelt, in der aber der Hauptprotagonist sein entstelltes Gesicht durch eine solche Verhüllung vor neugierigen Blicken schützt. Dass möglicherweise eine, wenn auch geringfügige, Gleichheit zu entdecken sein könnte, war nicht im Sinn der Erfinder.

 

Ergo dachte man sich etwas aus und setzte Jason Voorhees in Und wieder ist Freitag der 13. (1982, erneut Regie: Steve Miner) die Hockeymaske auf, künftig einer der globalen Verkaufsschlager pünktlich zu Halloween. Man ging/geht als Jason. Wiederkennungswert verrammelt und versiegelt.

Hype auf Stalk’n’Slasher-Stories

Cunningham hatte die Marktlücke, – Monster-Mensch-Killer ist unterwegs und bringt auf fiese Art prinzipiell absolut Unschuldige um, die das Pech haben, dass er sie sich aussucht –, natürlich nicht privilegiert entdeckt: Halloween von John Carpenter war zwei Jahre vorher an der Reihe und hatte durchaus Vorbildcharakter. Abgekupfert wurde aber nicht, zumal offen blutige Darstellung erst mit Jasons Geschichte Party-Programm wurde.

 

Damit begann dann tatsächlich der Hype auf Stalk’n’Slasher-Stories, und widerlich gemetzelt, gesägt, zerhackt und geschlitzt wurde fortan passioniert und in Gnadenlos-Serie. Ähnliche Filme überfluteten die Leinwände rund um den Globus, Tatorte waren Feriencamps, – wie bei »Freitag der 13.« jenes dahergeflüsterte Crystal Lake –, Zeltlager, Highschools, Skihütten, Sommerhäuser, Inseln und alte Häuser. Kurzum: Überall, wo neugierige, unternehmungslose, meist junge Menschen sich herumtreiben, um ihren Spaß zu haben, wird ihnen derselbige gründlich verdorben.

 

Schauder-Popcorn-Kino kommt dabei heraus, und wenn die Meute kreischt und schreit, ist’s doppelt gut. Anmerkend sei gesagt, dass so etwas durchaus reizvoll ist, so bitterböse es auch daherkommt. Mal nachgefragt?

 

»Du willst ins Blutcamp, nicht? (...) Du kommst von dort nicht wieder! (...) Das Lager ist verflucht!«

Aus der Gruft geholt

So soll es sein. Und das wird allerspätestens 1986 klar: Im Kino läuft Freitag der 13. – Jason lebt (Regie: Tom McLaughlin), der sechste Teil der Endzeit-Horror-Mär, und die Fangemeinde seufzt erleichtert und schreit begeistert auf. Denn wurde Jason noch im letzten Kapitel zwei Jahre zuvor sozusagen Schaun-wir-mal-definitiv erledigt und begraben und folgte ihm anschließend ein nicht minder fies-kranker Nachahmungstäter, so holten die Macher ihn doch wieder flugs aus der Gruft, ausgegraben von seinem ursprünglichen Vollstrecker Tommy (Corey Feldman) und dessen Freund, dem der durch den genannten Blitzschlag wiedererweckte Jason zum Einstieg erst einmal das Herz herausreißt.

 

Von der ursprünglichen Idee, den wahnsinnigen Voorhees in zukünftigen Freitag-Filmen durch stets wechselnde Horror-Killer zu ersetzen, wollte man ganz schnell nichts mehr wissen. Die gefiel der Gemeinde nicht. Folge: Flaute in der Kasse.

 

Mit »Jason lebt« rollte der Rubel wieder, und man war erneut bestens versorgt im Blutrausch (1988), in der Todesfalle Manhattan (1989) und der Endabrechnung (1993). Die finale Höllen-Quittung klingt natürlich nur wie eine echte: Da kam noch Jason X (2001) und eine obligatorische Neuverfilmung von 2009.

 

Schauder-Verdacht: Jason überlebt uns alle. Irgendwie. Aktuelles Indiz ist die Prophezeiung von Jasons Rückkehr in nicht allzu langer Ferne. Basketballer LeBron James, bekannt als »The Chosen One« (der eine Auserwählte) und bekennender Horrorfilm-Fan, will die 2020er mit einem frischen Kapitel für die globale Leinwand beschenken. Wohlverdient, die vierzig Kerzen auf der Torte. Wird uns schon schmecken. Wir kennen das Rezept.

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Erstellt: 17.03.2020, zuletzt aktualisiert: 28.02.2024 16:07, 18416