Kälter als der Tod von Jodi Compton
Rezension von Christel Scheja
Nicht immer müssen die Protagonisten amerikanischer Kriminalromane in spektakuläre Mordfälle verwickelt sein. Bereits der alltägliche Dienst hält viele mal mehr, mal weniger unangenehme Überraschungen bereit, und wehe dem, der nicht lernt, mit diesen umzugehen. Er oder sie kann daran zerbrechen.
Ein solcher Fall ist auch Detektive Sarah Pribek. Sie arbeitet mehr oder weniger auf der Straße, mal offen, sehr oft aber auch verdeckt. Zu ihren Aufgaben gehört es, willige Freier auf dem Straßenstrich von Minneapolis abzufangen und zu verhaften und anderen illegalen Tätigkeiten der Stadtbewohner auf die Spur zu kommen.
Immer wieder stellt sie dabei fest, dass sie ein viel zu weiches Herz hat. So wie der Kollege, der vor nicht all zu langer Zeit sterben musste, weil er einem Verbrecher noch einmal eine Chance gegeben hat.
So kann sie auch den querschnittsgelähmten Mann nicht verhaften, der in seiner eigenen Wohnung als Doktor praktiziert. Stattdessen fühlt sie sich von dem Mann, der zwar gegen Geld aber ansonsten selbstlos hilft und scheinbar wirklich ein approbierter Mediziner ist, angezogen und kann ihn nicht verraten. Sie beginnt sogar ein Verhältnis mit ihm, auch wenn sie weiß, dass das nicht richtig ist.
Zudem muss sie sich um ein paar Jugendliche kümmern, die von ihrem Vater vernachlässigt werden und wo der älteste Sohn ganz offensichtlich ein sehr gespanntes Verhältnis zu seinem Erzeuger hat. Manchmal hat sie das Gefühl, dass die Familie sogar ein Verbrechen verheimlicht.
Dann bekommt sie zusätzlichen Ärger. Ein ehrgeiziger Staatsanwalt hat den Fall um den toten Kollegen wieder neu aufgerollt und versucht sie als Mörderin des mutmaßlichen Täters zu überführen.
Und nun ist es an Sarah, Härte und Stärke zu beweisen und sowohl Angst als auch Frustration zu überwinden, um nicht an all dem zu zerbrechen.
„Kälter als der Tod“ hat zwar Elemente, die aus einem Kriminalroman stammen, ist aber in erster Linie eine Milieustudie und ein charakterbezogener Roman um die Heldin Sarah Pribek, die keine strahlende und gesetzestreue Poizistin ist, sondern das Recht auch schon einmal verdreht.
Sie kämpft dabei zwar mit ihrem Gewissen, kann es aber trotzdem nicht übers Herz bringen, jemanden zu verraten, den sie wirklich mag.
Im Roman macht sie aber auch eine Entwicklung durch - sie lernt ihre Ängste immer dann zu unterdrücken, wenn es notwendig wird und bringt ein wenig Ordnung in ihr Gefühlschaos, das sie am Anfang immer wieder durcheinander bringt. Das ist zwar interessant und glaubwürdig beschrieben, aber nicht unbedingt immer spannend.
Man sollte daher „Kälter als der Tod“ nicht mit der Erwartung lesen, einen spannenden Kriminalroman oder gar Thriller präsentiert zu bekommen. Stattdessen bietet der Romane eher dramatische und verwirrende Einblicke in die Gefühlswelt einer langsam vor die Hunde gehenden Polizeibeamtin.
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