Rezension von Bine Endruteit
Der kleine Hasenjunge Kenny hat nicht viele Freunde, da er sich für ganz andere Dinge interessiert, als die Kinder in seiner Schule, zum Beispiel Bücher über Tiere. Doch das soll sich an dem Abend ändern, an dem sein Vater entsetzt durch die Türe ins Haus stürzt und seine Familie vor einer Gefahr warnt. Er sagt, er hätte ein Ungetüm gesehen, wie es sonst nur in Kennys Büchern vorkommt. Nein, keinen Dinosaurier, sondern einen waschechten Drachen! Doch seine anfängliche Aufregung hat sich nach einem guten Essen wieder gelegt und er lässt sogar zu, dass sein Sohn sich selbst auf den Weg macht, um sich den Drachen anzusehen.
Mit einen Topf als Helm und einem Mülltonnendeckel als Schild nähert sich Kenny dem riesigen Tier. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass er gar keine Waffen gebraucht hätte, denn im Gegensatz zu dem, was sein Buch zu Drachen sagt, dass sie nämlich blutrünstige Biester seien, stellt sich dieser als ausgesprochen freundlich heraus. Er liest gerne Bücher, mag leckeres Essen und liebt Musik. Warum sollte sich Kenny da fürchten? Sein neuer Freund stellt sich als Grahame vor und schnell beginnen die beiden Freundschaft zu schließen.
Doch es gibt da ein Problem: Die Leute in der Stadt haben auch mitbekommen, dass es einen Drachen gibt und wollen ihn töten, da sie ihn für ein alles verwüstendes Untier halten. Und ausgerechnet Georg der alte Dachs soll diese Aufgabe übernehmen! Dabei ist er doch Kennys bester Freund und allen nur als der alte Buchhändler bekannt. Das er früher ein Ritter des Königs war, wollte selbst Kenny nicht so recht glauben. Wie soll er ihm bloß klar machen, dass Grahame nett und freundlich ist und keiner Fliege etwas zuleide tun würde?
Rezension:
Tony DiTerlizzi ist den deutschen Lesern besonders durch die Spiderwick-Romane ein Begriff, zu denen er die Illustrationen beisteuerte. Auch in "Kenny und der Drache" kommt dieses Talent von ihm zur Geltung, das Buch enthält zahlreiche Bilder, eins zauberhafter als das andere. Auch die Geschichte selbst zieht sowohl junge als auch ältere Leser schnell in ihren Bann. Sie eignet sich prima zum Vorlesen, aber auch zum ersten Schmöckern.
"Kenny und der Drache" ist eine literarische Verbeugung vor dem Kinderbuch-Klassiker "Der Wind in den Weiden" von Kenneth Grahame. Der Protagonist, der kleine Hasenjunge träge den gleichen Vornamen wie der Autor "Kenneth", wird aber von allen Kenny genannt, der Drache trägt seinen Nachnamen "Grahame". Darüber hinaus spielt die Geschichte selbst in einer ähnlichen Welt, in der vermenschlichte Tiere die Rollen übernehmen und spannende Abenteuer erleben.Bei Georg dem Buchhändler und Drachentöter handelt es sich sogar um einen Dachs. Und auch bei seinem Namen sieht man eine weitere literarische Anspielung, man erinnere sich an den berühmtesten Drachentöter überhaupt, den heiligen Georg. Auch an anderen Stellen gelingt es der Geschichte immer wieder, Büchern zu thematisieren, und das so unauffällig und spannend umschrieben, dass man tatsächlich Lust bekommt, sie zu lesen. Hier ist es allerdings an einem Erwachsenen, seinem Kind diese Themen nahe zu bringen.
Die besten Kinderbücher sind doch die, bei denen auch die ganz jungen Leser schon merken, dass noch mehr hinter der Geschichte steckt und nach und nach alles entdecken können. Dazu gehört dieses in jedem Fall.
Kennys Geschichte ist voller Liebe erzählt, man fühlt sofort mit ihm und wünscht dem kleinen, schüchternen Hasenjungen das allerbeste. Tony DiTerlizzi ist hier ein kleines Meisterwerk gelungen, das von Freundschaft erzählt und davon, was wir selbst tun müssen, um diese Freundschaft auch bei Problemen bestehen zu lassen. Es handelt außerdem von dem Wesen der Menschen, wie sie von ihrer Umwelt beeinflusst werden und wie wir selbst uns unsere Welt so erschaffen, wie wir sie brauchen. All das macht "Kenny und der Drache" zu einem berührenden und spannenden Kinderbuch, das zusätzlich mit den wunderschönen Illustrationen bezaubert.