Jobst vom Wüstenteich von Joachim R. Steudel
Rezension von Christel Scheja
Der 1959 geborene Joachim R. Steudel hat mehrere Handwerksberufe erlernt und in diesen gearbeitet, bis er 1995 in die EDV-Branche umsiedelte. Schreiben ist seine Leidenschaft seit der Schulzeit und nach einer Trilogie präsentiert der in Thüringen geborene und lebende Autor nun sein Herzensprojekt Jobst vom Wüstenteich.
Nach dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts ist die Annektierung Thüringens durch den fränkischen Adel abgeschlossen. Nun streiten sich verschiedene Adelsgeschlechter um Land, Macht und Einfluss, der Deutschritterorden erhält Schenkungen, um sich aus der ganzen Sache heraus zu halten.
Die einfache, vor allem die slawische Bevölkerung leidet unter den Übergriffen der verschiedenen Machtparteien. Das bekommt auch Jobst zu spüren, der Bastardsohn eines Ritters, der allerdings eine recht gute Bildung erhielt und nach einer spannenden Wallfahrt nach Santiago de Compostela vor den Trümmern seiner Heimat steht, nicht ahnend, dass er schon bald in einem üblen Intrigennetz steckt.
Anders als in den Mainstream-Historienromanen sollte man bei diesem Buch nicht mit Übertreibungen und Schönfärberei rechnen, auch romantische Gefühle und Leidenschaften sind keine Triebfedern.
Anhand seines Helden schildert der Autor nämlich die Auswirkungen der Machtkämpfe und des Gemauschels der Adelsgeschlechter auf die Gegend und die Bevölkerung. Dabei werden auch schon einmal Dörfer geopfert.
Jobst mag fiktiv sein, aber er ist eine außergewöhnliche Hauptfigur, das Bastardkind eines Adligen, das eine außergewöhnliche Bildung erhält, weil der Vater auch nach seinem Ausschluss immer noch dem Deutschritterorden verbunden war und Freunde dort hatte.
Die Ordensritter versuchen immer noch eine gewisse Ordnung aufrecht zu erhalten, müssen aber auch darauf achten, dass sie nicht zwischen den Fronten zerrieben werden. So gibt es auch weniger Kämpfe als geschicktes Taktieren, denn Absprachen sind schnell vergessen, wenn eine der anderen Parteien einen Vorteil sieht.
Durch den Helden erfährt man mehr über die Mühen und Gefahren einer Pilgerreise, auch wenn der Junge gegenüber anderen Pilgern ein paar Vorteile hat. Nicht zuletzt wird auch gezeigt, dass das Glück eines jungen Mannes nicht immer dort sein muss, wo er glaubt, hinzugehören.
Der Autor versucht der Vergangenheit so nah wie möglich zu sein und beschreibt eher nüchtern ein zwar schmutziges aber auch lebendiges Mittelalter, in denen ein Mönch auch ein Freidenker und Pschologe sein kann, mächtigere Kirchenmänner Politiker sein müssen und der Ritterstand nicht immer das Gelbe vom Ei ist, selbst in einem Orden.
Die Spannung ist vielleicht nicht so hoch wie bei reinen Unterhaltungsromanen, dafür aber stimmt das Ambiente, der Facettenreichtum und nicht zuletzt die Nähe zur Geschichte. Auch das Ende ist mehr als versöhnlich.
Fazit:
Man merkt die Leidenschaft an, die der Autor in die Beschreibung der Welt und Zeit in »Jobst vom Wüstenteich« steckt. Die Geschichte ist eine lebendige Geschichtslektion, verbunden mit einem facettenreichen Ambiente.
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